735. An Hermann Nöldeke

[301] 735. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl Montag [28. Mai 1888]


Lieber Hermann!

In den nächsten Tagen denk ich noch mal wieder nach Wolfenbüttel zu fahren, um mit Tante Alwine noch allerlei zu besprechen, und weiß nicht, wie lange das dauern wird. Um die schöne Syringenblüthe in Hattorf werd ich also wohl rum kommen. Ich komme dann später; hoffe Euch aber jedenfalls hier in Wiedensahl zu sehn. – Sophie mit Ernestine ist heut früh nach Hannover abgefahren. – Schwester Marie wird nun wohl bei Euch sein. Ich habe mir so gedacht, daß Mutter später mit ihr an irgend einem Kurorte zusammen sein könnte, und bitte ich dich, mit Marie mal darüber zu sprechen und an Mutter zu schreiben, von der ihr in den nächsten Tagen einen Brief erhalten werdet.[301]

Hier herrscht Dürre. Die Regenaussichten kommen und verschwinden. Durchdringenden Moordampf genoßen wir in den letzten Tagen. Die ersten Levkojenpflanzen sind fast alle gründlich verprömmelt. Auch die, welche Sophie von Bückeburg noch mitgebracht, laßen die Köpfe hängen. Hoffentlich habt ihr eure beßer zu schützen gewußt.

Solltest du Etwas wünschen, so schreib mir's, einerlei, ob ich in Wolfenbüttel oder zu Hause bin.

Von uns Allen an Euch Alle die herzlichsten Grüße!

Dein getr. Onkel Wilhelm.


P.S.

Frau Bachmann in Ebergötzen wird wahrscheinlich am Sonnabend die rechte Brust abgenommen sein. Ein furchtbarer Schlag für die armen Leute.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 301-302.
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