261. An Maria Anderson

[135] 261. An Maria Anderson


Wiedensahl 24 März 75


Meine liebe Frau Anderson!

Sie fragen, ob bei den Malern nicht wenig Ideen zu finden. – Was mich betrifft, sind mir Ideen jene Schattenbilder des Plato, die auf matt erleuchteter Wand in ewigem Wechsel an uns vorüber gleiten: Berge, Wälder, Könige, Bauern, Pferde, Schafe, altes Porzellan und irdene Töpfe, und oben drein noch Sie, Madam, mit Ihrem prächtigen Jungen, und das hübsche Kind aus Potsdam, und Multatuli sein Hund, und ich. Die Sache intereßirt uns; denn wir stecken aus Herzensgrund dahinter und wißen nicht wie. – Darum, Wer dies, lebendig, deutlich aufgefaßt, uns zeigen kann, der trete vor! Shakespeare, Rubens, Hals, Potter und Brouwer; aber hinaus mit den Photographen! Da haben wir's! Ein brauner Krug, mit einem Glanzlicht drauf, ist mir bereits Idee. Geht dann so ein Ding durch ein originelles Menschenhaupt und eine geschickte Hand, so wird, der Teufel weiß, ein Bild daraus. Ich habe bei Teniers und Brouwer unglaublich »geestige« Töpfe gesehen.

Auf die »bundels« freu ich mich. – »De vrye Gedachte« hab ich gestern an Sie zurück gehen laßen. – Die beiden Photographien, da sie von Ihnen doch mal zurück gewünscht werden, will ich nur gleich heute mit einlegen und freundlichen Dank dazu.

Ihr Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 135-136.
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