12. Szene

[319] Hanswurst – dann Krumschal – Bulla – Krustl – der Pfarrer.


HANSWURST kommt wie früher und singt.

All' meine Jungfern, laßt euch sagen:

Wenn ein Mann euch sollte fragen,

ob ihr wirklich Jungfern seid,

sagt nur: Ja, es tut uns leid!

's wird elfe schlagen!

All' meine Jungg'sell'n laßt euch sagen,

wenn ihr's wollt bei Mädchen wagen,

tut gar fein und gebt hübsch acht,

daß die Bettstatt nit so kracht!


Es schlägt elf.


Hat elfe geschlagen!

KRUMSCHAL schnurrt herbei.

Purrr!

HANSWURST.

Halt! Was pfnurrt denn da noch herum?

Hoffentlich draht mir keiner den Kragen um!

KRUMSCHAL tanzt hin und her, so daß ihn Hanswurst bald da, bald dort sieht.

HANSWURST mit der Laterne hin und her leuchtend.

Alsdann, was is denn das für a G'spiel?![319]

Verflixter Lauswenzel, steh' amal still!

Ich bin eine obrigkeitliche Amtsperson:

Entweder gehst her, oder renn' ganz davon.


Stellt ihn.


Oha! Hab' i di' jetzt beim Wickel?!


Leuchtet hin.


A, du bist es, du krauperter Höllenschweinickel!?

Na, da geh nur glei' her! Du hast eh g'wiß was g'stohlen.

KRUMSCHAL.

Ich komme heut' nacht deine Seele holen!

HANSWURST.

Oha! Hast an g'stempelten Schuldschein bei dir?

KRUMSCHAL.

Das nicht. Aber du versprachst sie mir,

sobald wir dich hätten hieher gebracht

und zum Nachtwächter der Stadt Wittenberg gemacht.

Wir haben's gehalten, du aber noch nicht!

HANSWURST.

Ja, weißt, das mit der Seel', das is halt so a G'schicht.

Wie i bin wegg'fahr'n, da hab' i sie eben

an geistlichen Herrn zum Aufbewahr'n geben.

Na ja, i hab' mir denkt, die Herren von dem Stand,

die haben doch so was alle Tag' in der Hand,

und da sagt doch die klare Vernunft:

Ma geht mit an jedem Ding zu der Zunft.

Na, und der Herr Pfarrer, der wascht meine Seel' recht fein

und tut sie noch fest mit Weihrauch imprägnieren.

Drauf sperrt er's gut in a Tabernakel hinein;

Na, da kann doch sicher nix passieren!

Wie i dann bin heimkommen, hab' i müssen schau'n akkrat,

daß i Nachtwächter werd', beim Stadtmagistrat.

Na, und bei der Bewerbung um a solche Stell'

da fragt an doch kaner um sein' Seel.

Denn um bei Nacht so a Nest zu bewachen,

mein Lieber, da braucht ma ganz andere Sachen!

So liegt halt mei Seel' noch immer ganz schön

da drinn in der Kirchen im Tabernakl.

Wannst es hab'n willst, da mußt schon zum Pfarrer geh'n,

aber i sag' dir's glei': Das is dir a grober Lackl!

Mit so an, wie du bist, macht er gar nit viel Flausen,

der laßt di glei' kopfüber ba da Stiag'n abisausen,

daß d' dir bei an jeden Eck deine Hörndln verbiagst,

und durch die zug'machte Haustür glei' durch aussifliagst![320]

Denn in Wittenberg tut das in der Luft schon liegen,

daß sich Pfarrer und Teufel zu raufen kriegen.

KRUMSCHAL.

O, du siebenmal gerissener Schwindelpatron!

Na wart' nur, du Lumperl! Wir kriegen dich schon!


Ruft.


He! Krustl! Bulla! Herbei! Herbei!


Die Teufel schnurren an.


HANSWURST amtlich.

Halt Ruhe! Was ist das für ein Geschrei?

Besoffene Gesell- und Lumpenschaften

muß ich kraft meines Amtes verhaften!


Bulla und Krustl wollen ihn fangen.


Was, Weibsbilder auch noch? A, das bitt' ich mir aus!


Klopft an die Tür neben der Kirche.


He! Herr Pfarrer! Kommen S' g'schwind mit'm

Weihwedel 'raus!

PFARRER von drinnen, unwillig.

Was gibt's denn? Laß mi doch bei mein' Betbüchl sitzen!

HANSWURST.

Kummen S' nur außa! Sie müssen den Teufel anspritzen!

PFARRER erscheint mit einem großen Weihwedel.

Da bin ich! Was ist das für ein Rumoren?!

HANSWURST.

Gehn S', haun S' der Bagaschi a paar um die Ohren!

PFARRER haut mit dem Wedel drein.

Das werd'n ma gleich ham. Wenn ich einen packe,

der kommt mir nit aus!

HANSWURST hilft mit dem Spieß nach.

Wart's, ihr Gauner! Perlacke!!


Es entsteht ein wildes Balgen. Pfarrer und Hanswurst hauen drein, die Teufel fluchen, heulen und brüllen, dazwischen das hohe Weibergekreisch der Bulla, die vom Pfarrer verprügelt wird. Schließlich fahren die Teufel unter Wutgeheul ab.


Quelle:
Bruno Ertler: Dramatische Werke. Wien 1957, S. 319-321.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Die Serapionsbrüder

Die Serapionsbrüder

Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

746 Seiten, 24.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon