1. Scene.


[5] Wirt. Lehnl. Pauli. Traudl.


WIRT steht im Hintergrunde am Fenster. Dank' schön! Dank' schön! Laßt's es jetzt nur gut sein und jub'lt's net z' früh'! Es könnt' leicht sein, daß euch später reu'n thät'.

LEHNL sitzt am Ofen und schneidet Spähne. A bah! Wär's denn schon dag'wes'n, daß a Bauer 'was in' Himm'l g'hob'n, was er später in d' Höll g'worf'n hat.

WIRT. Du hast halt all'weil a Schandmaul!

TRAUDL sitzt mit Pauli vorn am Tische links. Und das bringt er auch kaum mehr an, bis ihn net ein grab'n.[5]

WIRT auf Traudl zugehend. Ja seid ihr auch da; hab' euch vor lauter Gregori gar net g'seh'n! Na, wie steht's denn mit mei'm Herrgott, Pauli?

PAULI. Der is schon fertig. I hab' ihn da!

WIRT. Nachher is recht! Wart' an Aug'nblik, i heb' nur mein Feiertagg'wand auf, dann bin i gleich wieder da! Ab nach links.

TRAUDL. Hab' mir's heut' wieder 'denkt, wie i in Ettal g'wes'n bin und die Muttergottes so betracht' hab; a solche wenn halt mein Pauli mach'n könnt'!

LEHNL. Laß dir nur Zeit! Unser Herrgott hat ja auch z'erst's Mandl g'macht, dann hat er erst d' Eva g'schnitz'lt.

TRAUDL. Du Schwatzer!

LEHNL. So laß mi schwatzen, i hab' ja sonst auch nix z'thun. Mi bring'n meine Füß' nimmer nach Ettal.

TRAUDL. Aber in's Wirthshaus bring'n's di 'nein!

LEHNL. Da geh'n's von selber.[6]

TRAUDL. No wart' nur, nachher werd'n's di schon auch amal in d' Höll' 'neintrag'n.

LEHNL. Ah na! der Teuf'l holt kein' mehr. Es is ihm d' Arbeit z'viel und von selber komm' i net.

PAULI. Hast nachher für mi auch 'bet' in Ettal, Mutterl?

TRAUDL. Für was geh' i denn wallfart'n, als daß du amal g'scheidt werd'n sollst.

PAULI. Bin denn i dumm?

TRAUDL. No – mit deiner dalket'n Lieb', das wird wohl net g'scheidt sein. So a Narretei, die kein' Heimat hat und kein Abseh'n! Wie oft hat dir d' Loni schon 'zeigt, daß dir nix will, und doch gehst all'weil wieder her und schmachst 's Mad'l an, wie a Kuh 's neue Stad'lthor.

PAULI. Schau, Mutterl, da verstehst du nix davon.

TRAUDL. Wenn i auch jetzt nix mehr davon versteh', so hab' i doch amal 'was davon verstand'n. Und das wird jetzt[7] noch g'rad so sein, als zu meiner Zeit. Da wird wohl der Teuf'l net auch sein' Fortschritt 'nein 'bracht hab'n.

PAULI. Ereifer' di net, Mutterl, i weiß ja doch, daß du's gut meinst mit mir; und dein Bet'n wird wohl auch für 'was gut g'wes'n sein.

TRAUDL. Das will i hoff'n! Brauchst aber net z'glaub'n, daß i g'rad für di allein 'bet' hab'. Wenn i schon amal nach Ettal geh', so hab' i gar viel am Herz'n! da bet' i für die Armen und Unglücklich'n –

LEHNL. Vergelt dir's Gott!

TRAUDL. Was denn?

LEHNL. Daß du an mi auch denkt hast!

TRAUDL. An di? Ja g'hörst denn du zu den Unglücklich'n?

LEHNL. No, i werd' wohl dazu g'hör'n, wenn i die ganze Zeit dein dalket's G'schwatz anhör'n muß.

TRAUDL. O du Nixnutz, du heilloser! Du hast's notwendig, wo man di so wie so zu nix mehr brauch'n kann als zum Spahnschneid'n.[8]

LEHNL. Schimpf' net über mein G'schäft; denn dein Bua, der Herrgottschnitzer und i, wir hab'n 's gleiche Metier und der einzige Unterschied is nur der, daß er krumm in's Holz 'nein schneid't und i g'rad.

TRAUDL. Aber Schait'n macht's alle zwei!

LEHNL. Jetzt bist du die G'scheidtere; weil auch so a Schait'n bist.

TRAUDL. Was, i?

LEHNL. Ja, du! Sixt, d' Schait'n sind akurat wie d' Mensch'n; die einen sind weich und klieb'n sich so leicht, daß blos a Druckerl brauchst, nachher hast es; die andern sind dir aber schon so hart, zäh und pechig, da kannst g'rad druck'n, was du magst und sie geh'n dir doch net von einander – dabei schneid'st di diemal noch in' Finger auch!

TRAUDL. Was du aber g'studiert daher red'st!

PAULI. Er hat ja selber so 'was von ei'm pechig'n Schait'l an ihm![9]

LEHNL. Warum i?

PAULI. I mein' halt, weil du gar so zäh an der Loni hängst! Euch zwei könnt' man auch schwer auseinander bring'n. Bist ja ihr leibhaftiger Schatt'n. Wo 's Deand'l is, bist du auch!

LEHNL. Meinst? No, und wenn's so wär', dann hätt' i ja noch 'was mit dir g'mein. Es ist wahr, i häng' am Mad'l, und 's Mad'l vielleicht auch a bisl an mir. Bei dir aber is das Hängets blos einseitig.

PAULI seufzt. Ja, leider!

LEHNL kommt näher. Sixt, Pauli, i verarg' dir's auch gar net, daß du so seufz'n thust und am End' gar eifersüchtig bist auf mi – is ja kein Wunder. Wenn das Deand'l anschaust, wie's ihr Köpferl so aufwirft und so lieblich d'rein schaut mit ihre Haselnußaug'n, da meinst g'rad, 's Hirn wird dir siedet – dabei hat's a seelengut's Herz und is lieb und freundlich mit jedem Menschen. Das Madel kommt mir g'rad vor wie d' Sonn', die scheint auch unverdroß'n auf a Ros'n wie auf a Brenneß'l.


Quelle:
Ludwig Ganghofer und Hans Neuert: Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Augsburg 21880, S. 5-10.
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