364. An Johanna Keßler

[172] 364. An Johanna Keßler


Wiedensahl 21. Oct. 1876.


Liebste Tante!

Es freut mich, daß die See Ihnen und den Kindern gut gethan; es freut mich zudem, daß Sie nun auch mal in Holland gewesen sind. Wir wollen davon reden, wenn ich komme, sei's nun vor oder gleich nach Weihnachten. Nach München muß ich dann jedenfalls auch wieder, wär's auch nur, um mein Versprechen zu halten. Im Künstlerverein veranstalteten sie nämlich mir zu Ehren einen scherzhaften Fackelzug, und Gedon hielt eine Rede, worin er Alle aufforderte, für mein Wiederkommen zu stimmen, was geschah; worauf denn Lenbach in meinem Namen zusagend erwiderte. Er wollte, daß ich gleich da bliebe, damit er mein Portrait malen könne; er bot mir eins von seinen Ateliers zu ganz freier Benutzung an. Kurz, ich wurde so zuvorkomm[en]d und freundlich behandelt, daß ich ordentlich verlegen wurde. So muß ich denn wohl am Ende Wort halten. Was meinen Sie, liebe Tante?[172]

Von Wolfenbüttel kam ich gestern zurück. Ich habe die Zeichnungen zu Herr u. Frau Knopp in Angriff genommen und hoffe in etwa 3 Wochen damit fertig zu sein.

Herzliche Grüße an die Kinder! Ihr stets

getreuer Freund

W. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 172-173.
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