Erster Auftritt.

[191] Kommerzienrath. Martin etwas angetrunken, kommen hinter dem Gartenhause hervor.


KOMMERZIENRATH. Der Unfug währt nun schon volle acht Tage, es ist wirklich unerhört! Tagtäglich sind die besten Blumen abgerissen, zerknickt, die neuen Beete an der Mauer zertreten. –

MARTIN. Ja die Menschheit ist heut zu Tage gar zu nichtswürdig.

KOMMERZIENRATH. Die seltensten Exemplare von der Estrade sind nun wieder verstümmelt.

MARTIN. Man müßte den Hund in den Garten lassen, damit er einmal den Spitzbuben in die Beine faßte.

KOMMERZIENRATH. Des Nachts, ja des Nachts[191] kann er ihn hereinlassen, aber am Tage, wenn ich in den Garten gehe, soll er an der Kette liegen, versteht er?

MARTIN. Ja die Blumen werden auch wohl bei Tage abgerissen, man kann doch nicht immer aufpassen.

KOMMERZIENRATH. I warum denn nicht? – Weil man auch zu Zeiten im Wirthshause seyn muß, nicht? –

MARTIN. Zu Zeiten muß man freilich, ja, ist auch nöthig, aber nicht immer, nicht immer, Herr Kommerzienrath, das thut nicht gut.

KOMMERZIENRATH. Na, Martin, es wäre mir lieb, er bliebe ganz fort, sonst erzürnen wir uns noch einmal deshalb.

MARTIN. I wir werden doch nicht.

KOMMERZIENRATH. Ich will nicht sagen, wie er mir jetzt eben wieder vorkommt, aber nüchtern nicht, nüchtern nicht.

MARTIN. Nein nüchtern nicht, das kann man gewiß nicht sagen, nüchtern muß man auch niemals seyn. Ich sage immer, ein ungefrühstückter Mensch ist zu gar nichts nütz.

KOMMERZIENRATH. Na, na, wir wollen nicht weiter davon reden, aber bedenk er das Ende – und lau're er mir dem Blumendiebe auf, das sage ich ihm.

MARTIN. Ja, Herr Kommerzienrath, und wenn wir ihn attrapiren, soll er so viele Kalasche kriegen, als er schon Blumen abgerissen; und das ist eine ganze Menge.[192]

KOMMERZIENRATH. Immer ist er mit seinem Kalaschen bei der Hand, ich will das nicht, ich hasse die Thätlichkeiten. Bringe er nur heraus, wer der Dieb ist, dann werde ich schon weiter sorgen. Links ab.


Quelle:
Eduard Devrient: Dramatische und dramaturgische Schriften, Leipzig 1846, S. 191-193.
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