Zweites Kapitel.

[241] Fährt in der Weisung fort, welche Don Quixote wegen der Entzauberung der Dulcinea erhielt, nebst andern wunderbaren Begebenheiten.


Nach dem Takte der anmutigen Musik sahen sie einen sogenannten Triumphwagen sich näher kommen, von sechs grauen Maultieren gezogen, die mit weißen Leinendecken behängt waren; auf jedem Tiere saß ein Büßender, ebenfalls in Weiß gekleidet, mit einer großen brennenden Wachsfackel in der Hand. Der Wagen war zwei-, ja dreimal größer als die vorigen, und auf den Seiten, wie oben, befanden sich noch zwölf Büßende, so weiß wie der Schnee, alle mit ihren brennenden Fackeln, ein Anblick, der zugleich verwunderte und erschreckte. Auf einem erhabenen Thron saß eine Nymphe, die in viele Schleier von Silberstoff gehüllt war, durch welche unendlich viele goldene Folioblättchen blinkten, wodurch ihre Kleidung, wenn nicht kostbar, doch glänzend erschien; das Gesicht war mit einem feinen und durchsichtigen Zindel verhängt, so daß, ohne ihr Antlitz zu verbergen, man das Gesicht einer sehr schönen Jungfrau wahrnehmen konnte, ja die vielen Lichter machten es möglich, ihre Anmut sowie ihr Alter zu unterscheiden, welches dem Anschein nach die zwanzig noch nicht erreicht, aber auch nicht unter siebzehn stand. Neben ihr befand sich eine Figur, in einen weiten Talar gewickelt, der ihr bis zu den Füßen reichte, den Kopf in einen schwarzen Schleier verhüllt. Als dieser Wagen der Herzogin und Don Quixote gegenüberstand, verstummte sogleich die Musik der Flöten, Harfen und Lauten, die auf dem Wagen gespielt wurden, die Gestalt mit dem Gewande erhob sich, schlug es von beiden Seiten zurück und nahm den Schleier vom Angesichte hinweg, worauf man deutlich sah, daß es die Gestalt des Todes selbst war, entfleischt und entsetzlich, worüber Don Quixote zusammenfuhr und Sancho erschrak, auch die Herzoge einen Ausdruck von Grauen zeigten. Als sich dieser lebendige Tod aufrecht gestellt hatte, sprach er mit schläfriger Stimme und eben munterer Zunge folgendes:


Ich bin Merlin, von welchem die Geschichten

Erzählen, daß der Teufel mich erzeugte

(Wie unwahr, von den Zeiten doch bestätigt),

Fürst und Beherrscher jeglicher Magie,

Archiv der Wissenschaft des Zoroaster,

Ein Kämpfer mit den Jahren und den Zeiten,

Die sich bemühn, die Taten auszulöschen

Von jenen irrenden hochherz'gen Rittern,

Zu denen ich Freundschaft und Liebe trage.


Und obwohl sonst der andern Zauberer,

Der andern Mager oder Magier

Gesinnung pflegt hart, rauh und wild zu sein,

So ist die meine sanft und zart und lieblich,

Und wünscht nur Gutes aller Welt zu tun.


In Ditis dunkelvollen Höhlungen,

Wo meine Seele Unterhaltung fand,

Gewisse Kreis' und Linien zu entwerfen,

Traf mich die Klagestimme von der schönen

Und hohen Dulcinea von Toboso;


Ich sah ihr Unglück, die Bezauberung

Und die Verwandelung aus feiner Dame

In Bauerndirne; dieses ging mir nah,

Und schließend meinen Geist ein in die Leere

Von diesem furchtbarn scheußlichen Gerippe,

Nachdem ich aufschlug hunderttausend Bücher

Von meiner niederträcht'gen Teufelskunst,

Komm ich, zu künden, was vermitteln kann

Dies große Leiden, Unheil übergroß.


O Glorie du, Ruhm aller, die sich kleiden

Mit stählernem und diamantnem Rock,

Leuchtturm und Licht, Wegweiser, Stern und Führer

Von allen, die, verlassend trägen Schlaf

Und müß'ge Federn, auszuüben sich

Bereiten jenes äußerst harte Handwerk

Der blutbedeckten, schweren Last der Waffen;
[245]

Dir sag ich, Held, dir, nimmermehr genug

Gepriesen nach Verdienst, dir, tapferer

Und minder nicht verständ'ger Don Quixote,

Du Glanz la Manchas, du Gestirn Hispaniens:

Daß, in den vor'gen Zustand zu versetzen

Die hohe Dulcinea von Toboso,

Es nötig tut, daß dein Stallmeister Sancho

Sich geb dreitausendunddreihundert Streiche

Auf seinen beiden mächt'gen Hinterteilen,

Der Luft entblößt, und zwar auf solche Weise,

Daß sie ihn schmerzen, kränken und verdrießen.

Nur dadurch kann man sie des Leidens, stimmen

Die Stifter alle überein, entled'gen,

Und dies war meine Botschaft, meine Gnäd'gen.


»So soll mich!« rief jetzt Sancho, »kein Gedanke an die dreitausend Hiebe, ja nicht drei will ich mir geben, sowenig wie drei Dolchstiche. Hol doch der Teufel diese Art zu entzaubern! Ich weiß doch nicht, was mein Hinterer mit den Bezauberungen zu tun hat. So wahr Gott lebt, wenn der Herr Merlin keine andere Art ausgefunden hat, die Dame Dulcinea zu entzaubern, so kann sie sich nur verzaubert begraben lassen.«

»Ich will dich nehmen«, rief Don Quixote, »du Don Halunke, und dich an einen Baum binden, nackt, wie dich deine Mutter geboren hat, und, hörst du, dir nicht dreitausendunddreihundert, sondern sechstausendundsechshundert Hiebe geben, und alle so vollwichtig, daß man dich dreitausendunddreihundert Büchsenschüsse weit soll schreien hören, und kein Wort erwidere, oder ich will dir die Seele aus dem Leibe reißen.«

Als Merlin dieses hörte, sprach er: »Dies darf nicht so geschehen, denn die Streiche, die der wackere Sancho bekommen soll, muß er freiwillig und nicht mit Gewalt erhalten, auch zu einer Zeit, wenn es ihm gefällig ist, denn es ist kein bestimmter Termin angesetzt; doch ist es vergönnt, daß er seine Geißelung auf die Hälfte herabsetzen darf, wenn er sich von einer fremden Hand streichen läßt, wenn sie auch etwas schwer niederfallen sollte.«

»Weder eine fremde noch eine eigene, weder schwer noch schwerlich«, versetzte Sancho; »gar keine Hand soll mich durchaus nicht anrühren. Habe ich denn etwa die Dame Dulcinea von Toboso zur Welt gebracht, daß mein Hinterer das büßen soll, was ihre Augen gesündigt haben? Meinem Herren, ei! dem steht es zu – denn sie ist ein Teil von ihm, und er nennt sie alle Augenblicke ›mein Leben‹, ›meine Seele‹, seine Stütze und seinen Stab –, der kann und muß sich für sie geißeln und allen nötigen Fleiß auf ihre Entzauberung wenden; aber daß ich mich geißeln sollte? Abernuncio.«

Kaum hatte Sancho diese Worte gesprochen, als sich die silberne Nymphe erhob, die neben dem Geiste des Merlin saß, den durchsichtigen Schleier aufhob und ein Gesicht zeigte, welches allen mehr als überflüssig reizend erschien, mit männlichem Anstande und einer nicht zu zarten Stimme sich gerade gegen Sancho Pansa wandte und sagte: »O du nichtsnutziger Stallmeister, du gemeine Seele, du Felsenherz, du mit dem Gemüt von Kieseln, mit Eingeweiden von Feuerstein! Wenn man dir Spitzbuben, Henkersknecht beföhle, daß du dich von einem hohen Turme herabstürzen solltest; wenn man von dir, du Abschaum der Menschen, verlangte, daß du ein Dutzend Kröten, zwei Dutzend Eidechsen und drei Dutzend[246] Schlangen essen solltest; wenn man dich überredete, dein Weib und deine Kinder mit einem mörderischen scharfen Säbel zu schlachten, dann wäre es nicht zu verwundern, daß du Umstände machtest und Winkelzüge, aber dreitausendunddreihundert Streiche wichtig zu nehmen, die jedes Waisenkind, wenn es auch noch so schwächlich ist, jeden Monat davonträgt, das erstaunt, erschüttert und entsetzt alle frommen Eingeweide derer, die es hören, ja aller derjenigen, die die Kunde davon in den zukünftigen Zeitläuften vernehmen werden. Wende, o du verächtliches und verhärtetes Vieh, wende, sag ich, deine feigen, nichtswürdigen Blicke auf den Glanz meiner Augen, die den funkelnden Gestirnen verglichen sind, und du wirst sehen, wie sie Träne auf Träne, ja Strom auf Strom vergießen und Furchen, Wege und Straßen auf den schönen Gefilden meiner Wangen verursachen. Laß dich das rühren, Schuft und niederträchtiges Untier, daß mein so blühendes Alter, das noch immer nur in den Zehnern steht – denn ich bin erst neunzehn Jahr alt und habe das zwanzigste noch nicht erreicht –, verzehren und verdorren soll unter der Rinde einer Bauerndirne; und wenn ich heut nicht so erscheine, so ist es nur eine besondere Gunst des Herrn Merlin, der hier gegenwärtig ist, damit du durch meine Reize bewegt werden sollst: denn die Tränen einer betrübten Schönheit verwandeln die Steine in Seide und Tiger in Lämmer. Gib dich, gib dich in diese Geißelhauung, ungebändigtes Menschvieh, stöbere deinen Entschluß auf, der dich bloß antreibt, mehr und mehr zu fressen, und erlöse die Zartheit meiner Haut, die Anmut meines Wesens und die Schönheit meines Angesichts; und willst du dich meinetwegen nicht erweichen oder zur Vernunft bringen lassen, so tu es jenes armen Ritters wegen, der dir zur Seite steht, ich meine deinen Herrn, der, wie ich gewahr werde, seine Seele schon quer in der Kehle sitzen hat, die nur zehn Fingerbreit von den Lippen entfernt, bloß deine grausame oder freundliche Antwort erwartend, um durch den Mund auszufahren oder in den Magen zurückzukehren.«

Als Don Quixote dies hörte, faßte er sich an den Hals und sagte zum Herzoge gewandt: »Bei Gott, gnädiger Herr, Dulcinea hat die Wahrheit gesprochen, denn die Seele sitzt mir hier schon quer im Halse, wie ein Schuß in der Armbrust.«

»Was sagt Ihr nun hierzu, Sancho?« fragte die Herzogin.

»Ich sage, gnädige Frau«, antwortete Sancho, »was ich schon gesagt habe in Ansehung der Schläge, abernuncio.«

»Abrenuncio müßt Ihr sagen, Sancho, und nicht jenes Wort«, sagte der Herzog.

»Eure Hoheit mag mich nur lassen«, antwortete Sancho, »denn ich bin jetzt nicht in der Verfassung, auf Subtilitäten oder einen Buchstaben mehr oder weniger achtzugeben, denn die Streiche, die man mir geben soll oder die ich mir selber zuteilen muß, setzen mich so in Verwirrung, daß ich weder weiß, was ich rede, noch, was ich tue. Das möchte ich doch aber wohl von meiner allergnädigsten Dame Doña Dulcinea von Toboso wissen, wo sie denn ihre Art zu bitten gelernt hat; da kömmt sie her und verlangt, ich soll mir mein Fleisch entzweihauen, und nennt mich gemeine Seele und ungebändigtes Menschvieh, nebst einem Hack Mack von Ekelnamen, die der Teufel selbst nicht leiden möchte. Ist denn mein Fleisch etwa aus Eisen? oder habe ich etwas davon, wenn sie entzaubert wird? Was für Weißzeug bringt sie mir denn, was für Hemden, Mützen, Strümpfe, ob ich gleich keine trage, um sich bei mir beliebt zu machen? Nennt sie mich nicht einen Schurken über den andern, da sie doch wohl das Sprichwort weiß, daß ein Esel, mit Gold beladen, leicht über Gebirge geht und daß Geschenke Felsen erschüttern, und umsonst ist der Tod, und daß ein Sperling in der Hand besser ist als eine Taube auf dem Dache? Und dann mein gnädiger Herr da, der mich auf den Händen tragen und Liebeskind aus mir machen sollte, damit ich so weich wie Flachs und Baumwolle würde, sagt, daß, wenn er mich kriegt, er mich nackt an einen Baum binden und mir die Portion der Hiebe doppelt aufzählen will; und diese weichherzigen, verdrießlichen[247] Herrschaften sollten doch bedenken, daß sie nicht bloß von einem Stallmeister verlangen, er solle sich geißeln, sondern auch von einem Statthalter, der doch, wie man zu sagen pflegt, keine Katze ist. Lernt doch, lernt doch nur um Gottes willen, wie man etwas bittet und ein Gesuch vorträgt und daß man sich manierlich benehmen muß, denn alle Zeiten sind nicht gleich, auch sind die Menschen nicht immer bei Laune. Ich bin soeben ganz wild vor Ärger, daß mir mein grünes Kleid zerrissen ist, und nun kommen sie daher und verlangen, daß ich mich freiwillig hauen soll, woran ich so wenig denke, als Cazique zu werden.«

»Aber wahrlich, Freund Sancho«, sagte der Herzog, »wenn Ihr nicht geschmeidiger werdet als eine reife Feige, so sollt ihr keine Hand an die Statthalterschaft legen. Das wäre schön, wenn ich meinen Insulanern einen grausamen Statthalter mit steinernen Eingeweiden überschickte, der weder von den Tränen bekümmerter Jungfrauen erweicht wird noch von den Bitten verständiger, hochfahrender und alter Zauberer und Weisen. Kurz, Sancho, Ihr müßt Euch entweder selbst geißeln oder Euch geißeln lassen, oder Ihr werdet nicht Statthalter.«

»Gnädiger Herr«, antwortete Sancho, »sind mir nicht zwei Tage Bedenkzeit vergönnt, um zu überlegen, was zu meinem Heile dient?«

»Nein, auf keine Weise«, sagte Merlin; »jetzt in diesem Augenblick und hier auf dieser Stelle muß alles in Ordnung gebracht werden, was dieses Geschäft betrifft: Entweder Dulcinea kehrt in die Höhle des Montesinos und zu ihrem vorigen Zustand als Bäuerin zurück, oder sie wird, so wie sie ist, nach den elysäischen Feldern geführt, wo sie dann wartet, bis die Anzahl der Streiche erfüllt ist.«

»Frisch denn, guter Sancho«, sagte die Herzogin, »faßt guten Mut und zeigt Euch dankbar für das Brot, das Euch Herr Don Quixote zu essen gegeben hat, dem wir alle wegen seines hohen Gemüts und seiner erhabenen Ritterschaft gefällig und dienstlich sein müssen. Gebt das Jawort, liebes Kind, zu dieser Geißelgeschichte, schlagt Euch alle ängstlichen Grillen aus dem Sinn, ein Mann ist ein Mann, und ein tapferes Herz, wie Ihr selber wißt, überwindet jedes Unglück.«

Ohne hierauf Rücksicht zu nehmen, wandte sich Sancho zu Merlin und fragte querfeldein: »Sagt mir doch, mein gnädiger Herr Merlin, als der Teufelskurier hier war, brachte er meinem Herrn eine Botschaft vom Herrn Montesinos und befahl ihm, seiner hier zu warten, weil er herkommen wolle, ihm die Mittel anzugeben, wie die Dame Doña Dulcinea von Toboso könne entzaubert werden, und bis jetzt haben wir noch keinen Montesinos gesehen noch gehört.«

Worauf Merlin antwortete: »Der Teufel, lieber Sancho, ist ein Dummkopf und erbärmlicher Wicht; ich habe ihn abgeschickt, Euren Herrn aufzusuchen; aber mit keinem Auftrage von Montesinos, sondern von mir, denn Montesinos ist in seiner Höhle, seiner Entzauberung denkend oder, richtiger zu reden, sie erwartend, von der er auch das größte Stück schon hinter sich hat; ist er Euch etwas schuldig, oder habt Ihr etwas mit ihm zu verhandeln, so will ich ihn Euch dahin schaffen und schicken, wohin Ihr ihn haben wollt; jetzt aber macht fort und gebt endlich Euer Jawort zu dieser Disziplin und glaubt mir nur, daß sie Euch sehr zuträglich sein wird, sowohl für die Seele als für den Körper: für die Seele, weil Ihr ein gutes Werk damit tut, für den Körper, weil ich weiß, daß Ihr vollblütig seid, und so kann es Euch gewiß nicht schaden, etwas Blut abzulassen.«

»Es gibt viele Ärzte in der Welt, auch sogar die Zauberer sind Ärzte«, versetzte Sancho; »da mir aber alle zureden, obgleich ich die Einsicht nicht bekomme, so sage ich, daß ich damit zufrieden bin, mir die dreitausendunddreihundert Streiche zu geben, unter der Bedingung, daß ich sie mir geben kann, wann oder wieviel ich will, ohne daß mir die jedesmalige Portion oder die Zeit vorgeschrieben wird; und so will ich mich denn so bald als möglich aus meiner Schuld zu wickeln suchen, daß die Welt die Schönheit der gnädigen Doña Dulcinea von Toboso genieße, die, wie es scheint, sowenig ich es sonst auch glauben konnte,in der Tat schön ist. Doch muß das auch noch eine Bedingung sein, daß ich nicht verpflichtet bin, beim Peitschen mein Blut zu vergießen, und daß, wenn einige Streiche in die Luft fallen, diese auch mitgerechnet werden müssen. Item, wenn ich mich in der Zahl irren sollte, der Herr Merlin, der doch alles weiß, sie ja mit Sorgfalt zusammenzähle, um mir Nachricht zu geben, ob noch welche fehlen oder ob welche darüber sind.«

»Von welchen, die drüber sind, brauche ich keine Nachricht zu geben«, antwortete Merlin, »denn sobald die Summe vollzählig ist, wird plötzlich die Dame Dulcinea entzaubert erscheinen und Euch aufsuchen, um sich mit Dank, ja mit Belohnung dem trefflichen Sancho zu nähern. Darum darf kein Skrupel, sowenig wegen der übrigen als wegen der fehlenden, entstehn; auch erlaubt es der Himmel nicht, daß ich irgend jemanden hintergehe, sei es auch nur um ein Haar seines Hauptes.«

»Nun, in Gottes Namen denn«, sagte Sancho; »ich willige in mein Unglück, ich nehme, sag ich, die Buße auf mich, unter den festgesetzten Bedingungen.«

Kaum hatte Sancho diese letzten Worte gesprochen, als sich die Musik der Flöten von neuem hören ließ, zugleich wurden auch von neuem unzählige Musketen losgefeuert, und Don Quixote fiel dem Sancho um den Hals und gab ihm tausend Küsse auf Stirn und Wangen. Die Herzogin, der Herzog und alle Gegenwärtigen gaben Zeichen der größten Zufriedenheit, der Wagen fing wieder an sich zu bewegen, und im Vorbeifahren neigte die schöne Dulcinea das Haupt vor den Herzogen und machte dem Sancho eine tiefe Verbeugung. Indem brach auch schon die fröhliche und lachende Morgenröte herauf; die Blümlein des Gefildes taten sich auf und entfalteten sich, und die flüssigen Kristalle der Bächlein, über weiße und graue Kiesel murmelnd, gingen fort, den Strömen ihren Tribut zu zahlen, die auf sie warteten; die Erde fröhlich, der Himmel heiter, die Luft rein, das Licht hell, jedes für sich und alles zusammen gab die deutlichsten Zeichen, daß der Tag, der auf die Schleppe der Aurora trat, hell und heiter sein würde. Die Herzoge waren sowohl über die Jagd vergnügt, als auch, daß ihr Vorhaben so geschickt und glücklich ausgeführt war, und kehrten zu ihrem Schlosse mit dem Vorsatze zurück, in ihren Täuschungen fortzufahren, denn es gab für sie keine Wirklichkeit, die sie so hätte vergnügen können.

Quelle:
Cervantes Saavedra, Miguel de: Leben und Taten des scharfsinnigen Edlen Don Quixote von la Mancha. Berlin 1966, Band 2, S. 241-243,245-249,251.
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