1390. An Erich Bachmann

[204] 1390. An Erich Bachmann


Mechtshausen 1. Febr. 1903.


Lieber Erich!

Es freut mich, daß ihr euch wohlbefindet und daß Erich, der Jüngste, sich munter entwickelt. Auch ich habe hier ja Gelegenheit, kleine Menschen zu beobachten; besonders unser Kleinstes, die Anneliese, macht mir täglich Vergnügen. Mit immer neuem Erstaunen seh ich zu, wie so ein Würmchen in der Geschwindigkeit vieles begreift, wie es versteht, was man sagt, wie es verständig zu eßen und zu trinken lernt, wie es läuft und herum handtiert, wie es die Dinge seiner Umgebung bei Namen nennt. Vielleicht in keiner spätern Zeit seines Lebens macht es solch auffällige Fortschritte.

Bei uns weht starker Wind, der die Näße auftrocknet, so daß ich wieder angenehm draußen spatzieren kann. Nun tauchen bereits Gedanken an die Bestellung des Gartens auf. Allerlei Knospen am Gesträuch werden grün.[204]

Zunächst freilich haben wir nur den Frühling im Zimmer. Krokus, Tulpen, Hyacinthen, die im Keller eingesetzt waren, stehen bereits blühend auf der Fensterbank.

Hoffentlich habt ihr günstiges Wetter demnächst bei euren Geschäftsfahrten in die Umgegend.

Und wenn der Frühling da ist, so um die Mitte des April, und wenn wir gesund bleiben und sonst nichts dazwischen kommt, dann denk ich euch mal wieder zu besuchen.

Herzlichen Gruß an euch Alle, auch von meinen Angehörigen.

Stets dein getr. Freund

Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 204-205.
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