664. An Friedrich August von Kaulbach

[275] 664. An Friedrich August von Kaulbach


Lüethorst 28. Oct. 86.


Dein liebenswürdiger Brief, lieber Fritze, hat mich erwischt, während ich auf Besuch bei meinem lieben Onkel bin. – Du erwähnst die Broschüre von Daelen. Er ersuchte mich vor etwa 14 Tagen um eine Zusammenkunft in Hannover. Da er seinen Pegasus auf's Neue von der Krippe zu holen drohte, ging ich hin, um ihm entschieden meine Meinung zu sagen. Ich führte ihm seine Flüchtigkeiten, Unrichtigkeiten, Taktlosigkeiten zu Gemüthe; daß er nicht bloß hoch über das Ziel hinweg, sondern auch noch einen ganz Unbetheiligten in's Bein geschoßen und daß er zu der Veröffentlichung der persönlichen Karikaturen und derben Privatspäße eigentlich gar keine Berechtigung gehabt etc. – Er berief sich dagegen auf Zustimmungsadreßen, auch auf Deine, die er mir zeigte. Er nannte mir auch besonders drei seiner Berichterstatter: eine lauttönende Klagetante, einen Wehmuthsonkel, der sich selbst herausgestrichen, und einen unverbeßerlichen Lügenbeutel. Ob ihn meine Eröffnungen bekehrt, kann ich[275] nicht wißen. Wenn nicht, so werd ich gelegentlich mal wieder zur gemüthlichen Nothwehr greifen, wie neulich in der Frankfurter Zeitung, dem Einsiedel gleich, der mit dem Birkenzweig sich die lästigen Mücken verscheucht.

Wir haben hier Sonne, Frost, Wind. Dort geht ein Kerl vorbei, der die Bratzen tief in der Büxe hat und die Schultern herauf zieht, als ob er die Ohren damit zudecken wollte. – Von hier möcht ich noch auf einige Tage nach Ebergötzen; dann zurück zum kleinen Heimathwinkel weit draus in der Vorstadt der großen Welt. Bitte, lieber Mensch, laß mich bald mal wieder Was von dir lesen!

Dein alter getreuer

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 275-276.
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