762. An Hermann Nöldeke

[310] 762. An Hermann Nöldeke


Wiedens. Montag. [17. Dezember 1888]


Lieber Hermann!

Ich sollte danken und danke für die Briefe; deiner und Sophiechens kamen heut Morgen zugleich. – Mitwoch war ich in Loccum. Fräulein Saxer ging's leidlich; ihre Schwester aus Ungarn war auf Besuch da. – Bückmann besucht ich auch und fand ihn sehr wohlauf. Über die bewußte Lehrerfrage sprach er sich ganz bestimmt aus: Lehrer, welche nicht ausdrücklich darauf hin angestellt wurden, sind zu Kirchendiensten nicht verpflichtet. In Wiedensahl liegt die Sache so, daß das Kloster zum Gehalt des zweiten Lehrers einen wiederruflichen Zuschuß giebt und darauf hin natürlich mit dem Manne ein Wörtchen reden kann. – In Betreff von Trauungsverweigerung gab er denselben Weg an, den du auch eingeschlagen hast.

Daß ihr ein Mädchen gemiethet, hat uns gefreut; hoffentlich geht's eine geraume Zeit gut damit. – Was die jungen Damen anlangt, so scheint mir ein Zweigespann vortheilhafter als ein Einspänner. – Doch das müßt ihr selber wißen. Ich habe schon zu Mutter gesagt, wir zerbrächen uns eure Köpfe eigentlich wohl mehr wie nöthig und kämen am End noch in's Register der Schusterschen Tanten, die auch zu meinen schienen, ohne ihre weisen Rathschläge könnt es nirgends vernünftig zugehn.

Zu 4 Theatervorstellungen hab ich Billets genommen; Ronnenbergs Saal; für Mutter und mich geht Lenchen hin und ist immer freudig verblustert; zum Glück ist heut Abend Schluß. – Mit herzl. Grüßen von uns Allen

Dein getr. Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 310.
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