1646. An Franz von Lenbach

1646. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 26. Nov. 86.


Liebster Lenbach!

Dein liebenswürdiges Autograph vom October wäre gewiß meinerseits schon längst durch eins erwidert, hätt ich mich nicht letzthin in reisenden Umständen befunden. Ich war mal 14 Tage in Lüethorst und erfreute mich am körperlichen und geistigen Wohlsein meines lieben 81 jährigen Onkels. Hier holte mich mein Ebergötzener Freund ab, bei dem ich dann noch 8 Tage in der Mühle blieb.

Du stehst nun wohl mit Wegener (grüß ihn!) auf dem Sprung, nach Süden über die Berge zu rumpeln. Ich bin Dir dankbar, daß Du mich im letzten Frühjahr auch eben mal hinüber gelockt hast. Eine kurze Kur, die trotzdem nicht ohne günstige Nachwirkung auf mein Wohlbefinden blieb. Die »Muthwilligkeit«, deren Du so angenehm neckisch Erwähnung thust, mag mit dieser kommen; obwohl man nach der Besichtigung so großer Dinge eher das Gegentheil, eher einen Druck auf den Übermuth erwarten sollte. Wie das zugeht, wird dem Menschenkenner vielleicht nicht schwer werden zu durchschaun. Du bist ja auch Einer. Und wenn Du dann die Grundursachen nicht gerade lobenswerth im äußersten Sinne des Wortes findest, so hoff ich dennoch, in Anbetracht unserer eingewurzelten Freundschaft, auf Dein ferneres Wohlwollen.

Günther, den ich mir dankenswerth mit nachgelaßenen Alterthümern beschäftigt denke, bitt ich schönstens zu grüßen. – Laß bald hören, wo Dir's gut geht.

Allerwärts Dein getr.

Wilh. Busch.[285]

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968.
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