1. Scene.


[93] Wirt. Röthelbachbauer. Huberbauer. Kramerlenz. Schneiderjackl und Lehrer sitzen im Gemeinderate beisammen.


WIRT. Also – die zwei Sach'n wär'n erledigt. Jetzt kommt 'was and'res. Am Steg' über'n Amperbach is 's G'lander 'broch'n und sind schon drei Stück Vieh' 'nunterg'fall'n. Es fragt sich jetzt, wer soll das G'lander mach'n laß'n.

RÖTHELBACHBAUER. No, das is gleich bei'nander – wer's eing'rennt hat, zahlt's.

WIRT. Eing'rennt hat's dem Simlechner sein Ochs.

RÖTHELBACHBAUER. No, der Ochs wird's net zahl'n, also zahlt's der Simlechner.

WIRT. Der sagt aber, die G'meind' müßt's zahl'n, denn das Vieh, das über'n Steg geht, is G'meindevieh!

HUBERBAUER. Der Ochs g'hört aber net blos in d' G'meind', er g'hört auch dem Simlechner.[93]

RÖTHELBACHBAUER. Da wird's halt doch am Ochs'n häng'n bleib'n.

HUBERBAUER. Oder an alle Ochs'n von der G'meind'.

WIRT. Auf die Weis' wird 's G'lander gar net g'macht!

LEHRER. Jetzt, i mein' halt –

RÖTHELBACHBAUER. Der Lehrer hat gar nix z' meinen, sondern nur z' schreib'n.

HUBERBAUER. Der Simlechner muß mach'n laß'n und damit hasta!

WIRT. Das thut er net!

HUBERBAUER. Nachher laß'n wir's auf an Prozeß ankommen.

WIRT. Freilich – 's G'lander mach'n, das kost' vielleicht zehn Mark und hundert Mark verprozessir'n wir!

HUBERBAUER. Wenn wir an Advokat'n nehmen –

WIRT. So steckt der 's Geld ein und wir schau'n unser 'broch'n's G'lander an.[94]

RÖTHELBACHBAUER. Nachher zieh'n wir derweil an Strick 'rüber und überleg'n uns das Andere.

HUBERBAUER. A recht!

LEHRER. I hätt' halt' 'denkt –

RÖTHELBACHBAUER. Der Lehrer hat gar nix z' denk'n, sondern nur z' schreib'n!

WIRT. Also bleibt's bei'm 'broch'nen G'lander?

ALLE. Ja!

WIRT. Geh'n wir nachher zu 'was andrem über. Betreff Unterstützung des Pechlerlehnl – der Lehnl hat seit zwei Jahr' a kleine Beisteuer zu sei'm Unterhalt von der G'meind' 'kriegt und es fragt sich jetzt, wie das weiter soll g'halt'n werd'n. Eigentlich ging's die G'meind' gar nix an, denn der Lehnl g'hört in's Oest'reichisch' 'nüber. Aber in Anbetracht, daß er seit dreiundzwanz'g Jahr' der G'meind' manch'n Dienst erwies'n hat, fleißig und arbeitsam g'wes'n is, hat man ihm die Unterstützung zukommen laß'n.

HUBERBAUER. I bin dafür, daß man 's eingeh'n laßt. Plag'n hat sich a andrer auch müß'n und kriegt nix, warum soll g'rad den die G'meind' erhalt'n?[95]

WIRT. No, von erhalt'n kann g'rad kein' Red' sein; mit dem allein, was er kriegt, kann er net leb'n, aber –

LEHRER. Verhungern kann er damit.

HUBERBAUER. Jetzt möcht' i den Herrn Bürgermeister doch schon d'rauf aufmerksam mach'n, daß das D'reinred'n vom Lehrer net geht.

LEHRER. Nix für ungut, i hab' nur laut 'denkt.

WIRT. Leb'n thut der Lehnl von mir, also kann man net sag'n, die G'meind' erhalt' ihn – und die paar Pfennig' Zulag', meinet i, könnt' man ihm laß'n.

RÖTHELBACHBAUER. Wenn der Herr Bürgermeister meint, laß'n wir's ihm.

ALLE. Laß'n wir's ihm!

HUBERBAUER. Ja, laß'n wir's ihm! I bin auch dafür.


Quelle:
Ludwig Ganghofer und Hans Neuert: Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Augsburg 21880, S. 93-96.
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