An Fichte.

Entquoll'n ist mir das letzte Lied aus drei'n

Von Sigurds Leben, Tod, Rach' und Geschlecht,

Und vor Dich hin tret ich, ehrwürd'ger Freund,

Es Dir zu bringen wie die andern zwei.

Schenk' diesem auch den ehrend heitern Blick,

Dem Du der ersten Gabe: Sigurds Thaten,

Und seinem frühen Falle, hast gegönnt.

Des Frühlings Lieblichkeit, dem Grab' entkeimt,

Neuherrlich Leben aus verfallner Asche,

Kurz, Hoffnungslicht singt dieses letzte Lied.

Ja, letztes Lied, vielleicht nicht nur allein

Aus dieser Reih', vielleicht des Sängers letztes.

Denn Waffen klirr'n ringsum, des Kampfs Getos

Brüllt neuerdonnernd über deutsche Flur,

Und solch bekannter Ton dringt mir an's Herz.

Die früh' im ernsten Krieg geführte Wehr,

Sie regt sich, wie des Barden Saitenspiel,

Wenn Geisterhand drob hingerauscht, von selbst,

Als dringe bis zu ihr der Frühling ein,

Und rufe sie zu jungem Leben auf

Nach langem, langem Winterschlaf. – Wer weiß?

Das Schlachtenleben, so an Rheines Ufern

Mich einst durchblitzt hat, lebt wohl wieder auf.

Dann rollt auch wohl der ehrne Würfel so,

Daß er diesseits den Liedermund mir schließt. –

Nimm dieses Wort dann als den letzten Gruß[1]

Aus innig liebevoller, treuer Brust,

Und laß des ehrlichen Kriegstodten Bild

Bisweilen warm und lebend vor Dir stehn. –

Wohin verlor ich mich? Noch keine Stimme,

Die den pflichttreuen Sinn mir wecken darf,

Trifft, zum Gefecht aufmahnend, an mein Ohr.

Ein ländlich Leben in vergeßner Stille

Kann meiner harr'n, beschämend jeden Traum

Siegreicher Herrlichkeit und tapfern Tod's.

Auch das willkommen, wie's der Himmel schenkt!

Vollendet ist (ich sprech' es frohen Sinns)

Mir doch vorerst mein treues Norder-Lied,

Und weil es meiner Bahn ja ward gegönnt,

Dies zu vollenden, regt sich muthig auch

In meiner Brust der Glaub': es sei nicht unwerth

Der edlen Sagenwelt, aus der es stammt –

Denn hätt' ihr Zorn den Unberufnen nicht

Sonst fortgeblitzt alsbald in Todesnacht? –

Abwendend mich vom furchtbar'n Zauberkreis

Fass' ich, wie erst zum Gruße, Deine Hand

Zum Abschied jetzt, an Deinem Auge zündend

Mir Kraft und Lust zu Allem, was da taugt.

So sei's nun in des Lebens Werkeltag

Aus meiner nordisch heil'gen Nacht geschritten!

Auch was da draußen webt, ist Gottes Spiel.


Geschrieben im Mai 1809.[2]

Quelle:
Friedrich de la Motte Fouqué: Ausgewählte Dramen und Epen. Hildesheim 1996, S. 1-3.
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