Achtzehntes Kapitel.

Wo ist der Dieb?

[36] Wo ist der Schlüssel zum Cabinete? sagte er hastig, und weckte seine schlafende Gemahlin mit Heftigkeit auf. Sie erschrack, und wußte nicht, was Sie antworten sollte. – Warum, mon cher? sagte sie endlich gefaßter.[36]

Wir wollen den Dieb aufsuchen! Geschwinde, geschwinde! Der Graf meint, sie stellen dir nach dem Leben. Es ist nur um der Gewißheit willen! – und so erzählte er ihr das übrige.

Die Oberstin merkte die Bosheit ihres Feindes. – Aber mon cher! Wenn der Dieb einmal einen Nachschlüssel hat, so wird er nicht auf uns gewartet haben.

Er: Gut, gut! Aber um den Grafen zu überzeugen; er versicherte mich's so gewiß.

Sie: Das ist doch viel! Wer weiß, mon cher, ob er nicht selbst dahinter steckt. Erinnern Sie sich – Ihre Geschichte vor zwei Jahren – Die Rancune! – Verstehen Sie mich, mon cher!

Er: Wahrhaftig! Wahrhaftig! – Ganz traue ich ihm selbst nicht. Aber eben deßwegen – Wo ist der Schlüssel?

Die Oberstin zitterte. Freilich glaubte sie den Baron in Sicherheit, aber die Idee des Grafen erschreckte sie. Sie stand auf, um ihren Mann zu begleiten. Er zieht den Degen; die Thüre wird geöffnet; alles ist leer. – Hahaha! rief der Oberste – Hahaha, mein Herr Graf! – und wollte vor Lachen bersten. – Wo ist der Dieb? Hahaha! Wo ist er denn? – Er suchte zum Ueberfluß noch einmal unter dem[37] Sopha, küßte seine Frau, und verließ sie, um seinen Triumph mit einer Bouteille Rüdesheimer zu feiern.

Die Oberstin war indessen nicht ruhiger. Sie sah wohl, daß der Graf ihr Geheimniß wußte, aber wie konnte er es entdeckt haben? Nach einiger Ueberlegung beschloß sie, dem Baron zu schreiben. Die Vertraute geht zu ihm; seine Leute haben ihn nicht gesehen, er ist noch nicht nach Hause gekommen. – Himmel! Ein neues Unglück! – Was kann ihm begegnet sein? – Die arme Oberstin war außer sich.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 36-38.
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