Vierter Auftritt.

[224] Ernestine, gleich darauf der Landrath.


ERNESTINE ihm nachsehend. So, das war gethan, das Terrain ist unser. Wenn es mir nur gelingt, den Landrath für meinen Plan zu gewinnen, so hoffe ich Alles, und noch heut Abend ist Herr von Kiel der Geprellte. O wie wollte ich mich freuen! – Da kommt der Landrath schon. Wie pünktlich!

LANDRATH links, mehr im Hintergrunde auftretend. Nun hier bin ich, was haben Sie mir zu sagen?

ERNESTINE. Daß ich Sie in doppelter Beziehung um Verzeihung zu bitten habe.

LANDRATH. Mich?

ERNESTINE. Erstens, Sie hierher bestellt und zweitens[224] bei einem kleinen Plane auf Ihre Zustimmung und Beihülfe gerechnet zu haben.

LANDRATH. Wollen Sie mir nicht erklären –?

ERNESTINE. Sogleich. Zu unsrer Aller Glück halte ich es für dringend nothwendig, daß Sie mit Fräulein Elise ungestört sprechen können; um dies herbeizuführen, habe ich Sie hierher beschieden.

LANDRATH ernst. Mein liebes Kind, ich sagte Ihnen schon –

ERNESTINE. Ich thue es ja nicht, um Sie zu unterstützen, ich thue es nur um Elisens Lebensglück; werden Sie mich dabei im Stiche lassen?

LANDRATH. Ich weiß aber nicht, wie –

ERNESTINE. Elise will nach der Meierei gehen, ich begleite sie bis hierher, verlasse sie unter einem Vorwande, Sie sind in der Nähe und nehmen meine Stelle ein. Es giebt nichts Natürlicheres und Ungezwungeneres, aber Sie sind dann den ganzen Weg über mit Elise allein.

LANDRATH. Allein mit Elise! – Ach wozu würde mir das helfen?

ERNESTINE mit einer leisen Verneigung. Das weiß ich nicht, Herr Landrath, das ist Ihre Sache. Aber ich glaube, Fräulein Elise wird mir die Gelegenheit danken, manches Unrecht begüten zu können, das Ihnen heut geschehen ist.

LANDRATH. Was meinen Sie?

ERNESTINE. Sie weiß jetzt, daß das Gedicht von[225] Ihnen ist, daß Sie mich vertheidigt, als Herr von Kiel mich beleidigte, daß Sie der einzige Muthige waren bei dem blinden Schrecken vom tollen Hunde. Vielleicht hat sie Ihnen doch darüber etwas zu sagen, vielleicht Sie ihr – genug, Herr Landrath, in höchstens zehn Minuten kommt Elise auf dem Wege nach der Meierei hier vorüber, ich glaube, ich hatte Ihnen eigentlich gar nichts weiter zu sagen und – Mit einem Knix. überlasse ich es Ihnen, die ser Anzeige nach bestem Wissen und Dafürhalten Folge zu geben. Links ab.


Quelle:
Eduard Devrient: Dramatische und dramaturgische Schriften, Leipzig 1846, S. 224-226.
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