1311. An Nanda Keßler

[178] 1311. An Nanda Keßler


Mechtshausen 16. Sept. 1901.


Meine liebe Nanda!

Ich danke Dir für den munteren Brief.

Mit deiner freundlichen Handreichung hast du dem Zeitungsausschnitt, den du mir zuschicktest, eine unverdiente Ehre erwiesen, sintemalen die Tiftelei, ob falsch oder nicht, für das Bild von Brouwer und mein Gedicht dazu ohne jede Bedeutung ist. Den Druckfehler am Anfang der letzten Strophe, wo ein albern pathetisches Ha statt des richtigen Ja steht, wirst du als verständige Leserin wohl selbst schon verbeßert haben.

Recht drollig überrascht, nach allem, was mir bis dato zu Ohren kam, hat mich dein Loblied auf die reizende Tante. Wir wollen nur hoffen, daß die Begeistrung nicht umschlägt, sondern, so zu sagen, von ewiger Dauer ist.

Zu der Rheinwaßerprobe des Boots, das der Hudi gezimmert hat, wünsch ich euch Beiden ein paßendes Wetter.

Und die Mama und die Letty? Sind sie herab gestiegen von den Gipfeln der Berge? Ihr Schweigen darf ich wohl als ein gutes Zeichen ansehn, daß sie in sich zufrieden sind.

Mein vierzehntägiger Besuch in Verden an der Aller verfloß bei Ostwind, Regen und Kühle. – Naja! – Ich las ein dickes Buch durch über Wohnung und Haushalt und Ackerbau unserer ältesten Vorfahren und sorgte so für Behagen und Bildung zu gleicher Zeit.[178]

Seit Donnerstag bin ich wieder daheim; aber regnen thut es noch immer. Die Hühner auf dem Hof laßen trübselig die Schwänze hängen; die Gänse und Enten dagegen, beglückt durch die Näße, trompeten und schnattern und schwingen lustig die Flügel.

Bleib gesund, liebe Nanda! Herzlichen Gruß an Dich und die Deinigen

vom

Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 178-179.
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