4.

[71] Im Sklavendienst der Lüge

Hab' ich den Tag verbracht ...

Nun hat den Gnadenschleier leis

Herabgesenkt die Nacht.

Es schweigt verträumt die Runde,

Nur raunend der Nachtwind rauscht –

Ich aber mit brennendem Munde

Habe Stunde um Stunde

Mit Geistern aus nächt'gem Grunde

Wilde Zwiesprach getauscht!


Hei! Wie er mich umflattert,

Der Geister toller Schwarm!

Wie er mich preßt mit trunkner Lust

In seinen Riesenarm!

Wie Frage er auf Frage

In meine Seele schreit!

Und ob ich bang verzage,

Die Brust mir blutig schlage

Und bete, daß es tage:

Wie ist der Tag so weit!

Quelle:
Hermann Conradi: Gesammelte Schriften, Band 1: Lebensbeschreibung, Gedichte und Aphorismen, München und Leipzig 1911, S. 71.
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