Fünfter Auftritt

[487] Die Vorigen. Herr Ferdinand.


FERDINAND. Nun, wie steht's um unsere Sachen? Hat sich meine Frau Muhme bald zufrieden gegeben? Sie hat in unser Quartier geschickt und uns wieder herbitten lassen. Ich weiß nicht, was wir sollen, ob sie uns vielleicht noch einige Grobheiten sagen will, die ihr in der Hitze nicht gleich beigefallen sind. Herr Simon wird gleich auch zugegen sein.

LORCHEN. Meine liebe Christiane, gehn Sie doch, und empfangen Sie Herr Simonen. Führen Sie ihn nur gleich in Ihre kleine Stube.[487] Die Mama möchte sonst empfindlich werden, wenn er erst zu mir käme. Aber tun Sie mir nicht gar zu freundlich mit ihm: ich sage es Ihnen. Mehr als drei- oder viermal dürfen Sie sich nicht küssen lassen. Kommen Sie nur her, ich will Ihnen ein Mäulchen geben, das können Sie Herr Simonen in meinem Namen wiedergeben: so behalten Sie doch ein gutes Gewissen.

CHRISTIANCHEN. Nein, das muten Sie mir nicht zu! Ich weiß nicht, warum Sie so mit mir scherzen. Warten Sie nur, ich will mich an Ihnen rächen und es Herr Simonen gleich wiedersagen. Ich bin recht froh, daß ich Sie so aufgeräumt sehe.

LORCHEN. Ja, das macht die Liebe und Sie, daß ich so zufrieden bin. Und ich will es Ihnen nur sagen, ich möchte Sie auch gern verliebt und gern so glücklich machen, als ich bin.

CHRISTIANCHEN. Itzt noch nicht. Lernen Sie mir nur die Liebe erst kennen. Wenn ich artiger bin, alsdann ist es Zeit genug. Ich höre jemanden, ich will gehen, es möchte Herr Simon sein.

LORCHEN. Geschwind, sehen Sie noch erst einmal in den Spiegel, ob Sie auch geputzt genug sind. Herr Simon gibt auf alles acht.

CHRISTIANCHEN. Er wird nicht sehr auf mich sehen. Wenn er auf seine Braut sieht, so kann er meine Fehler nicht wahrnehmen.


Quelle:
Christian Fürchtegott Gellert: Werke, Band 1, Frankfurt a.M. 1979, S. 487-488.
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