Scena III.

[24] Lorentz. Heine.


LORENTZ.

Ja lieber Heine du sagst recht,

Vnd wenn der Haf an Boden dächt,[24]

So würd er nit bald vberlauffen,

Ich künd dir auch ein Kappen kauffen.

Hetst du dich gflissen in deinr jungend,

Guter Sitten, Künst vnd Tugend,

Du hetst bekommen Gut vnd Haab,

Vnd giengest nit am bettelstab,

Ietzund in deinen alten tagen,

HEINE.

Loß fauler Lentz, laß dir sagen.

Hetstu behalten Haab vnd Gut,

Vnds nit verthan auß Vbermut,

Du werest auch dahin nit grahten,

LORENTZ.

Mein Gsell, laß dir ein Wurst hie braten.

Du weist nit wie mein Sach ist gstanden,

Bist nit viel gweßt in frembden Landen.

HEINE.

Wie kanst das reden fauler Lentz,

Kein Kilweyh ist, kein Jahrmarckt jetz,

Da wir beysamen nit sein gwesen,

Vnd mit einander Bein auffglesen.

Hab kennt dein Ene, dein Vater auch,

LORENTZ.

Wo hast sie gesehn du alter Gauch?

HEINE.

Zu Rufach an dem Galgen hangen,

Dein Bruder an eim Stock da prangen,

Dein Mutter an einer schwartzen Saul,

LORENTZ.

Es ist nit war du geifer maul.

Dein Ene ligt zu Schletstatt noch,

Auff einem Rad, was leugstu doch?

So hat man deinen Bruder ghenckt,

Vnd dschwester in eim Sack ertrenckt,

So strich man dich mit Ruten auß,

Da du hetst brochen in ein Hauß,

Vnd gschnitten einr ein Seckel ab,[25]

HEINE.

Mein hab du kein verdruß darab,

Weil mir die Warheit hie wilt sagen,

Was ich gethan in meinen tagen,

So zeuch mir du den Schlap von Ohren,

LORENTZ.

Ey helst mich dann für einen Thoren?

Daß ich mein Kopff entblössen solt,

HEINE.

Dein Ohren ich gern sehen wolt.

Schweig still, botz darm, mein Heintz schweig stil,

Das niemand hör, es ist sonst zviel.

LORENTZ.

Wir wöllens also bleiben lon,

Wie stet es jetzt mit deinem Son,

Dann ich mich noch erinnern kan,

Das er solt werden mein Tochterman.

Zu Bischoffszell gschach diese Red,

HEINE.

Ich weiß noch wol, dann wir allbed

Den willen haben drein gegeben,

LORENTZ.

Mich dünckt, sie fügen zsamen eben.

Mein Gret ist faul, dein Hans nit schafft,

Viel lieber in der Statt vmbgafft.

Sie han sich beyd an schelmen griben,

Vnd schon viel ehrlich Stück getriben.

Ich meint sie weren sich wol erneren,

HEINE.

Wils GOTT, so gschichts mit allen ehren.

Dann er mein Son jetz also bar,

Ein Prob gethan, sag dirs fürwar.

Dann als er bey einer nächsten Statt,

Ein reicher Kutler für ihn gaht,

Spricht er jhn vmb ein Almußn an,

Der Bürger steht da stille stan,

Zeucht rauß ein Seckel voller Cronen,

Wil jhn mit einem Fünfer lohnen.[26]

Mein Hans erhascht den Seckel bhind,

Laufft schnell daruon gleich wie der Wind.

Biß jener in sein Statt hinkommen,

Hat er sein flucht schon weit hinnommen.

Gräth jhm noch einmal solche Schantz,

Er kaufft seiner Gret ein Perlen Krantz.

Wie gfelt dir dieser Tochterman?

LORENTZ.

Mein Gret auch wol auffraumen kan.

Sie dienet zCostentz für eim Jahr,

Einr reichen Frawen, sags fürwar.

Dieweil sie jhr nit schaffen möcht,

Hat sie ein feinen List erdacht,

Vnd auff jhr Ring fein gnommen wahr,

Vnd was die Fraw an Gelt hett bar.

Als sie jhr gelegenheit ersehen,

Hat sie, wie vormals auch geschehen,

Das Trüchlein mit dem Gelt hingstolen,

Darzu zween Rock, sags vnuerholen.

Wie gfelt dir diese Sönin gut?

HEINE.

Gar wol, es ist ein junges Blut,

Vnd läßt der Hencker sie lang leben,

Man wird sie finden, sag ich eben,

In grosser Reichthumb vnd in Ehren,

Wer könd ein besser Handwerck lehren?

LORENTZ.

Was wirt deins Hansen Zugelt sein?

HEINE.

Jch gib jhm Basel vnd Straßburg eyn.

LORENTZ.

So wil ich meiner Tochter eben,

Costentz vnd Zürch zum Heurat geben.

Vnd nim mir nur ein gassen auß,

Darinn ich bettel von Hauß zu Hauß,

Daß jhren keins dahin sol kommen,

Die wil ich haben außgenommen.[27]

HEINE.

Vnd ich zween Jarmärckt zu Lucern,

Vnd die reich Kyllweyh der Statt Bern.

LORENTZ.

Mein lieber Heine sieh dich vmb,

Ob jemand hinden nacher kum,

Daß wir vns schicken auff die Bahn,

HEINE.

Bey Gott, ich sieh dort einen Mann.

Nim flux dein Krucken vndern Arm,

Vnd bind die Schenckel also warm.

Du Lienlin führ mich an dem Stab,

Ich gsich jetz nichts, gang deinen trab.


Quelle:
Nicodemus Frischlin: Fraw Wendelgard. Stuttgart 1908, S. 24-28.
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