41. An Friedrich Warnecke

[41] 41. An Friedrich Warnecke


Mein lieber Freund!

Wie sehr hat mich Ihr lieber Brief erfreut und überrascht! Er traf mich, als ich eben in der Weinkneipe bei einer Flasche Burgunder saß; und wie sollte ich mich nicht mit Vergnügen an Sie und Hameln und all die vielsonnigen Tage erinnern, wo wir mit einander in alten Höfen, Häusern und Gemäuer herumstöberten oder den Strom hinauf über die Hügel zu dem Schloße derer v. Klenke wallfahrteten. Noch diesen Herbst vor einem Jahre, als ich zuletzt die alte Weserstadt besuchte, kam mir dies alles auf's Neue in's Gedächtniß zurück. Aber da ist nun der Drang des Lebens! Ein Bild rückt vor das andre und verdeckt es. Aus Ihrem Briefe seh ich, daß Sie bereits 6 Jahre in Hannover sind; seit der nämlichen Zeit war ich jedes Jahr dort zu Besuch, immer auf einige Tage. Da sind wir nun wohl zuweilen dicht an einander vorbei gestreift, ohne uns zu erkennen, und natürlich! – Sie sind ein langer bärtiger Mensch geworden und ich ein dicker und ein rechter dicker obendrein. Einliegend die Photographie deßelben! –

Bisher war ich immer in der Meinung geblieben, Sie seien noch da hinten, ganz hinten in Fallingbostel; nun ich Sie aber in Hannover weiß, werde ich Sie jedenfalls im nächsten Sommer dort aufsuchen.

Was meine Zeichnungen und Geschichten anlangt, so möchte es schwer sein dieselben zusammen zu finden. Ein Theil ist in Dresden erschienen, ein Theil bei Braun u. Schneider, wo sie dann wieder in d. flieg. Blättern zerstreut sind. Braun u. Schneiders haben vor, eine Sammlung davon heraus zu geben; Sie würden, denk ich, am Besten thun, bis dahin zu warten.

Nun leben Sie recht wohl, lieber Freund! Laßen Sie einmal wieder von sich horen und seien Sie überzeugt, daß Sie mir stets in freundlicher Erinnerung bleiben

Ihr W. Busch.


München d. 10 Dec. 1865.

Schwanthalerstrasse 28/0 links.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 41.
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