[489] Die glühenden Wünsche des Südens umbranden
Das dunkelnde Nordmeer. Frenetische Frauen
Enthüllen die Brüste in Brunstsarabanden.
Die Küste umrauschen Gelüste der Auen.
Dem Grabe zu Leyden entreckt sich Johannes!
Die Weiber von mondftuthumkräuselten Ländern
Bezaubert der Thatengedanke des Mannes.
Der todte Prophet wagt es strandwärts zu schlendern.
Der Abend ist nahe. Die Wahnschatten trachten
Sich rasch noch in Stahlpanzer starr einzukrusten.
Das Schnarchen der Drachen in nachtschwarzen Schachten
Vereinzelt sich klarer: die Gluthlurche pusten.
Die Mannschaften hasten, die That zu erhaschen.
Des Weibes Vollendung beschleunigen Rhythmen
Der Nachtschlachten, die uns nun bald überraschen.
Am anderen Strande erwartet uns Whitman.
Es wird Euch, Ihr Frauen, das Dunkel umgrauen
Und langsam den Fledermauswirbel verringern.
Und dann werden Nachtfalter traumhafter Auen
Zu leise versurrenden Höhenerzwingern.
Und eiserne Meervögel schleudern sich nächtlich
Dereinst über eisüberkrustete Flächen.
Dann blickt der gebändigte Nordschein verächtlich
Auf Längen, die unseren Flugaufbruch schwächen.
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Im leibhaften Dunkel verschwindeln die Wege.
In herrschenden Seelen vernebeln die Zeiten.
Es werden die Rhythmen der Innigkeit rege:
Ihr harrt und Ihr horcht auf ein nahendes Schreiten.
Es wird das geweissagte Weib, überm Eise,
Die Frauen durchdämmernd, das Weltgeschick meistern.
Ihr seht es schon oft, auf verwegener Reise,
Die Schleier der Dinge auf einmal entgeistern.
Wir fürchten uns noch vor der Nacht der Gedanken,
In der unserer Leidenschaft Urkunden bluten,
In denen wir selber Gewitter entranken,
Lebendig verschwenden und wenig vermuthen!
Ihr Frauen, in Euch wird die Träumesbraut grauen!
Die Heldin erscheint in den Seelenlichtthüren.
Und Raubvögel suchen die Nacht zu durchschauen:
Der Mann wird das Weib einst im Freiheitschein kühren.
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Das Nordlicht (Florentiner Ausgabe)
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