14.

[40] Aus zerrißnen Wolkenmassen

Steigt ins Blau der goldne Mond

Und beglänzt den Bergesgipfel,

Wo die Burgruine thront.


Am bemoosten Turme steh' ich,

Himmelswärts das Angesicht,

Und ich horche, und ich lausche,

Was der Mond herniederspricht.


Von viel tausend Mädchenaugen

Ist's ein wunderbares Lied,

Von viel tausend roten Küssen,

Die er in den Talen sieht.


Und schon will er mir erzählen

Von dem fernen blonden Kind -

Ach, da kommen dunkle Wolken,

Und das Lied verweht im Wind.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1918, S. 40.
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