Zweyter Auftritt.

[64] Arates, Bedienter, zwo Aufwærterinnen, die vorigen.


ARATES indem er aus dem Gezelt geht. Du, mein Getreuer! sollst so wichtige Dienste nicht umsonst gethan haben. Es ist also gewiss das Weib, der du das Kind ybergabest.[64]

BEDIENTER. Ganz gewiss, mein Herr! Ich hætte noch ihre Gesichts-Zyge gekannt, wenn sie mir auch den Ring nicht mehr hætte aufweisen kœnnen, den ich dir ybergeben habe. Auch ist deine Tochter so liebenswyrdig, dass du sie gern dafyr erkennen wirst. Dort steht sie.

ARATES geht auf sie zu. Seyd mir gegrysst, o sey mir gegrysst, meine Tochter! bestes Geschenke der Gœtter! Umarme mich, geliebtes Kind!

ALCIMNA. Du bist mein Vater! das sagt mir mein aufwallendes Herz.

ARATES. Ich glyklicher Vater! O welche Freude!

ALCIMNA. O mein Vater![65]

ARATES. Den Gœttern seys gedankt, die alles so zum glyklichen Ende leiten! O geliebtes Weib! wie wol war deine Sorge angewandt!

CHLOE. Mein Herr! Die Gœtter haben meine Myhe gesegnet; ich ybergebe dir die liebenswyrdigste Tochter.

ARATES. O wie die Unschuld der Sitten und des Herzens so schœn ist! Weib! deine Sorge soll nicht unbelohnt bleiben. Noch einmal, umarme mich, geliebtes Kind!

ALCIMNA. Ich umarme dich, geliebter Vater!

ARATES. Chloe mag izt zu Hause ihre Geschæste besorgen, bis ich sie wieder rufen lasse; ich eile zum Fyrsten, ihm meine Freude zu sagen. Indess, mein Kind! bleibe du[66] bey diesen, die ich zu deiner Bedienung mitgenommen habe; ich werde dich bald in unserm Gezelt wieder finden.

CHLOE. Lebe wol, meine Tochter! Ich werde dich immer so nennen. Ich will izt nach meiner Hytte gehen.

ALCIMNA. Lebe wol, meine Mutter! Aber verlass mich nicht fyr lange. Nicht wahr, du kœmmst bald wieder zuryk?

CHLOE. Ich werde nur meine wenigen Geschæfte besorgen – – –


Quelle:
S[alomon] Gessner: Schriften. Band 3, Zürich 1762, S. 64-67.
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