1643. An Franz von Lenbach

1643. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 14. Aug. 1884.


Lieber Lenbach!

Nicht ohne lebhaftes Intereße hab ich mirs vorgestellt, wie Du dem Manne unter der dreifaltigen Zipfelmütze den Schlappschuh geküßt und sodann, mit geweihtem Leinöl versehn, als postillion d'armour noch darin hinüber fuhrst. Jedwede von redlicher Angst durchweichte Seele würde Deiner Mißion (sträube dich, wie Du willst!) den heilsamsten Erfolg wünschen. Die Scheuslichkeit aller Dinge wird nachgerade unerträglich! Unbehindert und emsig vermehren sich die Juden und ihre Gelder. Ein Dynamitäter blinzelt dem andern zu. Der Banquier, der Juwelier – heil ins Geschäft, dermanzt wieder raus! Kann man noch mit ruhiger Würde seinen Thron besteigen? Wen wirds wundern, wenns demnächst gar im Nachtstuhl des heil. Vaters kracht! – Von hohen calamineusen Ärgernißen laß uns schweigen aus Ehrfurcht. Aber laut verwünscht seien die Bacillen; dieser Kommabacillus; und besonders dieser Fragezeichenbacillus der Philosophenheit. – Da thäts dann freilich noth (so hör ich von glaubhaften Leuten) daß der alte Vaticanaster seine Weltverbeßerungsmaxime mal wieder heizen dürft, wie er möcht. – Ob's hilft? – Tief drunt in der dunklen Parthie der 4. Dimension haust noch immer gleich zeugungsfähig der Vater der Sünden. – Unser deutscher Robespierre wird vermuthlich Pieseke heißen. – Sobald er da ist, sollst Du ihn abmalen. Inzwischen was macht Gedon's Familie? Sahst Du Kaulbach's? Schrieb zuletzt an sie nach Paris. Und unser Musikantenaga ward mir gar zum Nebelbild.

Deinen liebenswürdigen Schwestern freundl. Gruß!

In Liebe immer Dein nämlicher

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968.
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