Viertes Kapitel

[108] »Ich habe Sie vorhin nicht reden lassen – hub sie an – weil ich es nicht leiden kann, daß man mich unterbricht, wenn ich etwas überlege.« Sie gefallen mir und ich denke eine Ausnahme mit Ihnen zu machen.

»Ich habe zwar über sie gelacht,« und habe Ihnen auf diese Weise als Mann Gerechtigkeit widerfahren lassen, aber es schmerzt mich und ich mag nun ein für alle Mahl nicht, daß mich etwas schmerzt.« –

Hier hielt sie einen Augenblick inne; aber plötzlich fuhr sie mit einer possierlichen Heftigkeit heraus: »ich kann Ihnen[108] nicht helfen! Sie müssen Ihre Frisur abschaffen!«

»Wie gern!« – antwortete ich – »wenn ich Ihnen dann besser gefalle.«

»O verstehn Sie doch!« – rief sie ungeduldig – »Sie gefallen mir ja recht sehr! aber die Erinnerung an die fatale Scene mißfällt mir.«

»Es war mir unmöglich, bey ihrem komischen Ernste das Lächeln zu unterdrücken.«

»Ja ja! ich weiß es wohl!« – fuhr sie fort – »daß man gewöhnlich das nicht so gerade heraus sagt; aber das Leben ist zu kurz, und ich bin des Zwangs zu wenig gewohnt, als daß ich mich da bey langen Wenns und Abers aufhalten sollte.«

»Die Hauptsache ist nun« – indem sie vor einen Spiegel trat, und ihre Haare[109] noch etwas höher steckte – »ob ich Ihnen gefalle?« –

Jetzt setzte sie sich wieder, stützte den Kopf auf ihren schönen Arm, diesen auf ihr Knie, und ihre großen, brennenden Augen ruhten unverwandt auf mir.

»Theure Gräfin!« rief ich – »gebe der Himmel, daß ich Ihnen so sehr, und so lange gefalle, als Sie mir gefallen werden!«

»Wahrhaftig, Sie haben Recht!« – antwortete sie; und eilte das Zimmer auf und ab – »doch wenn ich bedenke« – indem sie den Finger an das Stumpfnäschen legte, und vor mir stehen blieb – »Nein! nein! ich kann doch sehr lange etwas lieben! – kommen Sie! kommen Sie! Sie müssen überzeugt werden!«[110]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Gustavs Verirrungen. Leipzig 1801, S. 108-111.
Lizenz:
Kategorien: