270. An Maria Anderson

270. An Maria Anderson


Wolfenbüttel 16 April 75.


Meine liebe Frau Anderson!

Ein recht schönes behagliches Wetter, eigentlich und figürlich, mag ja wohl dazu dienen, unsere Feinde mal ein Bißel zu vergeßen, aber zum Verzeihen, meine ich, müßt es ein so niederträchtiges Wetter sein, daß man keinen Hund vor die Thür jagen mag. Sie fragen: Soll ich? Sie müßten fragen: Kann ich? Man sagt wohl so hin: Sei nur ein Mensch und du bist gut! Oh, lügenhafter Dünkel! Bei den besten Menschen, die mir begegnet, habe ich noch immer die Reißzähne von den Schneidezähnen ganz deutlich unterscheiden können. Aber ich hoffe! – Ich bin Peßimist für die Gegenwart, aber Optimist für die Zukunft. Die Zucht und Züchtung im Verlaufe einiger Milliarden von Jahren wird hoffentlich die Organe der Erkenntniß auf Kosten der Organe des Begehrens zu immer höherer Entwicklung bringen, bis endlich und zuletzt, aus freier Wahl, das Gegentheil von Etwas kommt. – Doch weg mit dem Geklimper! Das schärfste Wort dringt solchen Dingen höchstens bis auf's Hemd.

Zu Ihrem Feld- und Sommernest wünsch' ich Ihnen viel heiteres Wetter und Lust zum Schaffen, und das wünsch ich auch, daß Sie nicht vergeßen, daß ich stets bin

Ihr ergebenster

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 139.
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