3. Einem Freunde

[7] Soviel auch Stürme dir's zersplittern,

hoch halte, freudig, ohne Zittern,

das stolze Banner deiner Kunst

und fordere furchtlos ohne Wanken

kampffroh dein Schicksal in die Schranken,

ein Feigling nur erbuhlt sich Gunst.


Wohl mag's ja schön sein: ohne Grämen

das Leben, wie sich's gibt, zu nehmen,

rasch zu genießen, eh's verrinnt,

und seelenruhig abzuwarten,

ob Glück, ob Unglück mischt die Karten,

ob man verliert, ob man gewinnt!
[8]

Doch größer ist: sich aufzuraffen

und selber sein Geschick zu schaffen

mit kampf- und trotzgemuter Kraft

und sich mit ungebrochenen Schwingen

den Niederungen zu entringen

und ihres Werktags dumpfer Haft.


Und ist auch mancher Flug vergebens,

du doch bist Herr dann deines Lebens

und nicht ein wetterlaunisch Glück,

du in den Händen hältst die Zügel

und gibst ihm Unterschrift und Siegel,

und nicht ein zufallblind Geschick.


Und nennen Spötter drob dich Schwärmer,

was liegt daran! sie sind doch ärmer

als du, trotz Geld und Gold und Glanz,

und ob sie alles sich erfüllen,

es wird sich ihnen nie enthüllen,

wie schön ein selbsterrungener Kranz.


Sie fühlen nie, durch Ebnen schreitend,

im großen Troß ihr Leben reitend,

wie froh sich's rastet im Gebirg,

der Sonne nahe und tief unten[9]

zurückgekämpft und überwunden

des Alltags dunstiger Bezirk.


Nicht blöder Diener blöder Götzen ...

sei stolz, Freund, und zertritt die Fetzen,

mit denen Leere sich verschönt!

Und solltest du im Kampf erliegen,

was du gewollt, wird dennoch siegen ...

Unsterblichkeit ist's, die dich krönt.

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 7-10.
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