Morgenlied

[487] Des hohen Himmels Zinnen,

Die Erd und was darinnen

Ist, reicher Gott, dir eigen

Und muß dir Pflicht erzeigen.


Du heißt das Feld und Auen

Und unser Saat ihm trauen,

Gehn wir auf deinen Wegen,

So bringt es reichen Segen.


Du hast zu meinem Leben

Den Acker mir gegeben,

Ich trau in deinem Nahmen

Ihm meinen armen Saamen


Und weiß dabey mit nichten

Ein mehrers zu verrichten,

Ohn daß ich komme treten

Für deinen Thron mit Bethen.


Sieh gnädig an mich Armen

Und hab, o Gott, Erbarmen,

Laß mich für deinen Augen

Mit meinem Opffer taugen,


Daß mich mein Feld nicht trüge

Noch mein Geschrey erliege,

Komm gnädig meinen Saaten

Mit deiner Hutt zu statten.


Laß sie nebst sanften Winden

Stets Sonnenschein empfinden,

Jetzt regnen, daß für Hitze

Die Hoffnung nicht versitze.


Dein Ungeziefer steuer

Und allem Ungeheuer,

Es treffe sie kein Schade

Durch irgend eine Rade.


Laß keinen Meehlthau fallen,

Den Hagelschlag vor allen

Wollst du zurücke halten

Und Gnade lassen walten,


Damit die Frucht der Erden

Wohl eingebracht mag werden

Und wir sie wohl genüssen,

Von keiner Noth gebissen,
[487]

Und auch davon den Armen

Mittheilen aus Erbarmen,

Den Kirchen, dir zu Ehren

Und deinen Dienst zu mehren.


Gieb unsern Hertzen Freude,

Dem Vieh gesinde Weyde

Und laß den milden Seegen

Um uns sich kräftig legen.


Voraus lab unsre Seele

Durch deines Wortes Oehle,

Das Christus hat erworben,

Da er für uns gestorben.


Er ist das Brodt des Lebens,

Ohn ihn ist mir vergebens

Das alles was wir haben,

Er schenkt uns Himmels Gaben.


Ach, laß uns den gewinnen,

Er wird uns Seel und Sinnen

Aus seinen Wunden speisen,

Wenn wir von hinnen reisen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 487-488.
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