Zweites Kapitel.

[160] Er: Und meines Dein! rief Soller, stürzte zu ihren Füßen, ergriff ihre Hand, und drückte sie an seine Brust. – O Julie! Kennst Du mich nicht mehr?

[160] Sie: Gott! – Anton! – Nein – O Soller! Soller! Welche Ueberraschung!

Er: Wie viel habe ich gelitten!

Sie: Wie oft hab' ich an dich gedacht! Diese Aehnlichkeit –

Er: Tausendmal war ich im Begriffe –

Sie: Aber deine Verkleidung? – Dein Entschluß?

Er: Es war das einzige Mittel, diesen alten Tyrannen zu hintergehen. Du siehst, wie sehr ich in seiner Gunst stehe. O Julie! Ich habe dir alles aufgeopfert.

Sie: Ich fühle es, Theuerster! (mit einem seelenvollen Blicke.)

Er: Darf ich hoffen?

Sie: Schone meine Schwäche!

Er: Um Mitternacht?

Sie (schweigend, aber mit einer Bewegung der Zustimmung.):

Er: Theuerstes, bestes Weib! Warum hab' ich mein Glück so lange verspätet?

Sie: Und ich? – O Soller! Du kennst meine Leiden am besten.

Sie wollten ihr Gespräch fortsetzen, aber Sr. Excellenz, der alte siebenzigjährige Herr geheime Rath, ließen sich auf dem Vorsaal hören, und Soller nahm seine Maske vor.[161]

Nun Anton! rief der alte gichtbrüchige Herr, hab' ich's nicht gesagt, es wird heute regnen; ich fühlt' es gleich in meinem Beine.

Ihro Excellenz haben allemal Recht! gab Soller zur Antwort, und verließ sie.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 160-162.
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