5. Szene.

[151] Astolf, König.


BASILIUS.

Wer kann, Astolf, in ihrem Laufe hemmen

des Rosses Wut, frei von des Zügels Zwange?

Wer die Gewalt des stolzen Stromes dämmen,

der sich zum Meere wälzt mit raschem Drange?

Wer einem Bergsturz sich entgegenstemmen,

der niederkracht vom jähen Felsenhange?

Doch alles findet Aufhalt und Erschwerung

viel leichter noch als stolzer Völker Gärung.

Wohl wird's durch der Parteien Sturm verkündet;[151]

denn aus der Bergeskluft mit lautem Dröhnen

läßt Echo, von entzweiter Wut entzündet,

bald Sigismund und bald Astolf ertönen.

Der alte Thron, auf Eid und Pflicht gegründet,

muß neuer Absicht, neuem Grausal frönen,

ein Frevelschauplatz, wo, uns zur Bedrängnis,

mit Trauerspielen schrecket das Verhängnis.

ASTOLF.

Die Freude, Herr, sei jetzt noch unterbrochen,

des Ruhmes Glanz, die schmeichelnden Genüsse,

so deine Hand beglückend mir versprochen.

Wenn Polen, wider deiner Huld Beschlüsse,

Gehorsam mir versagt mit stolzem Pochen,

so ist's, daß ich ihn erst verdienen müsse.

Gebt mir ein Roß, und fahr's in stolzen Wettern

als Blitz herab, verkündend Donnerschmettern.


Ab.


BASILIUS.

Unwiderstehlich ist des Schicksals Lenkung,

und oft gefahrvoll, sie voraus erfahren.

Nicht schützen kann sich menschliche Beschränkung;

denn Schlimmes lockt man durch zu ängstlich Wahren.

Grausam Gebot! Hart Schicksal! Schwere Kränkung!

Gefahren fliehn, das bringt erst in Gefahren.

Mein Unglück wird, was Schutz mir sollt erwerben;

ich selbst, ich wirkte meines Reichs Verderben.


Quelle:
Calderon de la Barca, Pedro: Das Leben ein Traum. Leipzig 1964, S. 151-153.
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