Neunzehnter Auftritt

[441] Julchen. Lottchen. Cleon.


CLEON. Nun, meine Kinder, wenn euch nichts weiter aufhält: so sähe ich's gern, wenn ihr die Ringe wechseltet, damit wir uns alsdann Paar und Paar zu Tische setzen können. Ei, Lottchen, wer hätte heute früh gedacht, daß du auf den Abend mit einem Rittergute zu Bette gehen würdest! Der Himmel hat es wohl gemacht. Julchen kriegt einen reichen und wackern Mann, weil sie wenig hat. Und du, weil du viel hast, machst einen armen Mann glücklich. Das ist schön. Dein Siegmund wird schon erkenntlich für deine Treue sein. Er kann einem durch seine[441] Worte recht das Herz aus dem Leibe reden. Der ehrliche Mann! Wievielmal hat er mir nicht die Hand geküßt! Wie kindlich hat er mich nicht um meine Einwilligung gebeten!

LOTTCHEN. Das ist vortrefflich. Nun lebe ich wieder. Lieber Papa, hat Herr Siegmund denn heute bei Ihnen um meine Schwester angehalten? Das kann ich nicht glauben.

CLEON. So halb und halb hat er's wohl getan. Er mochte etwan denken, daß Herr Damis ein Auge auf dich geworfen hätte, und daß dir's lieber sein würde, einen Mann mit vielem Gelde zu nehmen. Ich war anfangs etwas unwillig auf ihn; aber er hat mich schon wieder gutgemacht. Man kann sich ja wohl übereilen, wenn man nur wieder zu sich selber kömmt. Da kommen sie alle.


Quelle:
Christian Fürchtegott Gellert: Werke, Band 1, Frankfurt a.M. 1979, S. 441-442.
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