12.

O Zeit! O Sitten!

An unsere a la Mode Damen

[388] Bringt der Frantzose dann nicht eine Tracht herfür,

Die uns unnachgeäfft von Weibern könne bleiben?

Sie wollen uns wol gar aus unsern Kleidern treiben,

Und sacken so in Wämst und Hosen ihre Zier.


Viel Federn stecken sie auff ihre Hütte hin,

Ihr Haar muß der Barbier nach unsrer Art verschneiden:

Nichts mangelt als das Theil, das uns kan unterscheiden,

Sonst suchten sie sich uns in allem vorzuziehn.


Doch glaubt, daß ihnen auch das Ding noch nicht gebricht,

Und solten sie den Sammt aus Josephs Hosen trennen,

O Gott! Vor konte man ja Frau und Jungfer kennen,

Itzt kennt man Mann und Weib schier von einander nicht.


Was bleibet? Bloß der Barth, doch kommt es ihnen ein,

So werden wir ihn auch, drauff man schon ist beflißen,

In kurtzem, wie es scheint, vor ihnen legen müßen,

Als denen viel an Muth und Hertzen ähnlich seyn.


Quelle:
Daniel Czepko von Reigersfeld: Weltliche Dichtungen, Breslau 1932, S. 388.
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