Erster Auftritt

[38] Lysiart erregt von rechts hinten herbeieilend, allein.

Nr. 10. Recitativ und Arie.

Recitativ.


LYSIART.

Wo berg' ich mich? Wo fänd' ich Fassung wieder?

Ha! toller Frevelwahn, du warst es ja,

Der sie als leichte Beute sah!

Ihr Felsen, stürzt auf mich hernieder!

Du Wiederhall, ruf' nicht das Ach

Des hoffnungslosen Strebens nach!

Nie wird sie mein! O ew'ger Qualen Hyder!


Schweigt, glüh'nden Sehnens wilde Triebe,

Ihr Auge sucht den Himmel nur;

In ihr wohnt Unschuld, Anmut, Liebe,

Ganz Wahrheit ist sie, ganz Natur.

Schweigt, wilde Triebe! schweigt, wilde Triebe!

Ihr Auge sucht den Himmel nur;

In ihr wohnt Unschuld, Anmut, Liebe,[38]

Ganz ist sie Wahrheit, ganz Natur! Ganz Natur! –

Schweigt, glühnden Sehnens wilde Triebe,

Ihr Auge sucht den Himmel nur!


Was soll mir ferner Gut und Land?

Die Welt ist arm und öde ohne sie!

Mein ihre Huld?! – Mein wird sie nie!

Vergiß, Unseliger! Entflieh'!


Sie liebt ihn! – Und er sollte leben?

Ich schmachtend beben?

Im Staube Sieg ihm zugestehn?

O nein! Er darf nicht leben,

Ich mord' ihn unter tausend Wehn!

Doch, Hölle! Du kannst sie mir auch nicht geben;

Sie liebt ihn! – Ich muß untergehn!

Arie.


So weih' ich mich den Rach'gewalten,

Sie locken mich zu schwarzer That!

Geworfen ist des Unheils Saat,

Der Todeskeim muß sich entfalten!


Zertrümm're, schönes Bild!

Fort, letzter, süßer Schmerz!

Nur sein Verderben füllt die Brust!

Zertrümmre, schönes Bild!

Fort, letzter, süßer Schmerz!

Nur sein Verderben füllt

Die sturmbewegte Brust!


Er zieht sich beobachtend nach rechts vorn zurück.


Eglantine atemlos mit dem Ring aus dem Gruftgewölbe links hinten stürzend, dessen Thür hinter ihr zuschlägt.
[39]


Quelle:
Carl Maria von Weber: Euryanthe. Leipzig [o.J.], S. 38-40.
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