[Ich gab meinen Wahnsinn dem wandernden Wasser]

[315] Ich gab meinen Wahnsinn dem wandernden Wasser,

Das schlaflose Schmachten bekam ja die Nacht,

Ich habe das Lachen der Schwachen erdacht

Und achte als wallender, unsichtbar blasser

Erbarmungsgedanke und Warnungserfasser

Auf alles was schamhaft im Weltall erwacht,

Ich habe dem Walde den Sang dargebracht,

Und altere nun als ein markkranker, nasser,

Ja selbstnasser Stamm einer wehweichen Weide

Am Weiher vom weltweiten eigenen Leide.

Ein Reh wittert oft in die sandstarre Haide

Und kehrt dann ins Schicksal zurück, das ich meide.

Ich weiß nicht, verbirgt sich vor mir eine Weide?

Ich weile im Wehwind! Wann weichen wir beide?
[315]

Quelle:
Theodor Däubler: Das Nordlicht. Teil 1, München; Leipzig 1910, S. 315-316.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Das Nordlicht (Florentiner Ausgabe)
Theodor Däubler - Kritische Ausgabe / Das Nordlicht