388. An Franz von Lenbach

[178] 388. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 11. Mai 77.


Lieber Lenbach!

Also so saust diese unruhige Seele mal wieder nach Wien! – Gut! – Und hoffentlich bist du frisch und munter zurückgekehrt. – Was ich jetzt thue? Ich mache etwas über hundert kleine Zeichnungen, wo mal wieder ein kleines Buch draus werden soll. Da geht denn die Zeit mit hin. Die Feder kritzelt, der Pinsel schläft.[178]

Nachher will ich nach Wolfenbüttel. Kommst du mal im Sommer, so sollst du freundlich aufgenommen werden. Nur fürchte ich, du wirst eine peinliche Langeweile empfinden. Zu einer großen historischen Ausstellung ginge ich wirklich nur ungern mit. Da ist's schwul und schwitzig! Da giebt's Viel und Allerlei. Es ist mir immer so: wenn ich nur ein einziges gutes Bild der Alten recht mit Seelenruhe besehen und von Grund aus verstehen könnte, so hätt ich für meinen Hausbedarf vollauf genug. Zur Zerstreuung bin ich zu alt geworden. Leb' wohl, liebster Freund! –

Sage Heisen's und besonders Piloty's, daß ich mich ihrer gar gerne erinnere. Unser Fräulein S. wird doch von sich hören laßen und nicht so spur- und rücksichtslos in Holland verschwinden oder wohl gar über's Waßer segeln bis an den äußersten Zipfel der Welt, wo Paraguay liegt? –

An Gedon und die Bekannten einen Gruß.

Stets dein getreuster

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 178-179.
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