Zweiter Auftritt

[82] Vorige. Gretchen.


GRETCHEN. Was hat Er denn so gnädig? O Himmel, ein fremder Herr!

TURBARIUS. Erschrick nur nicht. Es ist der Herr Major, ich stehe recht in der Gnade bei ihm. Est bonus amicus.

GRETCHEN. Und das sagt Er mir jetzt erst, und ich stehe schon so lang ohne Kompliment da. Nun, grüß Ihn Gott, Herr Major, wie geht's Ihm denn?

TURBARIUS. O Bauernmadliana! sagt man denn zu einem Herrn Major Er? Man spricht ja in der vielfachen Zahl, im plurali.

GRETCHEN. So bitte ich halt um Verzeihung, daß ich nicht höflich genug mit Eng war – Ös müßt's deswegen nicht bös sein.

TURBARIUS. O Dummkopfiana.

STERN. Halt Er sein Maul, Strohkopfianus!

TURBARIUS zu Gretchen. Siehst du, wie gern er mich hat, weil er schon latein mit mir spricht.

STERN. Schweig Er und packe Er sich, ich will allein mit dem Mädel sprechen.

GRETCHEN. Ja, ja, er kann schon gehn, ich brauche ihn nicht dabei, wenn mir der Herr Major was Schönes sagt.

TURBARIUS. O ich glücklicher Mensch! Sogar der Herr Major nimmt meine Braut in Protektion. Ab.

STERN. Du bist also wirklich Braut?

GRETCHEN. Freilich, drum sehe ich auch so lustig aus, weil ich nicht weit mehr zur Hochzeit habe.

STERN. Ist denn der Gutsherr damit zufrieden?

GRETCHEN. Um den fragen wir nicht viel, der weiß ja nie, was er tut. Letzthin hat er mich für die gnädige Frau angesehen, hat mir gute Perlen schenken und durchaus vor der gnädigen Frau küssen wollen. Ah, das ist noch nicht genug – in der vorigen Nacht glaubt er auf einmal, er ist auf der Jagd, nimmt die Flinte, und ich weiß nicht, für was für ein Tier als er dem Herrn Major seine Schwester muß angeschaut haben, er hat's durchaus erschießen wollen.

STERN. Million Donnerwetter! Jetzt ist's Zeit, daß ich den Narren den Kopf zurechtsetze.

GRETCHEN. Ja, ja, das würde recht gut sein. – Nun, wenn[83] der mein Mann wäre, dem wollte ich den Kopf auf eine kuriose Art zurechtsetzen.

STERN betrachtet sie mit Wohlgefallen. Ein Mordkerl von einem weiblichen Rekruten! Das wäre so ein Bursche in meine Leibkompanie. Hans, habe ich recht oder nicht? – Aber sag mir nur, Mädel, wie kann dir denn einfallen, einen solchen Dummkopf zu heiraten?

GRETCHEN. Das macht nichts. Wenn mein Mann auch dumm ist, da bin ich doch versorgt, und ein solches Glück wird nicht leicht ein Bauernmädel machen.

STERN. Also nimmst du ihn bloß der Versorgung wegen?

GRETCHEN. Zu was hat man denn sonst einen Mann, als daß man eine Frau spielen kann. Ich werde ihn schon nach meiner Hand ziehen. Es kommt nur darauf an, daß man den Männern gleich im Anfang das neue Jahr abgewinnt. Wenn der Mann im Zimmer herumrumpelt und brummt wie ein Bär, so setzt man sich halt stille in einen Winkel und lacht ihn heimlich aus. Er kommt schon selber wieder. Wenn er aber hernach gut werden und ein Busserl haben will, da heißt's: just nicht! – oh, da werden s' hernach so heimlich, und eh man einen Gedanken hat, rucken s' mit einem Hut oder ein Kleid hervor, sie mögen's hernehmen, wo's wollen. Nun, wenn der Herr Major verheiratet ist, so wird Er's ja ohnedem selber wissen, daß die Männer unterm Pantoffel stehn.

STERN. Teufelskerl! Nein, die ist zu lebhaft für den dummen Amtsschreiber. Mir fällt was bei – mein Hans ist ein braver, tüchtiger Junge, der soll's haben. Zu Hans. Nicht wahr, Bursche, nach einem solchen Mädel wässert dir das Maul? Hans, hab ich recht oder nicht? – Wie ihm die Augen funkeln. Ich gebe sie dir zum Weibe, Hans, hab ich recht oder nicht?

HANS. Nein, der Herr Major haben unrecht, denn als Reitknecht kann ich sie nicht erhalten.

STERN. Verfluchter Kerl, du sollst mir nicht widersprechen. Ich mache dich zu meinem Stallmeister.

HANS. Jetzt haben der Herr Major wieder vollkommen recht.

STERN. Komm einmal her, Mädel, und sieh den Burschen da an; wie gefällt er dir?

GRETCHEN. Der da? Dreht ihn nach allen Seiten herum und[84] sagt dann ganz vertraut zum Major. Der passiert. Wer ist Er denn?

STERN. Von heute an mein Stallmeister. Ich gebe ihn dir zum Manne.

GRETCHEN. So? Ist er mehr als der Amtsschreiber?

STERN. Er lebt viel angesehener und besser. Nun, willst du ihn?

GRETCHEN. Ja, er wäre mir schon recht; aber ich weiß ja gar nicht, was ich als Stallmeisterin zu tun habe. Muß ich etwa auch dem Herrn Major die Pferde besorgen helfen?

STERN. Warum nicht gar. Besprecht euch nun zusammen, und wenn ihr euch gefallt, so sagt mir's. Hier habe ich eine Heirat gestiftet, jetzt eile ich zu meinem närrischen Schwager, vielleicht eine zu trennen. – Nun, ich glaube, ihr möchtet je eher je lieber schon Hochzeit halten? Hans, habe ich recht oder nicht? Ab.


Hans und Gretchen sehen sich komisch an.


GRETCHEN. Nun, Herr Stallmeister?

HANS. Nun, Frau Stallmeisterin?

GRETCHEN. Ist's denn schon richtig?

HANS küßt sie. Da hast du die Darangabe.

GRETCHEN. Das war zuviel, da muß ich Ihm was davon herausgeben. Was wird denn aber der Amtsschreiber dazu sagen?

HANS. Wer frägt um den. Ich will mir eine Schrift aufsetzen, die der gnädige Herr unterschreiben muß. Weil wir nur den Herrn Major auf unserer Seite haben, dann geht alles gut; aber du, ich bleibe Herr im Hause – Element! Das Recht laß ich mir nicht nehmen.

GRETCHEN. I bewahre, wer wird das tun – du bleibst Herr im Hause, dafür kann ich aber auch tun, was ich will.

HANS. Einverstanden! Denn das Widersprechen nützt ohnehin nichts – und wer könnte denn so einem hübschen Weiberl was abschlagen. – Juhe! Jetzt bin ich auf einmal ein glücklicher Kerl! Ein solches Weib und Stallmeister auch noch dazu! Gretchen, wir wollen mitsamm' leben wie die Kinder. Herumspringend. Juhe! Jetzt setze ich den Heiratskontrakt auf, und heute muß noch Hochzeit sein. Leb wohl, Gretchen, in einer halben Stunde sind wir Braut und Bräutigam. Will fort, kömmt zurück und hält die Hände zusammen.[85] Aber ich bitte dich, liebes Gretchen, laß mich nur wenigstens im Anfang der Herr im Hause sein. Ab.

GRETCHEN. Solange du willst. – Mein Gott, den Wunsch haben die Männer alle. Was liegt denn daran, so laßt man ihnen die Freud. Kindisch, wir Weiber wissen ja deswegen doch, wie wir daran sind.


Ariette.


D' Männer glaub'n, sie sind die Herren,

Wer wird ihnen das verwehren,

Laßt man s' zanken, laßt man s' brummen

Und als wie die Wespen summen,

Gehn sie finster aus dem Haus,

Zuckt man d' Achseln und lacht s' aus.


Sind die Herrn auch noch so böse,

Machen Lärmen und Getöse,

Braucht's oft nur ein freundliches Blickerl,

Nur ein Busserl, nur ein Zwickerl,

Gleich ist d' ganze Herrschaft gar.

Geltens, was ich sag, ist wahr?


Ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 82-86.
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