4.

[113] Eins der Kontore des Bankiers Weiler lag in einer schmutzigen Seitenstraße des Viktualienmarktes, die erst kürzlich auf den Namen des berühmten patriotischen Schnapsfabrikanten Schienenschneider umgetauft worden war, – im sogenannten Isarwinkel.

»Die fleißige Umtaufe der Straßen, Gassen und Plätze der bayrischen Residenz ist vermutlich deshalb eine der liebsten Beschäftigungen der Stadtväter von Isar-Athen, weil man dabei so viel patriotischen Geist und Geschichtssinn entwickeln kann,« hatte der Bankier bei dem letzten Besuche des Barons auf dessen kritische Bemerkung erwidert. Augenblicklich war dieser jedoch nicht in der Stimmung, die Stadtväter oder andere nützliche Mitgeschöpfe zu kritisieren ...

»Was nur die Depesche des Bankiers bedeuten mag? Sollte dieser Tag lauter Unangenehmes bringen?«[114]

Herr Weiler befand sich gerade auf der Börse. Sein Buchhalter war an den Fernsprechapparat getreten, dem Chef den Besuch des Herrn Barons zu melden.

»In spätestens zehn Minuten stehe zur Verfügung,« telephonierte prompt der Börsenmann zurück.

Max von Drillinger war in die Hinterstube getreten.

»Wünscht der Herr Baron inzwischen vielleicht die Neuesten Nachrichten oder die Frankfurter Zeitung zu lesen?« fragte der Kommis mit fadem Lächeln, indem er einige Zeitungsblätter auf den Tisch legte. Ohne eine Antwort von dem alten Bekannten des Chefs zu erwarten, schlich er katzbuckelnd wieder an seinen Platz zurück. Drillinger ließ die Blätter unbeachtet. Er fand es zwar nichts weniger als behaglich in dem dunklen, dumpfen Raum mit dem abgetretenen grünen Teppich auf dem schiefen Boden, den Eisenbahnkarten, Stadtplänen, Verlosungskalendern und Kurszetteln an den Wänden – allein das Geräusch und Gedränge der Straße war ihm noch widerwärtiger. Also wollte er lieber hier warten.

So warf er sich denn in das klebrige schwarze Ledersofa und ließ seinen Blick bald durch das[115] vergitterte einzige Fenster schweifen, welches auf das alte, winkelige Hebammengäßchen hinauswies, bald durch die halboffene Thür in das eigentliche Kontor, welches gerade knappen Raum bot für den Geldschrank, zwei Schreibpulte und den langen schmalen Zahltisch mit dem Schalter für die Kundschaft. Die beiden Kontoristen saßen stumm über ihre Bücher gebeugt; automatenhaft trugen sie ihre Ziffern und Vermerke ein. Man hörte ein krabbeliges Stahlfederngeräusch – und dann entstand wieder eine kleine Pause, welche der jüngere Kontorautomat durch eine knarzende Bewegung auf seinem Schreibbock ausfüllte.

Drillinger mußte der Zeit gedenken, wo er sich mit dem jahrelangen Versuch abquälte, sich in der Buchhalterei der Malzfabrik zu Pasing zu einem ähnlichen Kontorautomaten umzubilden.

Der steinalte und steinreiche Protz Kesselberger, ein Freund seines Vaters und stärkster Aktionär der Gesellschaft, hatte ihm die Stelle vermittelt und goldene Berge versprochen. Er wollte ihn protegieren, von Stufe zu Stufe höher bringen – bis an die Spitze des Unternehmens! »Die Industrie, das ist das gelobte Land,« pflegte er zu sagen; »Intelligenz und vornehmer Name müssen sich mit dem Großkapital alliieren!«[116]

Freilich dachte dabei der alte Gauner zunächst an eine Allianz seiner erschrecklich häßlichen, aber mannstollen Tochter mit dem schmucken, trotz seiner Invalidität strammen Offizier. Max v. Drillinger dachte aber an die Summen, die er der Erhaltung des wenigstens scheinguten Namens seines Bruders Ludwig geopfert, der damals schon durch seine Exzesse und seine ersten sozialdemokratischen Maulaufreißereien die Drillingersche Familie arg bloßgestellt hatte. Was hatte ihm dieser Thunichtgut nicht für Verlegenheiten bereitet, die er niemand anvertrauen mochte, in ihrem ganzen Umfang nicht einmal der treuen Brigitta! So griff er nach der Hand des berechnenden Protzen Kesselberger und rollte Tag für Tag mit der Eisenbahn nach Pasing hinaus auf das Fabrikbüreau. Da machte das Schicksal einen Strich durch die Rechnung des Besitzers der erschrecklich häßlichen, mannstollen Tochter: Kunigunde brannte mit dem Kutscher durch – und Max v. Drillinger blieb ohne fernere Protektion auf seinem inferioren Posten sitzen, ohne zunächst eine Ahnung zu haben, was ihm eigentlich die Gunst des Alten so schnell verscherzt haben könnte ...

Das war nun eine von den regelmäßigen Beschäftigungen, wie sie der guten Brigitta als[117] Ideal für einen Hauptmann a.D. vorschwebten – das war der regelmäßige Erwerb, welcher die Fettaugen auf die magere Pensionssuppe liefern sollte!

Ein bitteres Lächeln huschte über die Züge Drillingers, als er sich jetzt wieder als Kontorknecht in Pasing sitzen sah unter einem Dutzend älterer und jüngerer Geschäftsbeflissener, die von der Pike auf im Handel gedient hatten und bei denen die Anpassung an den Schreibbock-Beruf normal verlaufen war. Die alte Geschichte von dem edlen Renner voll Feuer und Laune und dem eingewöhnten Ackergaul, der geduldig Furche um Furche zieht! Jeder ist vortrefflich in seiner Weise, aber der eine kann nicht die Aufgabe des andern erfüllen. Und dann: was soll überhaupt ein Leben, das nichts abwirft, als im ewigen Einerlei maschinenmäßiger Arbeit, in Treue und Aufopferung die Möglichkeit etwas besseren Lebensunterhalts?

Wirft denn die bravste Taglöhnerei im Dienste der Millionenhamster jemals so viel ab, daß der Tagelöhner einen nennenswerten Zuwachs an persönlicher Stärke, an Freiheit und Schönheit des Lebens herausschlägt? Und dafür soll man zum systematischen Märtyrer der Phantasie seiner[118] Lebensführung werden und vom freien Mann hinabsinken, zum Heerdentier?

Dann der andere Versuch: er hatte mit dem Baron Almen eine elegante Monatsschrift herausgegeben, »Die Kunst in der Mode« und für das Beiblatt »Das Boudoir« pikante Plaudereien über das Theater unter einem Pseudonym geschrieben. Die Probenummer erregte Aufsehen. Das versprach eine im edelsten Sinne regelmäßige und nutzbringende Beschäftigung zu werden. Allein nach der vierten Nummer krachte das Geschäft des Verlegers zusammen. Es stellte sich heraus, daß das ganze Betriebskapital des unternehmungslustigen Buchhändlers in einem leeren Kassabuch, tausend Briefbogen mit dem Titel der Zeitschrift und der Verlagsfirma und einem Bündel unbezahlter Rechnungen für Plakate, Reklamen u.s.w. bestand. München war offenbar für ein solches Unternehmen noch nicht reif ... Ein Glück, daß sein Pseudonym gewahrt geblieben! Mit einem solchen Schwindler gehen? Lieber den Rest Leben freiwillig auf einmal hinwerfen, als seine bessere Fristung mit dem Opfer persönlicher Würde und unbescholtener Unabhängigkeit zu erkaufen – oder sich als ein Überflüssiger im Wettbewerb der Kräfte zu fühlen![119]

Das wäre freilich wieder eine jener Gewaltsamkeiten, die wie ein häßlich aufgellender Mißton die Harmonie der Entwickelung zerreißt ... Und doch, und doch ... Wo sind die alten Menschheitsideale? Wo ist die alte reine Lebens- und Wirkensfreude? Was soll der Machtlose in einer Welt, wo alles nur Hast und Drang nach Macht und Genuß? ...

Wohl: der ideallose amerikanische Mensch als das Produkt virtuoser Anpassung an die entgegengesetztesten und geistig ödesten Lebens- und Arbeitsverhältnisse wird auch im alten Europa der Mensch der Zukunft sein; heute kann man schon in gewissem Sinne den Juden als den Vertreter des Amerikanismus bei uns bezeichnen. Verjudung heißt eigentlich Amerikanisierung ...

Drillinger ließ die Gedankenreihe fallen. Eine zufällige Bewegung führte ihm den Duft des parfümirten Briefes in der Brusttasche zur Nase. Das war wohl schon der fünfzigste Brief. Fünfzig Variationen über das nämliche Thema. Fünf Buchstaben. Ein Zungenschlag, ein Hauch. Teufelsweib! Wäre sie weniger erfinderisch in Variationen gewesen, die Monotonie des Grundmotivs hätte dem Geleier längst allen Reiz genommen. Am besten, man verstopfte sich die Ohren, wie der[120] weise Odysseus, der vielgewanderte, vor dem Singsang der Sirenen ... Vorerst soll wenigstens der Brief unterbrochen bleiben ... Gewiß, jetzt muß ein Ende gemacht werden. Der Ernst der Lebenswende fordert's. Brigitta hat Recht. Das soll das letzte Stelldichein sein. Morgen oder übermorgen – das Wiedersehen eilt ja nicht – erfolgt feierliche Lossagung. Sie wird vernünftig sein; eigentlich sind diese Weiber alle kalt wie une fille de marbre ... Schließlich käme die Geschichte auf und es gäbe noch einen abscheulichen Skandal ... Und die Andere? ... Ja, diese Andere würde der guten Brigitta ebensowenig in den Kram passen. Überhaupt diese Heirats-Marotte. Als ob sich so etwas übers Knie brechen ließe. Und in den jetzigen schweren Zeitläuften, bei der täglich sich steigernden Kostspieligkeit der Lebensführung einen Hausstand gründen auf der Grundlage einer schmalen Pension und einer problematischen Neigung – wäre das nicht Wahnsinn? Und die Hingabe der Freiheit um das Linsengericht einer Mitgift? ... Gut, daß Brigitta nichts von der Andern weiß ...

Drillinger machte einen nervösen Ruck – und siehe da, er war an dem lackierten Ledersofa angeklebt, wie der übertölpelte Vogel an der Leimrute.[121] Er fuhr mit der Hand an den Sitzteil ... Mit leisem Knistern löste sich die Hose von der Unterlage ... Wäre er gewaltsam rasch in die Höhe gesprungen, würde das morsche Cheviotzeug hängen geblieben sein – und er hätte eine weiße Fahne unter dem Rock heimtragen können. Darum niemals Gewaltsamkeiten!

Lachend erhob er sich, um vorsichtig sein Taschentuch auf den Sitz zu breiten.

An dem vergitterten Fenster gegen die Winkelgasse hasteten die Menschen vorüber, die Köpfe eingezogen, die Rockkrägen aufgeschlagen. Schneegestöber! Münchener Frühlingswetter – das bekannte meteorologische Potpourri! Das Fenster lag so hoch, daß man nur die Köpfe sah. Komisches Bild: eine Prozession abgeschnittener Köpfe, die sich da draußen eilig vorbeibewegten im wirbelnden weißen Flockentanz ...

Er griff nach den »Neuesten Nachrichten« und blätterte gähnend im umfangreichen Inseratenteil.

»Ein Student in den höheren Semestern ... edelmütige, unabhängige Dame ... Vorschuß ewige Dankbarkeit ... spätere Verehelichung nicht ausgeschlossen.«

»Ein gut erhaltener Brautkranz, fast neu ...[122] ein Schlafdivan ... ein Papagei ... ein Epheustock preiswürdig zu verkaufen.«

»Armes Mädchen ... Notlage ... Rückzahlung nach Übereinkunft.«

»Zwei fesche Wienerinnen ... fremd in hiesiger Stadt ... älteren Herrn ...«

»Adoptiveltern ... uneheliches Kind (Mädchen von zwei Jahren) ...«

»Damen in stiller Zurückgezogenheit ... Hebamme ...«

»Versetzt ... ausgelöst ...«

»Amusement. Feine Dame sucht Herrn zum Vierhändigspielen oder Begleiten auf der Violine. Exped. 169015.«

Drillinger notierte die Ziffer auf seine Manschette. In der Konfusion der Frühe und der Eile des Ausgehens hatte er sein Notizbuch mit dem modischen schwarzen Krokodill-Ledereinband vergessen.

»Herren aus besseren Ständen ... Konnexionen in bemittelten Familien ... Agenten ... Heiratsbüreau ...«

»Eine Zither ... Trauerkleid ... Maskenanzug ... Kanapee ... billig zu verkaufen. Auenstraße ...«

»Komiker gesucht ...«[123]

»Reichgefaßte Brillantohrringe ... unter der Hand zu verkaufen.«

»Pensionierter Offizier ... Adel ... wirtschaftliche Befähigung ... Vertrauensposten.«

»Kleines Darlehen ... alleinstehende junge Dame ... Rückzahlung nach Übereinkunft.«

»Hübsches junges weibliches Modell ...«

»Schön möbliertes Zimmer bei einer alleinstehenden Dame ...«

»Fräulein ... Zimmer mit ungeniertem eigenem Eingang ...«

»Zwei distinguirte Herren ... Ausländer ... unabhängige feingebildete Dame ... ... Konversation ...«

»Welche gutsituierte ältere Dame wäre gesonnen ... akademisch wie praktisch gebildeten Architekten ... Fortkommen ...«

»Junge Witwe ... Abendstunden frei ... Vorleserin ... älteren Herrn ...«

Drillinger wollte eben das Blatt beiseite werfen, mit einer Miene, die auszudrücken schien: Himmel, wie langweilig, Tag für Tag die nämlichen zweifelhaften Scherze, inszeniert von der Not, der Genußsucht, der Verworfenheit! – als sein Blick zufällig auf den feuilletonistischen Teil des Blattes fiel. An Stelle des gewöhnlichen Nachdruck-Sammelsuriums,[124] stand heute ein großer Originalartikel: »Zola's neuester Roman.«

Nachdem Drillinger einige Abschnitte, worin das deutsche Leben im Vergleich mit dem französischen über den grünen Klee gelobt und Zola wie der letzte Schmierant der schlechtesten Motive bezichtigt war, ärgerlich überflogen hatte, konnte er doch ein Lächeln nicht unterdrücken:

»Ja, ja, die Deutschen sind erhaben über die Schmutzereien der Franzosen; so etwas kommt bei uns gar nicht vor, wir sind die reinsten, ungetrübtesten Tugendspiegel in Lebensgröße, und darum ist auch unsere Litteratur so unschuldig und so schön; jedermann hat bei uns sein gutes Auskommen, bleibt im Lande und nährt sich redlich; die Hohen geben den Niedrigen, die Großen den Kleinen unausgesetzt die wunderbarsten Beispiele von Vornehmheit des Charakters, Adeligkeit der Gesinnung; unsere öffentlichen Einrichtungen sind einfach musterhaft, unser Gesellschafts- und Familienleben voller Geist, Anmut und Heiligkeit; wir haben keine öffentlichen Verleumder und Ehrabschneider, keine Preßbanditen, Prostituirte, gewerbsmäßigen Intriganten und Streber – bei uns ist alles eitel Gold was glänzt, und wenn unsere naturalistischen Dichter auch einmal die[125] häßliche Wahrheit künstlerisch gestalten wollen, so müssen sie die Stoffe aus den Fingern saugen oder vom Auslande beziehen! Ja, ja, die Franzosen, und der ihrer würdige Zola, das sind verkommene Subjekte; an der deutschen Heiligkeit im Leben und in der Kunst gemessen, die reine Fratzenhaftigkeit unseres idealen Reinmenschlichen, das wir so unübertrefflich verkörpern ... Und doch hat der Kritiker der ›Neuesten Nachrichten‹ Recht und der Romanzier Zola hat Unrecht. Es kann nicht die Aufgabe der Dichtung sein, die gute Gesellschaft zu beleidigen, und Zola beleidigt sie durch seine Brutalitäten und Geschmacklosigkeiten. Wir ertragen im Leben vieles, was in der künstlerischen Darstellung einfach unerträglich wirkt. Es gibt im Häßlichen und Wahrhaftigen eine Grenze, die nicht überschritten werden darf. Auch in seinen Büchern darf der Schriftsteller den Vertreter der guten Gesellschaft nicht verleugnen ... Zolas fixe Idee ist die Sinnlichkeit. In jedem Menschen sieht er nur die lauernde schmutzige Bestie. Du lieber Himmel, wenn jedermann mit Zolaschem Wahrheits-Fanatismus den Roman seiner sinnlichen Gedanken, Worte und Werke niederschreiben wollte, das würde nicht bloß die gesamte Litteratur, sondern auch das gesamte[126] Leben verpesten. Wäre das schön? Wäre das zweckmäßig? Litteratur und Kunst sind ja gerade dazu auf der Welt, die Sinnlichkeit zu veredeln und geläutertes Vergnügen zu bereiten. Und dann gar erst dieser grundsätzliche Pessimismus: überall nichts als Verworfenheit und Nichtswürdigkeit in der Menschheit! Nein, nein, wir dürfen uns von diesen trübseligen Naturalisten nicht den letzten Rest behaglichen Lebensgenusses vergällen und jede heimliche Freude mit Schmutz anstreichen lassen.«

Plötzlich zuckte wieder der bittere Zug über Drillingers Antlitz.

Knarrend schlug die Thür zurück. Herr Bankier Weiler wälzte sich herein.

»Bitte vielmals um Entschädigung, Herr Baron, wegen der Störung und des langen Wartens. Böse Abwickelungen gegen den Monatsschluß! Und dieses Hundewetter! Bitte Platz zu behalten.«

Herr Weiler warf seinen Überzieher ab und wischte sich die Brillengläser mit den Fingern. Sein kleines, rundes, pfiffiges Gesicht glühte unter dem dichten schwarzen Kraushaar. Er ließ den kurzen wurstartigen Leib in den Armstuhl fallen und schlug die O-Beine übereinander.[127]

Die Nähe des dicken, schwitzenden, eine ganze Wolke von sehr gemischten Ausdünstungen um sich verbreitenden Bankiers, trieb dem Baron wahre Angstschweißtropfen auf die Stirn.

Er zog sein weißes Reserve-Battisttaschentuch mit dem eleganten, von der Freiherrnkrone überschwebten Monogramm in blaugelber Stickerei aus der Tasche – das andere lag noch auf dem Sitze – und strich und fächerte in nervöser Erregung im Gesichte herum.

»Kommen wir rasch zur Sache, Herr Weiler, bitte! Was sollte eigentlich die Depesche? Es ist doch keine Katastrophe in Sicht? Oder habe ich ein großes Los gewonnen?«

»Hat sie Sie erschreckt, bester Herr Baron? Keine Furcht, ich vermute, etwas Gutes für Sie zu haben. Wollte mir die Ehre eines kleinen Plauderstündchens ausbitten zur Erörterung einiger Fragen, die allerdings einer gewissen Dringlichkeit nicht entbehren. War gerade auf dem Telegraphenamt, als mir der Gedanke kam ...«

»Ohne Umschweife, bitte!«

»Sind so pressiert, heute, bester Herr Baron? Oder ein wenig nervös? Dieses Hundewetter!«

»Ich befinde mich allerdings nicht ganz wohl. Ich habe einen schlechten Morgen gehabt.«[128]

»Sehr bedauerlich; genehmigen Sie den Ausdruck meiner tiefsten Teilnahme. Wird doch nichts Ernstliches sein? Am Ende nur kleine Nachwehen einer lustigen Nacht, eines feinen Soupers à deux im Götterwinkel bei Danner oder Arnold?«

In diesem Augenblick trat ein Kunde ins Kontor: ein böhmischer Musikant, der einige Ersparnisse in österreichische Guldenzettel umgewechselt haben wollte. Hinter ihm folgte eine Kundin: eine verschleierte Dame in einen langen Regenmantel geknüpft, der ihre schmächtige, fast elegante Gestalt in scharfen Umrissen herausstellte.

Drillinger schaute auf und verschluckte seinen Unmut. Er fühlte sich abgespannt. Weiler war aufgesprungen und hatte die Dame vom Schalter weg sanft in eine Ecke gedrückt.

»Pardon, meine Gnädige, das besorgen wir eigenhändig. Große Ehre, angenehme Kundschaft –« und dann im Flüsterton, kurz und pikiert, fast zornig: »Sie hätten auch eine anständigere Stunde wählen können – diese auffällige Zudringlichkeit – ich verbitte mir dergleichen für die Zukunft! Also wieviel macht's?«

Die Verschleierte sprach kein Wort, nur ihre Augen blitzten auf den dicken, bebrillten Krauskopf herab. Sie zog mit einiger Umständlichkeit[129] ein Papier aus der Tasche. Weiler schnitt ein böses Gesicht und wackelte ungeduldig mit dem Kopfe; hastig griff er nach dem Papier.

»Natürlich wieder aus Hirschbergs Modebazar,« knirschte der Bankier und überflog die Zifferreihe. »Gepfeffert! Das hätte man auch um die Hälfte haben können. Vierhundert Mark! Unverschämt ...«

Der Bankier ließ die Dame in der Ecke stehen, wälzte sich, ohne seinen Ärger vollständig bemeistern zu können, an den Geldschrank – die Kontorjünglinge duckten sich ganz in die Bücher – nahm einige Noten heraus, wickelte sie in die Rechnung und drückte sie der Verschleierten in die Hand.

»Heute Abend nach dem Theater!« wollte er ihr ins Ohr zischen, kam aber mit seinem Mund kaum bis an ihre Achsel. Dabei wippte er auf den Zehen des rechten Fußes, während er mit dem linken einen anmutigen Halbkreis zu schleifen versuchte. Der Halbkreis kam wohl heraus, aber nicht die Anmut. Herr Weiler lebte auf einem ebenso großen wie täppischen Plattfuße, den der modische absatzlose Schnabelschuh nach Kräften karikierte.

»Also auf Wiedersehen, Gnädige!« sprach er[130] laut, überlaut dann: »Sehr angenehm gewesen, verehrte Frau, ergebenster Diener.«

Mit einem tiefen Bückling öffnete er die Thür.

Lautlos wie sie gekommen, war die verschleierte Kundin hinausgeschritten.

Die Kontorjünglinge erhoben vorsichtig spähend die Köpfe und tauschten über die Bücher hinweg pfiffig lächelnde Blicke.

Kaum war der Chef im Hinterzimmer verschwunden, flüsterte der jüngere dem älteren zu: »Die versteht's. Mit der verplempert sich der alte Schweinehund doch noch. Die hat ihn fest am Bändel.« Allein der ältere war heute sichtlich nicht in übermäßiger Laune moralischer Überhebung über den Brodherrn und gab dem eleganteren, mit hübschen schwarzen Ringellöckchen verzierten Kollegen die Bosheit zurück: »Sie sind freilich schlauer; Sie verplempern sich nicht, Sie machen die Liebe rentabel, Sie spekulieren in Gefühl. Was hat die blonde Bräumeisterin, der Sie dazu noch in Versen Ihre Liebesaktien offeriert, eingebracht?«

»Sie sind ein Lästermaul; Ihnen sag' ich gewiß nichts mehr.«[131]

»Also Herr Baron, was ich sagen wollte – vielleicht Zigarette gefällig?«

»Ich rauche heute nicht, danke.«

Drillinger hatte der Erschlaffung nachgegeben und war tief in die Sofaecke gesunken. Der müde melancholische Zug trat scharf in seinem Gesicht hervor, die eigentümliche Luft und Hantierung der Umgebung wirkten betäubend auf ihn. In solchen Augenblicken bemächtigte sich seines Geistes eine Empfindung träumerischer Wurstigkeit und wahllos ließ er die Eindrücke auf sich wirken, meinte aber doch, der Führung des Gesprächs sich nicht ganz entschlagen zu können.

»Eine miserable Bude hier, Herr Weiler, ich empfinde das heute mehr als je; aber man gewöhnt sich daran, nicht wahr? Nach Grabbe soll man sich sogar an die Hölle gewöhnen.«

»Ich habe nicht das Vergnügen, Herrn Grabbe zu kennen – war er auch von der Finanz? – aber die Ewigkeit ist gewiß eine ausreichende Frist, um selbst der Hölle Reize abzugewinnen. Gewohnheit ist alles. Übrigens sind wir die längste Zeit hier gewesen, Herr Baron.«

»Wie so?«

»Der Plan ist noch nicht ganz reif, steht aber in seinen Grundzügen fest: ich beschreite mit einem«[132]

Konsortium hervorragender Bankleute und Architekten ein neues Feld der Thätigkeit. Bauspekulationen im großen Stil, verehrter Herr Baron! Ich werde mich hart an der Isar ansiedeln. Die Isar ist der Goldstrom für das neue München. Wir müssen uns der Isar bemächtigen, das heißt: ihrer Wasserkräfte, ihrer Ufer und ihrer Inseln. Was für Baugründe, was für Villen-Viertel, was für pompöse Zukunftsstraßen! Nichts spricht deutlicher für die wirtschaftliche Beschränktheit der Altmünchener, als daß sie für ihre Stadt jahrhundertelang nichts aus der Isar zu machen wußten. Das wird jetzt mit einem Schlage anders: zunächst Ausbau der Quaistraße, Regulierung der Prater–, der Feuerwerks- und der Kohlen-Insel und Einbeziehung in den Bebauungsplan; sodann Ausnützung der riesigen Wasserkraft, welche uns das Hochgebirge gratis in ungeheurem Schwall herunterschickt, zur elektrischen Beleuchtung der Stadt. Die Isar wird das Zentrum einer wunderschönen Verjüngung Münchens, hier wird sich die Kunst, der Reichtum, die Aristokratie ansiedeln in pompösen, komfortablen Bauten; außen herum, auf der Ebene ein Gürtel von Fabriken, von großartigen industriellen Etablissements; sodann banen wir eine Isarthalbahn von hier bis an den[133] Fuß der Alpen, damit das Hochgebirge uns sozusagen vor der Thür liegt ...«

»Herr Weiler, Sie rhapsodieren Finanz-Romantik. Amüsant, Ihr Isar-Ausbeutungsplan. Ich habe gar nicht gewußt, daß Sie zu Zeiten auch phantasieren.«

»Nein, ich rechne, Herr Baron, nichts weiter.«

»Lassen Sie der alten, rauschenden Isar ihre einsame Wildheit, ihre Poesie – Sie nimmersatter Geldmensch! Diese neuen Bauprojekte sind von einer ausgemachten, infamen Häßlichkeit und ihre Rentabilität immerhin fraglich.«

»Warten Sie einmal gefälligst, bis ich mein neues Zentral-Bankhaus mit höchst moderner Barockeinrichtung an der Ecke der neuen Quai- und Zweibrückenstraße erbaut und die Baracken der Wasserstraße für den Abbruch erworben habe. Es gibt nur ein Interesse in der Welt, das wirtschaftliche; alles übrige ist Garnitur. Merkwürdig, Herr Baron, Sie sind trotz Ihrer großen, vornehmen Bildung und Ihrer Lebenserfahrung – erlauben Sie das harte Wort – ein antiker Mensch ...«

»Sie wollen sagen ein antiquierter Mensch, ein veraltetes Möbel ... Reichen Sie mir eine Zigarette für das Kompliment.«[134]

»Bitte, hier! Sie irren, geschätzter Herr Baron; ich meinte, Ihre Anschauung hat etwas Antikes insofern, als Sie sich heldenhaft gegen Dinge wehren, deren Unabwendbarkeit Sie zwar einsehen, aber nicht zugeben wollen. Der moderne, der wirklich moderne Mensch hingegen antizipiert das Unabwendbare, das uns von der Zukunft – ich finde das Wort nicht, den Satz zu vollenden, verstehen Sie mich? Diese Umwälzung in allein, diese ... diese ...«

»Ja, ich verstehe Sie, scheußliches Finanzgenie, schon ehe Sie den Mund öffnen. Haben Sie mir darum depeschiert, um mir hier in diesem Räuberloch zu singen und zu sagen von der Märchenwelt, welche sich der Kapitalismus aus den Ruinen der verwüsteten Natur, der vergewaltigten Schönheit der Isar und der Einfachheit des ländlichen Vorstadt-Lebens hervorzuzaubern gedenkt?«

»Nein, nicht darum!« rief Weiler und brach in ein breites Lachen aus, während seine Augen mit unverhehlter kritischer Überlegenheit über den Baron in der Sofaecke hinstreiften, der mit seiner weichen, müden Stimme so komisch-pathetische Anläufe nahm ... »Nein, nicht darum, Herr Baron. Sie sind ein Edelmann und ich ein Erwerbsmann,[135] wir haben von Jugend auf in grundverschiedenen Büchern buchstabieren gelernt, und so liest auch jeder aus dem Buche des Lebens grundverschiedene Dinge heraus. Sie träumen noch von geistigen Interessen, um die sich hellte im Grunde keilt Mensch kümmert, diejenigen am wenigsten, die sie offiziell zu vertreten berufen sind. Die Erfahrung hat Sie leider noch nicht gewitzigt; Sie lassen sich von der konventionellen Maske immer noch verführen. Ich nicht. Wir werden uns in gewissen Fragen niemals verstehen, fürchte ich.«

»Ist schließlich auch gar nicht nötig,« bemerkte der Baron leise, mit gereiztem Accent. Dann laut: »Lieber Herr Weiler, wir verschwatzen die Zeit und Zeit ist Geld – für Sie, nicht für mich, leider! – Sie müssen heute schon rasend gute Geschäfte gemacht haben, wenn Sie jetzt so verschwenderisch sein dürfen. Und Verschwendung ist hoch sonst Ihre Sache nicht!«

»Sie scherzen, Herr Baron; die Bank-Geschäfte gehen momentan schlecht – man muß zwar viel arbeiten, aber der Nutzen ist gering.«

»Ich würde mich z.B. mit Ihrem geringen Nutzen gern begnügen, wenn ich heute einen passenden Platz unter Euch Erwerbsleuten fände ... Das wissen Sie aus unserem seitherigen Verkehr,[136] daß ich der Not des Lebens Konzessionen zu machen verstehe. Ich habe Ihnen meine und meiner Wirtschafterin Gelder anvertraut; Sie haben mir gewisse Spekulationen erleichtert und aus alter Freundlichkeit manchen kleinen Vorteil verschafft. Dafür bin ich Ihnen verbunden, meine sonstigen Ideen und Meinungen werden davon nicht berührt. Die Pflege Praktischer Beziehungen wird doch durch keine Philosophie beeinträchtigt, nicht wahr? Offengestanden, ich habe alle Hochachtung vor geregeltem Erwerb aus eigener Kraft ...«

Mit einem: »Verzeihung, meine Herren, wenn ich störe, aber ich ... pardon, messieurs!« wurde die Unterhaltung von einem unangemeldet hereinfliegenden Menschen, offenbar Kommis-Voyageur, plötzlich unterbrochen.

Schon an der Außenthür hatte er die Kontorjünglinge angeschrieen: »Herr Weiler ist doch da?« mit dem einen Fuß noch auf dem Wagentritt. Die Droschke hielt hart am schmalen Trottoir. Die vorübergehenden Arbeiter fluchten, sich vorbeizwängen zu müssen.

Es war ein vieux beau, eine Figur, wie aus dem Grévinschen »Journal amusant« geschnitten, mittelgroß, hager, in einen hellbraunen Sackanzug[137] gekleidet, darüber einen eleganten, frêmefarbigen Überrock, aufgeknöpft, zurückgeschlagen, damit das fein abgesteppte blaue Seidenfutter herauskokettieren konnte, und das Beinkleid über den Schnabelschuhen bis an die Knöchel aufgekrempelt, so daß noch ein roter Streifen vom Strumpf sichtbar wurde. Die dünnen, graumelierten Haare, in der Mitte gescheitelt und glänzend glatt gestrichen, bedeckten die halbe Stirn: auf der langen, schlanken Nase saß ein Binocle, das den flimmerigen Glanz der dunkeln, tiefliegenden Augen durch Spiegelung erhöhen half. Zwei schmale Streifchen Backenbart, schwarz gefärbt, wie das keck aufgezwirbelte Schnurrbärtchen, ein kreideweißer Stehkragen und eine grellrote Kravatte vollendeten den Eindruck geckenhaft-liebevollster Pflege der äußersten Modejournal-Schönheit.

Die Herren hatten sich vor dem Ankömmling erhoben. Weiler stellte halbfranzösisch vor: »Monsieur le Baron de Drillinger, Monsieur Paillard aus Paris, Repräsentant des Hauses Trippier und Kompagnie in Bordeaux und Paris, mein alter Geschäftsfreund.«

»Ah!« machte der Franzose. Drillinger verneigte sich stumm, ärgerlich über die Störung. Der Bankier schob hastig seinen Stuhl dein Franzosen[138] hin. Da keiner sich zuerst setzen wollte, zog jedermann vor, im Wettstreite der Höflichkeit einstweilen stehen zu bleiben.

Der Franzose schwatzte fast ohne Unterbrechung: »Bin nur gekommen, Monsieur Weiler, wegen Rendez-vous heute Abend. Superbe Geschäfte gemacht, auch mit Ihrem Konkurrenten da unten an der Isar, in der Quaistraße; große Bestellung in Kognak – hat sich sogar angeboten, Vertretung unseres Hauses zu übernehmen; ja, Monsieur Raßler scheint ein Mann von Welt, hat da magnifikes Haus, splendide Einrichtung, herrliches Weib ...«

Bei dem Namen Raßler fuhr ein schielender Blick über Weilers Brille blitzartig zu Drillinger hinüber.

Drillinger verzog zwar keine Miene, aber seine Hand fühlte unwillkürlich nach dem Brief in der Brusttasche. Zum erstenmale hatte der Name Raßler im fremden Munde für sein Ohr einen unangenehmen Klang und bei der Erwähnung des Weibes fühlte er etwas wie einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Der näselnde Klang des französisch ausgesprochenen Raßläär summte ihm jetzt während der ganzen Unterredung durch den Kopf. Raßläär ... Raßläär ...[139]

»In der That, bedeutende Bestellungen, hauptsächlich in fine Champagne. Ach, München, die Stadt des Bieres, fängt an, sich zu entwickeln, es gewinnt Geschmack an den großen Weinen und Likören Frankreichs ... Also wegen heute Abend, nach dem Theater etwa, Monsieur Weiler ...«

»Das trifft sich unglücklich, Monsieur Paillard; ich bin gerade heute Abend durch dringende Geschäfte abgehalten.«

»Sehr bedauerlich; ich hätte für Amüsement gesorgt. Den ganzen Tag in Arbeit, freute ich mich doppelt auf Ihre angenehme Gesellschaft. Es geht wirklich nicht?«

»Wirklich nicht.«

»Das ist hart. Ah, Monsieur le Baron, es ist schwierig, sich in München zu amüsieren, wenn die besten Freunde ausschlagen. Was soll ich denn ganz allein anfangen? Ins Theater gehen? Gut, ich gehe ins Theater. In welches? Die Wahl ist nicht groß: ich gehe ins Gärtnertheater. Lauter bekannte, alte Gesichter – das reine Konservatorium. Schadet nichts, ich gehe jedesmal hin. Ich ärgere mich zwar, aber das macht nichts. Hernach, wenn das Theater aus ist, von 9 bis 12 Uhr, bis Nachmitternacht – was fangen wir da an in München? Das ist das große Problem[140] für jeden Fremden und zumal für einen Pariser, für einen Boulevardier! Nun hatte ich gerade für heute Abend ein reizendes Programm ersonnen – mein Geheimnis! Und Sie lassen mich im Stich, Herr Weiler? Das ist sehr garstig, gar nicht freundschaftlich.«

»Geschäfte, nichts als Geschäfte, Monsieur Paillard,« entgegnete Weiler und sah sich nach seinem Stuhle um. Der Franzose hatte ihn mit Hut und Überrock belegt.

»Geschäfte, nichts als Geschäfte!« imitierte der Weinreisende und streifte einen Handschuh ab. Er ließ sich auf dem Sofa nieder. »Die Herren gestatten, ich bin ein wenig müde. Geschäfte! Machen wir vielleicht auch ein Geschäft, Herr Baron? Ach, das wäre prächtig. Mein Haus, Trippier und Kompagnie – erlauben Sie, daß ich Ihnen unsere Karte überreiche – würde es als große Ehre empfinden, Sie zu unsern geschätzten Klienten zu zählen. Wir haben die ersten Namen von ganz München ... alle berühmten Künstler; ich komme soeben von ... von, wie heißt er nur gleich, der die wunderschöne Villa da drüben über der Isar hat, neben dem Maximilianeum ... der die lustigen Bilder malt, wo immer getrunken wird ...«[141]

»Grützner meinen Sie?«

»Jawohl, Grützner. Der wird jetzt noch viel lustiger malen, wenn er unsern Kognak dazu trinkt. Das lockt Sie gewiß, Herr Baron, wenigstens eine Probe von unserm Kognak zu nehmen?«

Raßläär ... Raßläär ... herrliches Weib ... Raßläär ... summte es in Drillingers Kopf.

Baron Drillinger lächelte mit einer nervösen Grimasse, indem er den linken Augendeckel zuklappte, und schüttelte den Kopf.

»Unser Produkt ist auf dem ganzen Weltall bekannt. Nicht wahr, Herr Weiler? In Kanada, Indien, Australien, Amerika, Marokko und anderen Erdteilen. Wenn ein Amerikaner oder Australier zwei Worte französisch kennt, sind es diese: Paris und Kognak, kennt er nur eines, so ist es sicher Kognak. Die Ausdehnung unseres Exportes ist erstaunlich. Sehen Sie aber auch einmal diese Preisliste!«

Damit überreichte der beredte modische Weinreisende eine zierlich ausgestattete Karte von Velinpapier. Die kleine Redepause während der Kartenüberreichung wollte der Bankier Weiler, dem ordentlich der Bauch weh that, so lange nicht[142] zu Wort zu kommen, erhaschen, um schnell auch ein Sprüchlein einzuschalten.

Allem er vermochte kaum die braunroten wulstigen Lippen zu einem: »Stimmt, Herr Baron,« zu öffnen, als der Franzose schon wieder weiter schnarrte:

»Unser Haus hat in den berühmtesten Lagen, in Kognak, Agnac-Champagne, Château-Bernard, Saint-Preuil, Segonzac u.s.w., hervorragende Besitzungen. Ach, Herr Baron, Sie sind gewiß Feinschmecker und für das flüssige Gold unseres Nektars begeistert wie ein Brillat-Savarin. Ich fühle mich unfähig, die Güte unseres Produktes nach Gebühr zu preisen. Da gehörte ein Poet dazu. Cela est matière de bréviaire, wie Bruder Jean des Entameurs sagen würde. Sehen Sie sich einmal diese Preisliste an! Da findet sich das Vorzüglichste für alle Börsen, auch für die bescheidenen. Darf ich Ihnen wenigstens eine kleine Probesendung fine Champagne zusammenstellen? Ich biete Ihnen jede Garantie für Echtheit ...«

»Es ist mir in der That unmöglich, von Ihrer Liebenswürdigkeit Gebrauch zu machen.«

»Das Glück verläßt mich. Der Herr Baron lehnt das Geschäft ab, der Herr Bankier, mein[143] alter Freund, lehnt das Vergnügen ab. München steht noch nicht auf voller Höhe, man sage was man will. Erst wenn es dem Zauber des Weinlandes par excellence, wenn es der Seele Frankreichs sozusagen, willfährig sich hingibt, wird es eine wahrhaft geistreiche, künstlerische und poetische Stadt werden. Habe ich Unrecht?«

Die Herren lachten. Im Kontor ächzten die Schreibböcke.

»Nein, antworten Sie, Messieurs, habe ich Unrecht? O Herr Baron, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber wie ich Sie hier vor mir sehe, hat Sie die gütige Natur nicht für das Bier und seine schläfrigen Freuden bestimmt. Aus Ihren Augen sprüht eine edlere Flamme ... Gewiß opfern Sie nicht auf dem Altar des Bierfasses und Ihr Vaterland ist nicht das Hofbräuhaus ... Besonders unser weißer Bordeaux würde Ihren vornehmen Neigungen behagen ...«

»Verdammter Schwätzer von einem ranzigen Franzosen,« dachte Drillinger – und »Raßläär, Raßläär« summte es in seinem Kopfe.

»Aber, hochverehrter Freund,« fuhr jetzt Weiler entschieden auf, legte die fetten Hände gefaltet auf den Bauch und betrachtete mit wiegendem Kopfe die Spitzen seiner Schnabelschuhe: »man[144] kann doch niemand die Befriedigung einer Neigung aufzwingen. Im Geschäft ist's nicht wie in der Politik, wo man die herrlichen Wohlthaten von oben gar oft hinnehmen muß, auch wenn man nicht die mindeste Lust dazu verspürt. Der Herr Baron hat einen gut assortierten Weinkeller. Hier muß sich Ihre Geschäfts-Politik aufs Abwarten verlegen, wenn Sie einen neuen Kunden gewinnen wollen. Der französische Elan wirkt nicht mehr überall Wunder, wie Sie sehen.«

»Also warten wir ab,« sagte der Franzose mit plötzlich verändertem, kühlerem Tone und griff nach Hut und Überrock. »Warten wir ab. Vielleicht entschließen Sie sich doch noch, mon cher Weiler, für heute Abend. Nachrichten finden mich bis drei Uhr im Hotel Max Emanuel. Au revoir, messieurs!«

An der Thür wandte er sich noch einmal um. »Darf ich mir für später Ihre werte Adresse notieren, Herr Baron?«

»Die können Sie stets bei mir erfragen,« antwortete Weiler und winkte mit der Hand abschiedgrüßend.'

»Bon.«

Weiler schlug eine unbändige Lache auf, als der Reisende verschwunden war.[145]

»Der widerwärtige Schwätzer. Ich bin halb tot,« stöhnte Drillinger und fiel wie vernichtet in die Sofaecke.

»Nicht wahr, der versteht sein Metier? Das ist ein Mann der Zeit, unverschämt bis zum Exzeß, zudringlich wie eine Wanze, aber in höflicher Form, wie Sie nicht leugnen werden.«

»Der echte Franzose, jeder Zoll ein Blagueur.«

»Hat sich was mit der Echtheit! Ein Landsmann vom seligen Jakob Offenbach, ein Kölner Jud,« rief Weiler und durchwackelte mit vergnügten Schritten den kleinen Raum. »Dieser Monsieur Paillard heißt eigentlich Strohsack; ursprünglich war er zum Rabbiner bestimmt, dann wurde er Zeitungsschreiber, dann Theaterdirektor – was weiß ich, was noch alles! – und jetzt ist er Reisender der französischen Weltfirma Trippier und Kompagnie.«

»So, so. Darum auch das gewandte Deutsch in der affektiert radebrechenden Aussprache. Übrigens: Sie haben wirklich interessante Geschäftsfreunde, Herr Weiler, das muß ich sagen.«

»Nun, war das nicht etwa eine lustige Szene, die er hier aufführte? Das Vergnügen ist doch auch was wert!«[146]

»Ich danke.«

»Schätzen Sie eine Gratis-Komödie so gering in dieser verteufelt ernsthaften Zeit, wo der Glücklichste leicht das Lachen verlernt?«

»Mit Unterschied. Dieser Gratis-Komödiant scheint mir ein unverschämter Gauner.«

»Gut, dann nehmen Sie die Komödie für eine lehrreiche Lektion. Ich sage Ihnen, dieser Mann mit seiner Aufdringlichkeit und Beharrlichkeit hat den rechten Weg gefunden. Er kennt die Menschen und hat ein festes System, sie zu behandeln. Es fallen mehr darauf herein, als Sie glauben. Der kluge Raßler z.B. mit seinem herrlichen Weib ...«

»Hören Sie auf mit Raßler. Das ist ein ...«

Ein Zwinkern unter Weilers Brille, und Drillinger unterdrückte das Wort, um ablenkend fortzufahren: »Warum haben Sie denn das lustige Stelldichein für heute Abend ausgeschlagen?«

Und Weiler fuhr brutal heraus mit bewußter Selbstgefälligkeit, nachdem er sich in sein großes rotes Foulard geschneuzt und mit dem Fuß die Thür ins Kontor zugestoßen hatte: »Unter uns, Herr Baron, weil ich diesmal das Glück in der Liebe dem Unglück im Spiel vorziehe. Paillard ist ein leidenschaftlicher Spieler ...«[147]

»Immer schöner, dieser praktische Idealmensch der Zeit.«

»Bah, wenn es ihm einmal gelungen, mir das Portemonnaie zu erleichtern, so hat er mir's durch andere Gefälligkeiten wieder wett gemacht.«

»So, so.«

»Aber das ist mein Geschäftsgeheimnis, gestrenger Sittenrichter.«

»Agropos, Geschäftsgeheimnis – alle Wetter, Sie haben mich wohl mit der Depesche genarrt? Kommen wir doch endlich zu unserem Geschäftsgeheimnis!«

Das klang auffällig scharf und bestimmt. Drillinger hatte sich schlank aufgerichtet.

»Bitte, noch einen Augenblick Platz zu behalten; ich muß etwas in den Büchern nachsehen, lieber Herr Baron. Ich werde Ihnen unser Geheimnis sofort entschleiern.« Weiler ging ins Kontor und kramte in Büchern und Papieren.

Drillinger war an das Fenster getreten und wischte mit dem Zeigefinger ein Guckloch in die beschlagenen Scheiben. Schnee und Regen gingen noch durcheinander, die Luft hatte einen schweren, bleiernen Ton, die Häuser trieften, die Straße war ein grauer, klebriger Brei mit Pfützen und Tümpeln, worin Schneeflocken und Regentropfen[148] verrieselten. Die Vorübergehenden waren hoch herauf mit Kot bespritzt: Marktleute mit Körben und Säcken bepackt, Soldaten, Köchinnen, Zeitungsausträger, Lohndiener. Und alle hatten den nämlichen verdrossenen Zug im Gesicht. Nur ein barhäuptiger, krummbeiniger Schusterjunge mit halbnackten schmutzigen Annen patschte vergnügt durch den Dreck, ließ sich den Regen ins Gesicht schlagen und pfiff in den höchsten Tönen seine Liedel durcheinander vom himmelblauen See, vom alten Peter und der Münchener Gemütlichkeit, die unerschütterlich »so lang die alte Isar durch d' Münchnerstadt noch geht«

Dem Schusterjungen begegnete ein Metzgerjunge und machte ihm eine Fratze. Sofort schwang der Schusterjunge seine Stiefel und stellte sich gefechtbereit – der andere wandte ihm den Rücken und trat seitwärts, um sich scheinbar in den illustrierten brennend roten Maueranschlag einer Kirchenbaulotterie zu vertiefen und, dem davontrollenden gefoppten Fußbekleidungskünstler nachschielend, den neuesten »Meistergesang« vor sich hinzubrummen:


Lehrbua bin i' g'wesen,

Kreuzsapperlot!

Prügelt hab'n mi' d' G'sell'n

Und der Moaster halb tot![149]


G'sell bin i' word'n!

Potzelement!

Prügelt hab' i' d' Lehrbuab'n

Mit Füß' und mit Händ'.


Jetzt bin i' Moaster,

Sternsakradi!

I' prügel d' Lehrbuab'n,

Mei' Weib prügelt mi'!


Drillinger setzte sich auf den Fenstersims und gähnte ärgerlich in die hohle Hand. Welt und Menschheit waren heute wirklich nicht dazu angethan, seiner flauen Stimmung aufzuhelfen.

Er blickte gleichgültig durch die Scheiben; der Metzgerjunge schien noch immer in das Studium der Plakat-Litteratur vertieft. Die Mauerwand war mit bunten Zetteln, roten, gelben, grünen, blauen, oft in Riesengröße und mit fußhohen Buchstaben bedruckten, hoch hinauf und der ganzen Breite nach bedeckt. Es war eine wüste, kreischende Kakaphonie der Reklame, wie sie die Gegenwart immer frecher ausbildet. Was wurde da nicht alles um die Wette annonciert! Konzerte, Bälle, Wurstwaren, Kirchenbaulotterien, Schuhfabrikate, Zwerg-Ausstellung, Gemälde-Auktion, Einberufung der Ersatzmannschaften, Staatsanleihen, Rudersport, Bycicle-Klub, Vegetarianismus, Tanzunterricht, Ausverkauf, Zwangsversteigerung, Abzahlungs-Geschäft,[150] Verein für deutsche Interessen im Auslande, Dampfschiffahrt auf dem Starnberger See, Münchener Kindl-Brauerei, Viehmarkt, Pferderennen. Orpheum, Westendhalle, Kils Kolosseum, Mähmaschinen, Zirkus, Kirchweihe, Schuhmacher-Innung, Militärmusik, Kinderbewahranstalt, Ve teranen-Verein, Schlachtviehhof-Eröffnung, Bayerischer Kurier, ungespundetes Klosterbier, Vereinsbank, Panorama Kreuzigung Christi, Komikergesellschaft Geis, Heilige Erzbruderschaft, Madame Dava, Knabenhort: – ein schauderhafter italienischer Salat moderner Kulturbestrebungen, Geistliches und Weltliches gemischt, Gott und Teufel darüber, darunter, in Fetzen, Lärm, Lärm, Lärm, Spektakel, Spektakel, Spektakel – Pfui Kukuk!

Über der Plakatwand, in einer verstaubten Nische des ersten Stockes, zwischen zwei schmutzigen Fenstern mit zerrissenen Vorhängen, trauerte eine Madonnastatuette mit dem Welterlöser auf dem Arme. Der Gottesmutter war die halbe Krone vom Haupt gefallen, in die andere Hälfte hatten. Sperlinge ein Nest gebaut, Nase, Brust und Schultern waren mit ganzen Schichten von weißem Vogeldreck bedeckt; dem Welterlöser war die Hand abgebrochen. Nur die Kugel war noch ganz und die giftig sich windende Schlange, worauf die[151] Madonna stand. Vor der Nische hing an einem verbogenen Eisenstab eine verrostete Laterne mit zerbrochenen Scheiben schief herab.

Weiler hat Recht, wiederholte sich Drillinger in Gedanken, die wirtschaftlichen Interessen, das heißt der Geldsack, beherrschen heutzutage die ganze Gesellschaft vom Höchsten bis zum Geringsten. Kaiser und Könige verzweifeln, wenn sie keinen Ausweg aus finanziellen Verlegenheiten finden. Talent, Bravheit – wenn sie nichts im Beutel haben oder nichts in den Beutel bringen, kein Mensch achtet ihrer! Frömmigkeit, Patriotismus, Ultramontanismus, Freisinn, Konservatismus, Freihandel, Schutzzoll, sie alle fragen sich: was bringt's ein; Gelehrsamkeit, Kunst, Humanismus, sie ziehen am Jahresschluß die Bilanz und gleichen ihr Gewinn- und Verlustkonto und machen eine saure Miene, wenn nicht genug Geld im Kasten klingt. Einer will's dein andern im Erwerb, in der Bereicherung zuvorthun.

Das ist heute die Strömung, eine schweinemäßige, stinkige Strömung, allein sie hat fortreißende Gewalt und kennt kein Hindernis. Lange steht der Weise am Ufer und sieht dem ekelhaften Tumult mit Bedauern und Verachtung zu; da klopft die Not, die Sorge für Weib und Kind[152] auf seine Schultern: Heda, Brüderchen, halt' die Nase zu und hinein und mitgeschwommen! Die Unschuld steht am Ufer und zittert am ganzen schwanenweißen Leib, wenn sie auf den tosenden Schmutz blickt; da übermannt sie die Angst ihrer Verlassenheit, die Sinne schwinden ihr, sie drückt die Augen zu und läßt sich in den Strudel fallen: Schwestern, Erbarmung, ich muß auch mit! ...

Der Bankier war mit einem Päckchen Papieren, Rechnungen, Depeschen zurückgekommen.

Drillinger blieb auf dem Fenstersims sitzen: »Ich bin ganz Ohr, Herr Weiler, und auf alles gefaßt.«

Weilers Stimme klang etwas belegt: »Soll ich Sie erst mit Lachgas narkotisieren, bevor ich zur Operation schreite, Ihnen noch einige Illusionen wie hohle Zähne auszuziehen?«

»Danke, was ich heute erlebt und gedacht, hat mich hinlänglich narkotisiert.«

»Umsobesser. Sie wissen, Herr Baron, daß ich seither keine Mühe gescheut habe und, wenn Sie mir, wie ich hoffe, auch in Zukunft Ihr gütiges Vertrauen bewahren, niemals scheuen werde, Ihre Vermögens-Interessen nicht dem blinden Zufall zu überlassen. Nicht immer waren meine Bemühungen mit Erfolg gekrönt, denn Sie[153] haben mir oft ins Handwerk gepfuscht und die Spekulations-Chancen nicht nach meinen Ratschlägen ausgenützt. Verzeihung! Sie teilen diesen Eigensinn mit allen Spekulations-Dilettanten. Ich will Ihnen eine allgemeine Beobachtung mitteilen. Erfahrene Börsianer haben sich immer die Köpfe darüber zerbrochen, mit welcher Hartnäckigkeit die Spekulation an den einmal ausgewählten Schoßkindern ihrer Laune festhält und wie schwer es ist, neue Devisen im Kreise der Spekulations-Dilettanten einzubürgern.«

»Spekulations-Dilettanten ist gut.«

»Danke. Ein Beispiel: Der Spekulationsverkehr der deutsch-österreichischen Börsen hat noch kein Papier kennen gelernt, das auch nur entfernt ähnliche Beachtung und Liebe gefunden hätte, wie das berüchtigte Kleeblatt: Kredit, Franzosen – oder Staatsbahn – und Lombarden.«

»Mir scheint doch, daß diese Effekten in den letzten Jahren erheblich an Beliebtheit verloren haben.«

»Bei Ihnen, Herr Baron, weil Sie sich einigemale damit in den Finger geschnitten haben. Entgegen meiner Warnung natürlich! Ich will nur konstatieren, daß die verschiedensten Bemühungen es nicht fertig gebracht haben, andere spekulative[154] Devisen in annähernd gleichem Grade in die Gunst des Publikums einzuschmeicheln.«

»Zum Beispiel die Diskonto-Kommandit-Anteile des Liebermannschen Instituts. Angenehme Schmeichelei! Auf Ihr Zureden ließ ich diese hübschen Papierchen sich so lange in meiner Kasse einbürgern und einschmeicheln, bis ich für diese zarte Rücksicht ganz ordentlich Haare lassen mußte. Das war eine unglückliche Liebe, Herr Weiler, und dafür haben Sie keinen Kuppelpelz verdient.«

»Das verstehen Sie wieder einmal nicht. Das war ein ganz besonderer Fall. Übrigens ist's denn der Rede wert, was ich an Ihnen verdiene? Handle ich nicht aus Freundschaft mit Ihnen? Hat nicht schon mein Vater die Geschäfte Ihres seligen Herrn besorgt zu seiner größten Zufriedenheit?«

Herr Weiler fühlte das Bedürfnis einer Kunstpause und schneuzte sich wieder anmutigst in sein großes rotes Foulard, indem er dasselbe mit beiden Händen faßte und die Nase zwischen die Daumen klemmte. Ein Tropfen Unrat blieb im Barte hängen.

»Warten wir's ab, Herr Baron, die Spekulation in Diskonto-Kommandit wird sich noch mächtig entwickeln.«[155]

»Jawohl, wenn ich so weit abgewickelt habe, daß überhaupt nichts mehr zu wickeln ist.« Drillinger mußte immer auf den Tropfen Unrat im Barte des Bankiers blicken.

»Nun haben Sie einen Narren an den Russen gefressen – erlauben Sie das harte Wort, Herr Baron, und sich stark mit dem russischen Staatskredit liiert. Hier wäre ein gesunder Pessimismus am Platz gewesen. Ich war Ihnen zu Willen – und nun berechnen Sie selbst, was Ihnen meine Willfährigkeit und Nachgiebigkeit kostet. Hier die neuesten Depeschen der Berliner und Frankfurter Kurse.«

»Machen Sie mir gefälligst die Rechnung,« antwortete Drillinger kalt, nachdem er die dargereichten Depeschen müden Blicks überflogen. »Also wieder Verluste über Verluste.« Und in Gedanken setzte er hinzu: »Er ist doch ein dummer Schmutzian.«

»Mein Gott, nur nicht gleich diese schroffe Auffassung. Sie haben noch ausreichende Deckungsmittel.«

»So? Hab' ich die noch? Das ist ja ein großer Trost, daß ich noch nicht vollständig auf dem Trockenen bin!«

Wie ein Blitz zuckte ein Bild durch seine[156] Seele: das elterliche Häuschen im Garten vor den Isarauen. Zerstoben ... Der Spielteufel ... Die unseligen Erwerbsexperimente ... Wohin er griff, Pech ... In einem Moment flogen alle Enttäuschungen seines Lebens wieder an ihm vorüber ... Vorüber! Es rauschte und sauste in seinen Ohren.

»Und dann vom Depot Ihrer Wirtschafterin steht auch noch ein erklecklicher Teil unerschüttert da.«

Der Bankier räusperte sich, spuckte in einen Zipfel des Taschentuchs und spitzte dann den Mund, als wollte er pfeifen ...

»Unerschüttert!« Drillingers Stimme stockte; er mußte nach Atem ringen. Dann begann er schwer, fast flüsternd: »Sie sind ein Sprachvirtuos, Herr Weiler. Für einen Finanzvirtuosen traue ich Sie nicht mehr zu halten, was meine Interessen angeht. Das Depot meiner Wirtschafterin muß wieder in seiner Ganzheit hergestellt werden, verstehen Sie?«

Die letzten Worte klangen wie der Schrei eines verwundeten Tieres.

»Ich verstehe sehr gut. Sprechen Sie doch nicht so laut. Aber die gewünschte Herstellung wird sich in diesem Augenblicke bei den obwaltenden[157] Verhältnissen schwer machen. Da müssen Sie sich schon ein wenig Zeit lassen und inzwischen sehr glücklich arbeiten, verehrter Herr Baron!«

»Bester Herr Weiler, versetzen Sie sich doch in meine Lage, ich beschwüre Sie! Ich muß wieder frei und unabhängig werden. Eine ganze große Lebenshoffnung gründet sich darauf: geordnete Finanzen zu haben und niemandes Portemonnaie verpflichtet zu sein. Sie haben ja im Grunde unbestreitbar recht: die wirtschaftlichen Fragen beherrschen alles. Die Lebenslinie bewegt sich aufwärts mit der Kraft des Wohlstandes. Jede Energie erlahmt und versumpft, wenn ... wenn ... Begreifen Sie mich?«

»Kein Mensch begreift Sie besser, als ich, nicht einmal Sie selbst, sonst würden Sie aus dem momentanen Mißgeschick neue Chancen ziehen.«

»Ach, wie Sie wieder orakeln.« Drillingers Stimme wurde bebend und nervös heiser.

»Ich orakle nicht. Ich denke und rechne für Sie. Sie sind im Augenblick überlastet. Wenn wir das Depot heranzögen, wäre die Rechnung glatt. Das wollen Sie nicht – ich ehre Ihre Feinfühligkeit, obwohl ich sie übertrieben finde.[158] Versuchen wir das Glück aufs neue. Ich erweitere Ihnen gern den Kredit. Wie gesagt: ein erklecklicher Teil jenes Depots ist noch intakt.«

»Wie viel?«

»Etwas über fünfzehn tausend Mark, ich weiß es nicht auf den Pfennig. Das genügt zur einstweiligen Deckung im schlimmsten Fall. Hat Ihr alter Schutzgeist keine weitere Erbschaft mehr in Sicht? Das wär' eine angenehme Überraschung für Ultimo.«

»Schämen Sie sich.«

Der Unratstropfen baumelte an einem grauen Haar. Drillinger fand den Anblick scheußlich; er mußte immer hinsehen.

»Wie Sie befehlen. Lassen wir die Alten und denken einmal an die Jungen. Ganz offen, Herr Baron: Sie nützen Ihre Situation nicht aus; Sie haben gute Beziehungen zu meinem sogenannten Konkurrenten in der Quaistraße. Ich nenne keinen Namen, seien Sie ganz ruhig. Der Mann hat mir einmal schwer geschadet. Ich trage ihm nichts nach, ich suche ihn sogar für mich zu gewinnen. Da könnten Sie mir einen famosen Freundschaftsdienst thun.«

»Als Vermittler.« Und dann für sich: »Dieses Schwein.«[159]

»Jawohl, so ungefähr. Als Vermittler – warum sagen Sie das so höhnend und bitter? Als Vermittler und zwar auf einem für Sie ganz bequemen Umweg. Sie verstehen mich, nicht wahr? Mein Gott, was ist daran! Er ist doch nur eine Puppe in der Hand seiner Frau, und seine Frau ist eine Puppe in Ihrer Hand. Brausen Sie doch nicht gleich so auf! Verpflichten Sie mich lieber, damit ich gebunden vor Ihnen stehe: helfen Sie mir das Geschäft einfädeln – und wenn wir Gold gesponnen, sollen Sie wahrhaftig nicht zu kurz kommen. Sobald das Isarbebauungsprojekt feste Gestalt gewonnen, erinnere ich mich Ihrer; Ihr vornehmer Name wird mit Glanz im Verwaltungsrat figurieren. Lassen Sie mich nur machen. Das nächste Geschäft aber ist so beschaffen: Sie machen mir Raßler geneigt, bannt er mir die Hand zu folgendem Unternehmen reicht ...«

»Herrgott noch einmal, muß das alles heute abgemacht sein? Mir ist ganz übel; mir brummt der Kopf ...«

»Mir auch. Umso frischer vorwärts. Im heißen Eifer geht's am besten. Raßler hat heidenmäßig viel Geld und weiß wenig Gescheidtes damit anzufangen. Dazu soll er neulich wieder[160] ganze Strümpfe und Säcke voll alter Gulden und Kronenthaler von einer ländlichen Vase geerbt haben ... Wir aber haben die neuesten lukrativsten Ideen. Was ist vernünftiger, als daß wir unsere Ideen mit seinem Geld zu associeren suchen? Ganz unter uns: Raßler ist ein ... Pardon! Bleiben wir bei der Sache. Ich kürze ab, um Sie nicht zu ermüden. Sehen Sie diesen Brief, den ich gestern Abend erhalten. Ein österreichischer Geschäftsfreund bietet mir die Nennowitzer Brauerei an; in ein, zwei Jahren könnte man sie einer Aktiengesellschaft mit riesigem Gewinn anhängen ...«

»Wollen Sie mir ein Märchen erzählen? Um eine Brauerei zu haben, braucht man doch nicht von München nach Österreich abzuschweifen?«

»Erst recht! Merken Sie denn den Witz nicht: der einheimischen Produktion vom Auslande her energisch und systematisch Konkurrenz zu machen, bis wir die Aktien der hiesigen Brauereien so weit gedrückt, daß sie uns zugänglich werden?«

»Das ist wahrhaftig noch patriotischer, als Ihr Isarverwüstungsplan! Aber es verspricht Profit und Profit macht gut' Gewissen ... Also vorwärts ...«

»Verehrtester Herr Baron, in meinem Katechismus[161] steht nichts davon, daß die Spekulation die Verpflichtung zum Patriotismus habe. Das Kapital ist nicht patriotisch getauft. Kurz und gut: Die Nennowitzer Brauerei ist mir unter der Hand angeboten – schaffen Sie mir den Raßler, und ich habe sie. Gelingt Ihnen dies, mache ich heute noch einen Strich durch Ihr Schuldbuch und erhebe Sie zum Verwaltungsrat.«

Weiler schnaufte kräftig auf und streckte dem Baron die Hand hin.

Drillinger stand mit verschränkten Armen da, aber sein schwermütig irrlichtelierender Blick widersprach dieser herrischen Pose; es war der Blick des verzweifelnden Opfertieres, das sich umsonst das Hirn zermartert, seinem Peiniger zu entrinnen.

Der Bankier zog die Hand zurück, raffte die Papiere zusammen und schob sie in ein Portefeuille.

»Der Teufel soll mich holen, Herr Weiler, wenn ich aus Ihren verzwickten Plänen klug werde. Ich habe nur ganz dumpf die Empfindung, daß unsere Beziehungen nicht mehr die notwendige Klarheit besitzen, um beide Teile zu befriedigen. Das Wasser zwischen uns ist getrübt – und ich[162] fühle, wie die trübe Flut steigt. Ich ringe nach Atem wie ein Ertrinkender ...«

»Ja, Sie können wenig vertragen, Herr Baron. Eine kleine Inanspruchnahme, und sofort werden Sie unwirsch und verdächtigen Ihre besten Freunde.«

»Ich fordere Klarheit.«

»Meine Bücher sind klar und zweifelsohne. Und ich erbitte ruhig Blut und Geduld – und einen ganz kleinen Dienst, und was machen Sie für ein Gesicht? Als ob ich Ihnen eine bittere Medizin eingegeben hätte! Dabei eröffne ich Ihnen Aussichten, wie sie nicht schöner gedacht werden können. Überlegen Sie sich die Geschichte mit Raßler, sie ist für uns beide von Wichtigkeit.«

»Ich bin entschlossen, mit Raßlers überhaupt nichts mehr zu thun zu haben.«

»Ach, eine Neuigkeit! So, so. Ich rate Ihnen, diesen Entschluß auf günstigere Zeit zu verschieben. Machen wir erst das Geschäft – und dann können Sie dem neuen Drange Ihres romantischen Herzens folgen.«

»Sie bestehen also auf Ihrem Wunsche, Herr Weiler?«

»Da er Ihren Nutzen nicht weniger bezweckt, als den meinigen: ja!«[163]

Der Bankier war immer bündiger und nachdrücklicher geworden. Etwas Hartes, Schroffes lag in seinem feisten Gesichte. Jetzt verschränkte er die Arme und fixierte den Baron mit einem kalten, bösen Auge. Der Unratstropfen baumelte und fiel auf den Brustlatz.

»Räumen Sie mir Bedenkzeit ein?« fragte Drillingen, wie hypnotisiert den Tropfen verfolgend.

»Nein, nur die notwendige Frist zur Ausführung des Versprechens.«

»Das ist kategorisch.«

»Wozu Umschweife? Wir kennen uns lange genug, um uns rasch zu verstehen. Entweder wissen wir was wir wollen oder wir wissen es nicht. Da ist nichts zu bedenken, sollt' ich meinen.«

»Bester Herr Weiler, wären Sie vielleicht in der Lage, mir einen weniger kategorischen Bankier zur Leitung meiner kleinen Geldgeschäfte vorzuschlagen?«

»Ein Mißtrauensvotum? Das lehne ich ab, denn ich hab's nicht verdient. Wenn Sie aber eine Lösung unserer langjährigen Beziehungen wünschen, so muß ich bitten, es auch in der üblichen Form vorzubringen.«[164]

Die merkwürdige Wendung, welche die Unterredung genommen, schien jetzt beide Teile zu verblüffen.

Drillinger griff nach Stock und Hut, besann sich einen Augenblick, dann reichte er dem Bankier die Fingerspitze, nachdem er hastig den Handschuh übergestreift: »In vierundzwanzig Stunden erhalten Sie meinen Bescheid.«

»Zusage!«

»Vielleicht – der Not gehorchend, nicht dem eigenen Trieb.«

»Also Zusage. Und sobald ich die habe, werde ich Ihnen umgehend meine Absichten ganz genau schriftlich auseinandersetzen. Die Geschichte will sehr geschickt angefaßt sein. Der Raßler soll sich geschmeichelt fühlen, geben Sie Acht!«

»Das werd' ich ...«

Unter der Thür hielt der Bankier den rasch sich Entfernenden nochmal fest: »Nichts für ungut, verehrtester Herr Baron, daß ich Ihre Geduld auf eine so harte Probe gestellt. Es würde mir zu hohem Vergnügen gereichen, Sie noch einige Schritte zu begleiten, allein ich muß noch auf einen Sprung in mein Hauptgeschäft am Marienplatz und ich glaube, wir haben nicht den nämlichen Weg.«[165]

»Gewiß nicht. Vielmehr den entgegengesetzten. Adieu.«

Und Max v. Drillinger war um die Ecke. »Brr,« machte er, in ungleichen, kurzen Schritten dem Schmutz und den Wassertümpeln ausweichend, aus welchen die siegreich hervorgebrochene Sonne ihm entgegenspiegelte. Lange Strecken war er so mechanisch dahingeturnt, über den wimmelnden Markt, durch die schmierige, banale Reichenbachstraße, an den Gärtnerplatz ... Er stieß und ward gestoßen, und achtete es nicht. Luft! Wohin? Er fragte sich nicht. Nur marschieren, die Glieder brauchen, die frische Luft atmen! Dreimal hatte er die Runde um den Gärtnerplatz gemacht, wie einer, der einem Gefängnis entronnen und sich nun in freier Bewegung nicht genug! thun kann ... Endlich hielt er einen Augenblick, vielleicht um die Pferdebahn zu erwarten? Er konnte noch keinen bestimmten Gedanken fassen. Alles Menschliche erschien ihm wie eine verschwommene, häßliche Karikatur. Im Warten schweifte sein Erinnern die Seite des Theaters entlang, haftete eine Sekunde am Ausgangspförtchen, um dann im Nu in die Weilersche Bankbude zurückzufliegen ... »Die Sonne ist in den Dreck gefallen – und ich daneben ... Dieser Weiler[166] entwickelt sich ... Je nun, ich werde ihm zeigen, wo Barthel den Most holt. Der thut ja, als ob ich mit ihm Schweine gehütet hätte!«

Inzwischen war die Pferdebahn vorbeigefahren. Drillinger verspürte Hunger. Er trat ins Café Paul.

Weiler hatte seinen Schreibknechten noch einige Briefschaften zur Erledigung auf das Pult geworfen, dann herrschte er sie an: »Das Kontor wird heute nicht geschlossen, bis ich wieder zurück bin. Wenn Monsieur Paillard in meiner Abwesenheit noch einmal vorsprechen sollte, melden Sie ihm, daß ich ihn morgen zwischen neun und zehn Uhr in seinem Hôtel besuchen werde, und daß ich die Störung von heute bedaure. Verstanden?«

Die Kontorjünglinge nickten.

Eben kam der Ausläufer keuchend zurück und machte vor dem Chef einen tiefen Bückling.

»Einen Wagen, Isidor!«

Bis Isidor mit der Droschke vor der Thür erschien, hatte Weiler seine wurstartige Gestalt in den Überrock geknöpft und dem jüngeren Kontoristen noch eine Strafpredigt über seine schlechte Handschrift gehalten. Den Luxus einer solchen Pfote könne er seinen Bediensteten nicht gestatten.[167] Was das für unsolide Schnörkel seien; die Reellität eines Finanzmannes drücke sich schon in den ebenso eleganten wie festen und schlichten Zügen der Schrift aus!

»Herr von Weiler, (– Isidor war galizischer Import, k.k. Österreicher und Schnorrant in schönem Verein) – der Wagen wartet.«

Dazu ein Knicks, der die Nasenspitze bis an den Nabel brachte.

Nachdem der Bankier mit schwerfälliger Grandezza das Kontor verlassen hatte und mit Isidors Hilfe in die Droschke gekrochen war, ein Kontorist zum andern:

»Der schnappt noch über. Er kann sich einen Sperrsitz im Narrenhaus reservieren lassen. Ich gönn' es ihm.«

»Den Baron scheint er noch gründlich einzuseifen.«

»Dem gönn' ich's gleichfalls. Der ist auch reif für den Doktor Gudden.«

»Die Geschichte mit dem Franzosen ist mir nicht klar.«

»Ich halte den Hanswurst für einen Spion.«

»Silentium! Der Pegasus kommt über mich. Gott wie ungeduldig – er wiehert nach seinem Dichter.«[168]

»Den Pegasus kenn' ich ... Ich wette, er möcht' auch der schönen Frau Raßler einmal seine Kunststücke zeigen.«

»Silentium! Ich bin jetzt ganz Dichtung und Phantasie und umarme alle neun Musen auf einmal.«

»Aufschneider. Isidor, Sie haben das Wort. Erzählen Sie mir den neuesten Münchener Skandal!«

Der Galizier nahm aus seiner hintern Rocktasche eine zerknitterte, schmierige Nummer des illustrierten Witzblättchens »Die Kloake«, glättete sie auf dem Knie und überreichte sie mit feierlicher Geberde.

Quelle:
Michael Georg Conrad: Was die Isar rauscht. 2 Bände, Band 1, Leipzig [o. J.], S. 113-169.
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