Acht und funfzigster Brief
Olivier an Reinhold

[219] Wuth, Reue und Verzweiflung zerreißen wechselweise mein Herz. Nichts, nichts kann ich thun. Ich muß die unglücklichen Menschen vor Hunger und Ermüdung zu meinen Füßen hinstürzen sehen und kann, kann ihnen nicht helfen.

O, daß ich mein Wort gegeben! daß ich mich an das schreckliche Leben gebunden habe! – Liebe und Freundschaft, die Erinnerung[219] alles Sanften und Schönen ist rein aus meinem Herzen verschwunden. Nur Wuth über die Buben, die uns in dieses Elend geführt haben, beweist mir, daß ich empfinde, Spott und Schande werden sie erndten, die heillosen Betrüger! – Aber ich, ich schwöre es! und sollte ich nur zehn Mann gegen den Feind bringen, ich werde mich retten vor dieser Schande. –

Leb wohl, und rechne nicht auf die Zukunft.[220]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 1, Posen und Leipzig 1802, S. 219-221.
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