269. An Maria Anderson

[139] 269. An Maria Anderson


Wolfenbüttel 11 April 75


Liebs guts Madamchen!

Es freut mich von Herzen, daß die naßkalte Witterung so günstig auf Ihre Moralität einwirkt. Sie lieben Ihre Freunde und verzeihen Ihren Feinden. Ach, du lieber Himmel! Wenn's mir doch auch so ginge! Aber mich, mich abscheulich verhärteten Sünder hat noch immer das alte Testament beim Frack; ob's regnet oder schneit oder die Sonne aus allen Löchern scheint; es bleibt dabei:

So dich Jemand auf den linken Backen schlägt, so reiße ihm das rechte Auge aus und wirf es von dir!

Drum, Sie gute Heilige, schließen Sie mich gefälligst in Ihre Gebete ein!

Und so haben Sie also den Frühling »in der Nase«? Nehmen Sie sich nur recht in Acht, sonst sproßen und blühen Ihnen am Ende noch Rosen und Vergißmeinnicht draus hervor; ein ganzes Geburtstagsbouquet. Na, da gratulir ich!

Mein genre ist genre. – Ein Pfau, drei Dutzend Hühner, zwei Kater, zwei Katzen, 10 Pferde, Lumpen, alte Weiber, Kinder – das steht alles zu meiner Verfügung. – Sobald das Nordlicht fertig, geht's dran!

Der Weise hält seine Meinung zurück. – Ich merke wohl, ich bin keiner. Hätt' ich mich sonst so über die Gerechtigkeit der Frauen geäußert? Ich widerrufe! Auch unter Tournuren wohnt Gerechtigkeit!!

Stets und ständig Ihr ergebenster

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969.
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