824. An Franz von Lenbach

[335] 824. An Franz von Lenbach


Wiedensahl Aug. 91.


Lang hat's braucht, liebster Lenbach, bis Du mir mal wieder litterarisch was merken ließest. Doch vergaß ich Dich nicht derweil. Hätt's auch ohnehin nit gekonnt, denn Dein Ruhm umsäuselt mich in allen Blättern. Bravissimo!

Und Holland? Da wird's vermuthlich nur eines Winkes bedürfen (womöglich 8 Tage vorher; ich könnt sonst verreist sein), und alsbald bin ich dort. War jüngst im sogenannten Kestnermuseum zu Hannover. Bemerkenswerth daselbst: Bildnis von v. Dyck; links rother Vorhang, rechts blaue Luft, dazwischen schwarzer Mann; rechte Hand in die Seite gelegt; über der Halskrause ein Jesuitenkopf; Gouverneur von Antwerpen, wie's heißt. – (Zwei Rahls » Selbstportrait« und Portrait Kestners fallen schön ab dagegen; Glycerinmanier.) – Ferner: Ein alter italienischer Herr; sehr überzeugend und ernsthaft. – Und dann unwiderstehlich anlockend ein großes Aquarell von Dürer; Kreuztragung, auf ungebleichter Leinwand; Grund fein benutzt. –

Die Beleuchtung des Saals ist natürlich so verzwickt, daß man hüpfen muß wie ein Menuetttänzer, damit man wenigstens etwas zu sehen kriegt. Von L., aus der musikalischen Reichshauptstadt, erhielt ich einen gar liebenswürdigen Brief. – Was Du ihm zutraust, nehme ich für Spaß. Sonst muß ja am End das Kapuzinergewandel noch mal wieder hervor aus der Theatergarderobe.

Sei herzlich gegrüßt sammt der Hausliebsten von Deinem getreuen

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 335.
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