2.

[52] Du bist krank gewesen,

Kleine Geliebte!?

Krankhaft blaß ist Dein Antlitz,

Matt Dein Auge,[52]

Mühsam schleppt sich Dein Schritt.

Komm, o komm zu mir,

Laß Dich stärken, laß Dich laben – – –

Fieberhaft heiß ist Deine

Kleine Hand und Deine Nerven

Zucken und schaudern,

Du bist immer noch krank,

Kleine Geliebte.

Sag, wo ist Dein Lachen geblieben,

Jenes helle,

Auf- und niedersteigende Lachen,

Wo Dein jauchzender Aufschrei,

Der mich an Grußesstatt

Immer empfing?!

»Müde bist Du, sterbensmüde,

Kleine Geliebte?!«

Komm an mein Herz!

Laß mich diesen zarten Busen,

Der mir einstmals

Voll und wogend entgegenschlug,

Einmal noch röten mit lodernden Küssen.

Besser fast noch als ich

Weißt Du es selbst,

Kleine Geliebte,

Krank bist Du, todeskrank,

Nichts kann Dich retten!

Aber eine Nacht, eine Nacht

Laß uns glücklich noch sein!

Mög auch von Deinem Mund[53]

Tödlich das Gift

Überfließen zu mir,

Was liegt daran! –

Sterbend noch wollen wir

Höchster Wonnen tödliche Freuden

Ausgenießen.


Quelle:
Felix Dörmann: Neurotica, München und Leipzig 1914, S. 52-54.
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