1468. An Grete Meyer

[228] 1468. An Grete Meyer


Mechtshausen 20. Sept. 1904.


Liebe Grete!

Sei bedankt für deinen Brief.

Unser beliebter Ruhesitz unten im Garten ist jetzt verödet. Rauh weht der Wind von Nord oder Ost; die Hinterbeine werden kalt; morgens liegt auf dem Feld ein silberner Reif; das Laub der Kürbiße ist übernacht schwarz geworden; die Gummibäume sind herein; in der Kinderstube wird geheizt; auch in der Wohnstube wurde gestern Abend schon Feuer gemacht; aber der Dampf ging vorerst mal nach unten, statt nach oben, hinaus, so daß wir uns eilig in's Nebenzimmer begaben, bis sich die Dünste verzogen hatten.

Otto mußte heut wegen des Schulbaus nach Hildesheim. Er hat Tante, die bis zum Beginn der Herbstferien in Verden sein will, mitgenommen, begleitet sie nach Hannover und denkt zum Abend zurück zu kommen. – Morgen werden ihn dann wohl die Äpfel und der Höhensinn auf's neue in die höchsten Wipfel der Bäume verlocken.

Du bist nun wieder beim wohlklingenden Flügel thätig. Wenn du nicht gar zu arg raßelst, wird dich mein Geist, meine Seele, mein Seggewodewutt wohl mitunter umschweben; unmerklich jedoch; denn Spukedinger, die knacksen, klopfen, erscheinen, und wären sie noch so wohlwollend, sind einfürallemal unbeliebt.

Leb recht wohl, meine liebe Grete!

Dein getr. Onkel

Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 228.
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