Antwort

[86] Sie wissen jetzt Alles, liebste Elise. Die gütige, sanfte Madame Lindhof hatte es schon früher übernommen, an Sie zu schreiben, ehe noch Ihr Brief zu mir gelangte. Ich danke es ihr. Sie würden mir es schwer gemacht haben, wahr zu sein!

Arme Elise! so schonungslos mußte Sie diese Nachricht treffen! Man wird zuweilen versucht, zu denken, das Schicksal könnte milder mit dem Menschen verfahren. Aber was weiß man von diesen geheimnißvollen Wegen!

Tavanelli ist wie ein Gewitterstrahl in Ihr Haus gefahren. Alles hat er übereinander geworfen, die ganze Ordnung des Lebens gestört. Daß[86] das so ein Mensch kann, ohne es zu wissen und zu wollen!

Lieber Gott! er dachte jetzt auch nicht an das, was er that. Er trägt auch keine andere Schuld, als daß er ist, wie er ist. Sie beide hätten einander nicht begegnen müssen! Sie rissen ihn aus seiner stillen Welt, er hat die Ihrige verwüstet. Seine unwillkommene Erscheinung ward stets von Widerwärtigem für Sie begleitet.

Aber, lassen wir ihn! Möge seine Nähe Sie nie wieder ängstigen.

Von Hugo wollte ich mit Ihnen sprechen. Seinetwegen müssen Sie jetzt doppelt leiden. Die Ungewißheit, was in ihm vorgeht, läßt es in Ihnen zu keiner Fassung kommen.

Er war gestern Morgen bei mir. Ich hatte ihn zu sprechen gewünscht. Er trat mit seiner wehmüthigen Gelassenheit, wie sonst, zu mir ein. Ich glaubte ihn noch unwissend über Emma's schnelles Ende. Er war es nicht. Ich las das nach den ersten Minuten in seinem Auge. Er richtete es mit einem Blick nach mir, der zu sagen schien: »Kein Wort! kein Wort jetzt! Der Todten weiches Flüstern allein will ich hören. Gönnen Sie mir das stille Gespräch.«

Ich sah von ihm weg zu Boden. Wir setzten[87] uns. Er versank in tiefe Gedanken. Eine ganze Weile ging so schweigend hin. Wahrscheinlich vergaß er völlig, wo er sich befand. Mechanisch war er gekommen, hatte seinen Platz neben mir gefunden, und ließ nun die Seele weiter in ihrem Traume schimmern. Ich ergriff endlich seine Hand. Er erschrack. »Nun?« fragte er, näher zu mir rückend. Es mochte ihm einfallen, daß Sie mir vielleicht einen Auftrag für ihn gegeben hätten, denn er setzte, ins Sopha zurücksinkend, betrübt hinzu: »Ich kann mir denken, was sie leidet! Hat sie Ihnen geschrieben?« fragte er hierauf. Ich bejahte es.

»Emma hat ihr auch geschrieben,« sagte er leise, mit bebender, von Thränen erstickter Stimme. Sein Schmerz brach gewaltsam, ihn ganz mit sich fortreißend, hervor.

Ich begriff, wie er diese Erschütterung fürchten, wie er sich durch Abwehren jedes fremden Berührens bis dahin zurückhalten mußte. Er that mir unaussprechlich leid, denn der Kampf zitterte durch sein ganzes Wesen.

Ich sagte ihm nichts. Er konnte jetzt nur mit sich selber zurecht kommen. Er faßte sich denn auch. »Ich werde es mir niemals verzeihen,« hub er nach einer Pause an, »daß ich sie[88] von ihrer stillen Bahn auf meinen Weg herüber riß. Die Ordnung der Natur verschmerzt niemals eine Verletzung.«

Ich verstand ihn nur halb, unwissend, ob er über Sie oder Emma rede. Er meinte eben die Letztere, denn er erwähnte die Mutter, indem er behauptete, diese allein habe recht gehabt. Ihre Abneigung gegen ihn sei aus dem Vorwurf entsprungen, den sie sich, der Tochter nachgegeben zu haben, gemacht. »Ich errieth dieses bald,« seufzte er tief. Und das Auge aufwärts gerichtet, als sehe er die, von der er sprach, sagte er: »Das war ein Gestirn, das seinen Lichtkreis unvermischt, in ruhiger Klarheit ausgießen mußte. Emma war bestimmt, einzeln da zu stehen. Sie leuchtete am Saume des Tages, wie Abschied und Verkündigung. Der Tag selbst, in seiner ruhelosen Arbeit verschlang sie.«

»Die Stunden,« entgegnete ich, von dem Bilde getroffen, »wogen zwischen Abend und Morgen auf und ab, und der liebe Stern ist an jedem Wendepunkt derselbe.«

Hugo sah mich an, ohne etwas zu erwiedern. »Ja, ja!« rief er, mich auf seine Weise mißverstehend. »Sie hat Erwachen und Aufhören in mir ziemlich nahe gerückt. Ich tauge zu nichts[89] mehr. Ein Schlag der Art lähmt die beste Kraft. Wozu,« lächelte er schmerzlich, »lebt man auch? Es ergänzt sich die Welt, wie man es träumt! Die Besten verkennen einander! Sie hat mich auch verkannt!«

Er stand hier von seinem Platze auf, und ging mit leisen, weit ausgreifenden Schritten das Zimmer auf und ab, ohne das gesenkte Auge aufzuschlagen.

»Emma hätte Sie mißverstanden?« fragte ich jetzt, das Gespräch wieder anknüpfend.

Er blieb vor mir stehen. »Ja, ja!« erwiederte er mit liebevollem Lächeln. »Gott weiß,« fuhr er fort, »wie dies auf meinen Tisch kam?« Er zog einen Brief aus dem Busen und gab ihn mir. Es war Emma's Hand. »Soll ich?« fragte ich, das Schreiben aus dem Couvert ziehend. Er nickte bejahend. Ich las, während er seinen Gang durchs Zimmer fortsetzte, folgende erschütternde Worte, die ich abzuschreiben späterhin von ihm die Erlaubniß erhielt:

»Unbewußt, wie ich Dich fand, geliebter Mann, werde ich Dir entrissen. Ich verließ Dich nicht, das glaube mir. Ich verlasse Dich auch jetzt nicht. Aber die Erde zieht einen Vorhang[90] zwischen uns. Gott läßt ihn niederfallen. Du bleibst diesseits, ich bin bestimmt, jenseits lange zu warten, bis der Tag des Erwachens kommt. Dann werden wir uns ja doch wiederfinden! Lieber Hugo! das Scheiden wird mir sehr schwer! Ich nehme wohl Dein Bild – Dein ganzes Selbst mit hinüber in meine Welt, aber es ist doch viel, viel anders, als wenn ich Dich noch sehen und hören könnte. Wenigstens scheint es den sterblichen Sinnen so! Die Lebendigen vergessen so oft, wie viel diese warme, bewegliche Gemeinschaft des Daseins ist! Ich schaudre doch ein wenig vor der langen, langen Trennung! – Die Hand wird vertrocknen, die in der Deinen lag, das Auge verlöschen, das nur im Glanze Deines lieben Blickes sich spiegeln mochte! Hugo! – O Gott! Es ist eine sonderbare Empfindung, sich das so sagen zu müssen! Wir sind recht schwach! Sei Du es nicht! Betrübe Dich nicht so sehr! Ich weiß, daß Du in der ersten Zeit nicht anders kannst. Es ist ja natürlich! denn war ich Dir auch wohl oft hinderlich, so ist Dein Herz zu groß, um meine Liebe zu verwerfen. Der Gedanke, Dich leidend zu wissen, durch das leidend, was Dir von mir kommt! – Lieber, guter Mann! es thut mir noch weher, als der Abschied von Dir. Du[91] wirst es dann aber auch einsehen, wie es doch im Grunde das Beste für uns Beide ist.

Es ist der einzige Weg, ewige Trennung zwischen uns zu verhüten. Deine Seele wäre hart, die meine schwankend geworden. Gott weiß, wohin das führen konnte!

In wenig Augenblicken bin ich – Ach Hugo! Hugo! – Ich starb Dir schon so lange. Darum weine nicht! Hörst Du, lieber Mann! weine nicht um mich! Wenn Du nun frei wirst, mein Freund! so erschrick weiter nicht. Was Dich im Augenblick mit Schauder erfüllt, es war der stille Gedanke Deiner Seele. Ihr seid für einander geschaffen. Wolle nicht weiser sein, wie der Schöpfer selbst. Er hatte es so bestimmt, ich drängte mich zwischen Euch. Guter Hugo, Du hast recht viel gelitten! Wie werde ich mich freuen, wenn ich Dich endlich glücklich weiß!

Ich hätte Dir wohl noch etwas zu sagen. Aber es klingt Dir fremd. Es ist Deine Sprache nicht. Von mir hättest Du sie auch wohl niemals gelernt. Das aber darf ich Dir vertrauen, und weil es wahr ist, so wird es auch Dein Herz finden. Ohne meinen Glauben könnte ich Dich nicht ruhig verlassen, könnte ich Elise nicht lieben. – Und doch liebe ich[92] Dich, schöner Engel! der Du bestimmt warst, das Gewebe süßer, quälender Täuschungen zu zerreißen. Du wußtest, was Du widerstrebend thatest. Sei überzeugt, meine Elise! ich fühle, was Dich beherrschte. Ich am wenigsten kann Dich tadeln. O sei und mache glücklich, mir raubst Du nichts mehr! Höheres wie menschliches Gesetz öffnet Euch die Wege zur ruhigen Vereinigung. – Bleibt Euch treu! die Welt wird verzeihen, was Gott beschützt. Seinem Schutz empfiehlt Euch mein Gebet. – Hugo! lieber Hugo! Der Vorhang fällt – vergieb Deiner Emma.«

Ich habe keins von den an Sie gerichteten Worten ausgelassen, liebe Elise! Hugo wollte es so. Ich las sie damals unter heißen Thränen. Ihr Freund weinte nicht. Er war sehr ernst. Es schien, sein Gemüth sammle sich zu einem bestimmten Entschluß. Ich mochte ihn nicht stören. Doch er hub selbst mit bleichen, erschütternden Zügen an: »Es ist unbegreiflich, auf welchem Wege diese Zeilen in mein Zimmer, auf meinen Tisch gelangten. Kein Mensch im Schlosse weiß eine Silbe davon.«

Sie kennen seinen Hang, an Uebernatürliches zu glauben, und sagten mir einmal, daß ihn die Möglichkeit geheimnißvoller Gemeinschaft mit der[93] Geisterwelt unwiderstehlich durchschauere, daß eine unverkennbare Sehnsucht darnach, ihn bei dem zweifelnden Verstande allerlei Scheingründe von der Phantasie erbetteln lasse.

Ich las jetzt auf seinem Gesicht irgend eine unheimliche Vermuthung, der ich dadurch zu begegnen glaubte, daß ich Tavanelli nannte, und bemerkte, wie wohl durch ihn die Botschaft an Alle zugleich ergangen sei.

Der Graf schüttelte den Kopf. »Unmöglich!« sagte er. »Ich begegnete dem Unglücklichen im Walde. Die wahnsinnige Weise seines Betragens läßt auf keine Consequenz und Besonnenheit irgend einer Art schließen. Und weshalb hätte er mir nicht damals den Brief gegeben, wenn er in dessen Besitz war?«

Ich erwiederte Alles das hierauf, was so nahe liegt, und in ruhiger Stimmung von Niemanden übersehen werden kann, ich führte gerade den gestörten Verstand des Caplan als Beweis listiger Geheimhaltung und kindischem Ausplaudern seiner Aufträge, an, indem ich mich auf andere Widersprüche seines letztern Benehmens berief. Allein Hugo lag daran, das Wunderbare nicht erklärt wissen zu wollen. Er blieb immer bei der Frage: wie Tavanelli unbemerkt in sein Zimmer[94] gekommen, wie er hätte wissen können, ihn nicht dort zu finden? Ich ließ es dahingestellt sein. Wir sprachen nicht weiter davon, aber ich dachte wohl an die Oberhofmeisterin, der es nirgends, und daher auch hier im Schlosse nicht an verborgenem Anhang fehlt. Plötzlich, schonungslos, fern von menschlicher Theilnahme, hat sie das Herz des verhaßtesten aller Menschen treffen, es zermalmen wollen, ehe noch irgend Jemand um sein Unglück wußte. Es ist Alles gelungen, wenn man das Gelingen nennen kann, was eines Andern Pein vermehrt.

Ich besah, mit diesen Gedanken beschäftigt, den Umschlag des Briefs, und fand, unterhalb der Addresse, Stunde und Tag bemerkt, an welchem die Gräfin gestorben war, so daß diese Nachricht ihrem Gatten zuerst in die Augen fallen, und den Eindruck der Abschiedsworte noch erschütternder machen mußte. In den undeutlichen Schriftzügen war die Hand des Schreibers übrigens nicht zu erkennen.

Hugo bemerkte die Aufmerksamkeit, mit welcher ich das Aeußere des Briefs betrachtete. Er fragte: »Was fällt Ihnen hier auf?« »Nichts,« lächelte ich, als daß ein geistiger Bote so materieller Bescheinigung nicht bedürfe. Und wie viel[95] sanfter und friedlicher würde das Wehen der scheidenden Seele die Ihrige berührt haben, wenn ein Durchfliegen der Räume möglich wäre!«

Er sah mich ungewiß an. »Sie haben wohl recht,« hub er tiefsinnig an, »allein es lag etwas Tröstliches darin, daß ich an Emma's Nähe, in dem Zimmer, das sie so liebte, glauben konnte. Ich war deshalb an die Burg gefesselt, die sonst auf mich drückt.«

»Warum,« fragte ich, »wollen Sie die geliebte Nähe da bezweifeln, wo Sie sie warm und lebendig empfinden? Die Erinnerung hat beselende Kraft, und es giebt geweihte Plätze, an denen sie mächtiger ist, als an andern. Wenn ich das Gespenstische bestreite, so lasse ich darum dem Geistigen sein volles Recht.«

»Gewiß! Gewiß!« erwiederte er zerstreut. Sein Blick hatte Ihr Miniaturbild, Elise! in der Fenstervertiefung entdeckt. Es ängstigte ihn augenscheinlich, daß er öfter darauf hinsehen mußte. Er griff nach seinem Hut. »Leben Sie wohl!« sagte er voll Innigkeit. Ich reichte ihm die Hand. Er schüttelte sie bewegt aber eilig, und ging mit den Worten: »Ich komme wieder! Bald! Morgen vielleicht!«

Er war fort. Ich behielt einen undeutlichen[96] Eindruck von ihm. Glauben Sie mir, er ist sich selbst nicht klar. Die Tannenhäuserin war vor einer Stunde hier. Sie erzählte, gestern Abend sei Walter zu ihr gekommen, und habe gesagt: Als er ohnlängst am neuen Bau bei Wehrheim vorüber ging, die halbaufgeführten Mauern, die Steine am Wasser, die großen Quader zur Treppe und was sonst noch an Material herbeigeschafft war, bedauernd ansah, und bei sich dachte, daß nun diese Mühe auch umsonst gewesen, die großen Anstalten zu nichts führten, und alle gemachten Pläne der Besitzer, wie die kurze Ehe und das häusliche Glück, in Stücken umherlägen, da sei Jemand durch das alte Thor, was noch stehen geblieben, hindurch, auf die Baustelle geritten. Dort stieg der Reiter vom Pferde, und dieses am Zügel haltend, stand er eine Weile vor dem angefangenen Gebäude, als durchlaufe er mit den Augen die Umrisse, wie den ganzen Entwurf desselben.

Walter erkannte, trotz der Dämmerung und dem bewölkten Himmel, den Grafen. Er wollte ihn nicht stören, trat deshalb zurück hinter die Stützen des Gerüstes. Jener glaubte sich allein, er machte eine heftige Bewegung mit dem Arm, indem er sich abwandte, als wolle er das Nichtige[97] und Vergebliche menschlicher Vorsätze ausdrücken. Der Trauerhandschuh, den er abgezogen hatte und nicht fest zwischen den Fingern hielt, flog hierbei seitwärts auf die Spitze einer Stange oben am Gerüst, der Graf sah in die Höhe. Die schwarze Hand, welche gleichsam in der Luft zu schweben schien, und wie ein Wahrzeichen herabdrohte, mochte ihn erschrecken; er warf sich eilig auf's Pferd und sprengte davon.

Walter gestand, daß auch ihm die schwarzen, herüberhängenden Finger, vom Winde bewegt, ein Grauen eingejagt, und er sich rasch auf und davon gemacht hätte.

Beide, die Tannenhäuserin und er, redeten noch mancherlei über die Umwandlungen in der gräflichen Familie, als es an's Fenster pochte und eine bekannte Stimme fragte, ob der Graf hier sei? Die Wirthin öffnete das Haus. Birkner, Hugo's Kammerdiener war es. Einige Schritte weiter hielt dessen Jagdwagen. Er war bepackt und die Laternen angesteckt.

»Ihr Herr ist nicht hier,« sagte die Tannenhäuserin, »allein, mein lieber Birkner, Sie scheinen reisefertig, wollen Sie den Grafen nur abholen, um ihn von hieraus auf längerer Fahrt zu begleiten?«[98]

»Das weiß der Himmel,« versetzte jener, »ob heute endlich etwas daraus wird. Wir packen seit ein Paar Tagen Abends und Morgens, und kommen nicht von der Stelle.«

Es pfiff hier hell durch den Wald. »Aha!« rief der ungeduldig Wartende, »da ist er! nun wollen wir sehen, wohin wir unsere Schritte lenken werden?«

Hugo kam langsam von der Seite herbei geritten. »Kehre nur um!« sagte er halblaut. »Ein andermal! Ich reite voraus.«

Er grüßte nach dem Hause zu, in welchem er Jemand stehen sah.

»Da haben wir's!« flüsterte Birkner, mit den Achseln zuckend. »Das ist ein Elend! kein Wille und kein Entschluß! Wozu denn nur die unnützen Befehle und die Plackerei? Zur Ausführung kommt es doch nicht!«

Hugo wandte hier sein Pferd, und kam gerade auf das Haus zu. »Sind Sie noch auf den Beinen?« sagte er, bei seiner alten Freundin anhaltend. »Guten Abend! guten Abend!« fügte er leutselig hinzu. »Ich konnte doch nicht ohne Gruß vorüberreiten.«

Es entspann sich nun bald ein Gespräch zwischen Beiden, das freilich von seiner Seite einsilbig,[99] wie immer, blieb; doch veranlaßten ihn die Fragen der dreistgemachten Frau, ob er denn wirklich verreisen wolle? und wohin? was am Ende aus den schönen Gütern und dem angefangenen Hausbau werden solle? ob er es mit ansehen könne, daß Alles unvollendet liegen, und Mühe und Arbeit umsonst bliebe? Zu der schmerzlichen Wiederholung der Worte, daß Alles unvollendet liegen bliebe! »Ja, ja, meine gute Frau!« setzte er schwermüthig hinzu, »das geht im Leben nicht anders! Es zerstört unsere Arbeit, wie uns selbst. Gute Nacht!« sagte er dann weich, und im Wegreiten bemerkte er: »Ich bin noch nicht weg! Wer weiß! Gute Nacht! gute Nacht!« Und damit ritt er fort.

Liebe Elise, das ist Alles, was ich Ihnen über Hugo mitzutheilen weiß. Ich habe ihn vor Ihnen sprechen und handeln lassen. Sie selbst werden ihn beurtheilen. Sagen Sie mir doch nur recht bald, wie Sie in sich Ruhe und Muth wiederfanden? Ihr letzter Brief hat mich sehr erschreckt.[100]

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 2, Frankfurt a.M. 1829, S. 86-101.
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