43. An die Eltern

[41] 43. An die Eltern


München Sonntag d. 27 Mai 66.


Liebe Eltern!

Ich denke mir, Otto wird auf seiner Urlaubsreise schon bei Euch eingetroffen sein. So werdet Ihr denn durch ihn bereits erfahren haben, daß das Kölner Unternehmen wegen der kriegerischen Unruhe am Rhein bis auf weiteres verschoben werden mußte. Unter den jetzigen Verhältnißen will Niemand sein Geld flüßig machen. Hier in München spürt man das auch auf eine bedenkliche Weise; die Arbeiter werden entlaßen, ein Geschäft[41] nach dem andern wird geschloßen. Es sind eben hier sehr viele auf den Durchzug der Fremden hingewiesen, und die bleiben in diesem Jahre zum größten Theil aus. Im Kunsthandel ist auch eine bedenkliche Stockung eingetreten. Was mich anbetrifft, so werden allerdings die laufenden Arbeiten lustig fortgesetzt, aber einige längere Sachen, die projektirt und zum Theil schon skizzirt waren, werden nun auch wohl auf beßere Zeiten warten müßen. Das Tröstliche bei der Sache ist mir, daß meine Hoffnung, einen Theil des Sommers bei Euch zuzubringen, nun doch aller Wahrscheinlichkeit nach in Erfüllung gehen wird. Zwar kann ich die Zeit nicht genau im Voraus bestimmen, doch denke ich bis zum Juli mit den angefangenen Arbeiten fertig zu sein.

Mit vielen herzl. Grüßen

Euer getr. Sohn Wilhelm

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 41-42.
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