148. An Otto Bassermann

[90] 148. An Otto Bassermann


Lüethorst d. 6ten Nov. 72


Mein lieber Otto!

Wenn Du die Herausgabe der Jobsiade hättest beschleunigen können, so wäre das, denk ich, auf alle Fälle rathsam gewesen und selbstverständlich dazu. Ich bin zur bestimmten Zeit fertig gewesen, ich habe immer gedrängt, und so viel ich weiß, habe ich auch gesagt, daß die Andern vermuthlich Etwas bringen würden. Braun u. Schneiders sind mit dem dritten Theil der Schnaken und Schnurren da, Hallbergers kommen mit vier Geschichten aus »Über L.u.M.« Das Alles sind alte Sachen; die jüngsten[90] davon werden etwa drei Jahre alt sein. – Wir sind nun so lange befreundet, daß du mir deinen Verdacht wohl hättest ersparen können. Ich habe Dir gesagt, ich würde zunächst Dir meine Sachen mittheilen. Natürlich beruht eine solche Äußerung auf der Voraussetzung unserer Freundschaft und geschäftlichen Übereinstimmung; sie schließt eine moralische Verpflichtung Deinerseits in sich; denn sich selber durchaus binden und den Andern durchaus frei laßen, wäre doch wohl gar zu widersinnig und würde Niemand von uns verlangen oder annehmen, der unser Freund ist. Da nun jene Voraussetzung noch ihre Gültigkeit hat, so habe ich auch keine Veranlaßung, jene Äußerung als erloschen zu betrachten. Ich habe Grund, anzunehmen, daß dir Etwas dran liegt. Nun schreibst Du mir in Bezug auf den Schotten: »Sollte er Etwas Neues haben wollen u.s.w. Es wird dann vielleicht Etwas, was sich hier auch verwerthen läßt.« Also zuerst soll ich's ihm geben, und dann ließe es sich vielleicht auch hier verwerthen?? Wie soll ich das verstehen? – Ich habe Dir des Edinburghers Brief gegeben und deine Ansicht darüber erbeten. Du schreibst sie mir nicht. Du schreibst mir dagegen, daß du ihm die Jobsiade und den Filucius zugeschickt. Ich hoffe, er wird mit der Helene ein gutes Geschäft machen, in Folge deßen anders Sinnes und zu günstigern Bedingungen etwas geneigter werden. Aufrichtig gesagt: Die Summen gefallen mir nicht. – Das der Mann meinen Namen nicht auf den Titel gesetzt, gefällt mir nicht; nicht aus Eitelkeit, sondern weil es nicht ohne praktische Bedeutung für mich ist. Die Übersetzung ist zum Theil höchst drollig und gelungen, zum Theil aber auch sehr holperig und wunderlich gesucht. Das ist falsch! Diese Dinge müßen in ihrer Weise Schliff und Form haben, damit sie geläufig in's Gedächtniß und über die Lippen gehen, eine Eigenschaft, die Fleiß erfordert und worauf ich nicht wenig stoltz bin. Die Stelle, die dir gegen den Schluß hin aufgefallen, ist ganz sinnlos wiedergegeben. Es heißt auf dem Titel: mit 180 Illustrationen. Das kommt mir vor, wie wenn man in's Blättchen einrückte: Ein Hausschlüßel ist zu verkaufen mit einem Hause daran. Es würde jedenfalls zutreffender sein und auch mehr Reklame machen, wenn die Sache so dargestellt würde, wie ich es Dir schon auseinandergesetzt. Denn es ist doch wahrhaftig ein Unterschied zwischen einem Buche von sieben Bogen, was in Bildern geschrieben, und einem ebenso starken, was in Worten geschrieben ist. Für kommende Fälle müßten wir also jedenfalls über die äußere Form eines Buches auch ein Wort mit zu reden haben. – Was den Holländer anbelangt, so meine ich, wenn er nichts bezahlen kann, so soll er sich heimgeigen laßen. Ich habe mich nachträglich immer geschämt, wenn ich gefragt wurde, was wir für die englische Ausgabe der Helene gekriegt.

Es ist schön, daß der Filucius so wacker anfängt und daß es nun an's Theilen geht. Aber, hol mich Dieser und Jener! Wie wär's, wenn's damit vorbei wäre? Kapital = Talent gerechnet, so wäre Kapital vorab gedocken und Talent könnte hingehen und sich das Maul wischen. Abscheulicher Gedanke das!

Vom Filucius und der Jobsiade möchte ich je 6 Exemplare haben. Wenn's möglich, so schicke sie mir noch hierher. Ich gedenke am 14ten Ullmann in Hannover musiziren zu hören und dann noch eine Zeit in Wiedensahl zu sein.

Mit herzlichen Grüßen.

Dein getreuer

Willem

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 90-91.
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