479. An Hermann Busch

[208] 479. An Hermann Busch


Wiedensahl 23 Mai 1880.


Lieber Hermann!

Karte mit Auskunft über das Rathhaus in L. heute, »Nord u. Süd« so wie die Broschüre über »Gespensterglauben« vor einigen Tagen erhalten. Die beiden letztern schicke ich dir anbei zurück und bitte dich, die Broschüre für mich zu behalten. Huber gefällt mir gut, Nagel will mir nicht gefallen. Die Auseinandersetzung auf Seite 41 scheint mir keinen großen Scharfsinn zu beweisen; oder wäre sie von Zöllner entlehnt? Das mag ich doch nicht glauben. Übrigens bin ich bis jetzt noch der Meinung, daß ein- oder zweidimensionale Wesen grad so zweckentsprechend sein würden, wie vierdimensionale; Punkte und Ebenen sind durchaus geisterhaft. – Außer dem Glauben, daß sich die Geister in eine Art Ausdünstung der Medien kleiden, find ich seither im Spiritismus nichts Neues. Schreiben, Klopfen, Fußspuren in Mehl drücken, Ohrfeigen austheilen, Ver- und Entstofflichen haben die Geister von jeher gethan. – Es wird ja wohl Wahrheit dahinter sitzen. Die neuste Methode, sie hervorzuexperimentiren kommt mir aber doch etwas kleinlich vor. Dieses Verbinden der Hände über dem Tisch gestattet doch möglicherweise den Füßen unter dem Tisch eine unpaßende Freiheit. Wer beobachten will, darf nicht mitspielen; er müßte ein heimliches Guckloch haben, möglichst tief am Boden; es giebt Leute, die mit den Füßen stricken, schreiben, malen und Klavier spielen können – und falls es in meinem eignen Hause spuken sollte, würd ich dem Dienstpersonal bei Tag und bei Nacht ein peinliches Mißtrauen widmen.

Sei so gut und laß die Broschüre: »d. sogen. thier. Magnetismus« v. Heidenhain für mich kommen.

Herzliche Grüße an Liesbeth, auch von Fanny. Hier wird demnächst Sophie mit Kindern erwartet.

Dein getr. Bruder Wilhelm

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 208.
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