Erstes Kapitel.

Von den Wunderkuren in heil. göttlicher Schrift.

Wie man sich selbst und seine Schwachheiten erkennen und dieselbe mit, bei und von sich habenden Mitteln, als der Mumien, des Geblüts, Fell und Haut, Zähnen, Nabel, Hirnschalen etc. kuriren und seine Gesundheit zu erhalten, oder die verlorne wieder zu bringen lernen solle.

[3] Wir haben uns über die Kuren der Propheten zu verwundern, welche öfters äußerliche Dinge gebraucht, als die siebenmalige Abwaschung im Jordan zur Reinigung vom Aussatz. 2. Reg. 5, V. 10. Die Verbesserung des Wassers zu Jericho mit Einwerfung Salzes, 2. Reg. 2, V. 19. Wie wunderbar heilet der junge Tobias seinen alten starrblinden Vater mit einer Fischgalle, daß er alsbald sehend wurde. Tob. 2, V. 13. 14. Also sagt der Engel Raphael zu dem jungen Tobia: Haue den Fisch voneinander, die Leber und Galle behalte dir, denn sie sind sehr gut zur Arznei,[3] und zwar die Galle ist sehr gut die Augen damit zu salben, den Star damit zu vertreiben, wie auch dieses der alte Tobias an sich wahr befunden. Ob dieser Fisch eine Quappe gewesen sey, wie etliche wollen, kann man nicht verfechten. Galenus schreibt, daß die Galle des Fisches Callinomii die Kraft habe, die Felle aus den Augen zu vertreiben, die Zaubergeschoße wieder auszutreiben. Wir lesen vom Rauch einer auf Kohlen geworfenen Leber bei dem Tobia. Deßgleichen auch das Mittel des Salomons oder des Eleazari bei dem Josepho im 2. Kap. des 8. Buchs. Als der Prophet Elias in einem feurigen Wagen gen Himmel aufgenommen wurde, da hat er seinen Mantel aus der Höhe herab auf seinen Jünger Elisäum fallen lassen, daß der Geist Eliä auf Elisa ruhet. 2. Reg. 2.

Mit höchster Demuth lasset uns des Herrn Christi aus lauter Simplicien, einfachen und geringen Mitteln bestehende Kuren wundern. Dieser himmlische wunderbare Oculist nimmt bei Joh. Kap. 9, V. 2 seq. mit einem blindgebornen Menschen eine wunderbare Kur vor: Er sprützet auf die Erde und macht einen Koth aus dem Speichel und schmiert den Koth auf des Blinden Auge und spricht zu ihm: Gehe hin zu dem Teich Siloha und wasche dich. Dictum Factum. Er ging hin, wusch sich und wurde sehend. Wunderlich, daß Christus Koth und Erde zu den Augen brauchte, da sonst, wenn man Koth und Sand in die Augen thut, dieselben erst geblendet werden. Wenn man auf[4] der Reise Sand in die Augen bekommt, tunkt man die offen bewegenden Augen in eine Schüssel voll reinen Wassers, so werden die Augen wieder klar.

Markus Kap. 8, V. 23 et seq. legt der Herr Christus einem Tauben, der stumm war, die Finger in die Ohren sprützet, rühret seine Zunge an, sah gen Himmel und sprach; Hephata, thue dich auf, und alsbald redete er. Wie auch die feurigen Zungen, so auf den heil. Pfingsttag auf die Apostel von oben herab kommen, da theilten sich ihre Zungen in viele Sprachen. Actor. 2, V. 3. 4.

Der Herr Christus und seine Apostel haben nicht mit natürlichen Arzneien, noch natürlich, sondern übernatürlich durch das Wort des Glaubens und des Gebets und durch die Kraft Gottes die Glaubigen und Auserwählten gesund gemacht; nichtsdestoweniger müssen auch alle natürlichen Arzneien gebraucht und gesegnet werden durch das Wort und das Gebet, sollen sie anders seliglich und nützlich seyn. Kurz wiederholend, so werden in der heil. Schrift diese fürnehmsten Hauptkrankheiten befunden, als nämlich:


Die Besessenen von den unreinen Geistern. Math. 4, V. 8. 9. 10. 12. 17; Mark. 1, V. 5. 6. 7. 9. 16; Luk. 2, V. 13; Geschicht. 16, V. 19.

Aussatz. Matth. 8; Mark. 1; Luk. 5, V. 17.

Blutgang. Mark. 5; Matth. 9; Luk. 8, V. 13.

Gehörlosigkeit. Mark. 7, V. 9.[5]

Stummheit. Matth. 7, V. 9. 12. 15; Mark. 7; Luk. 2.

Mondsucht. Matth. 17; Mark. 9; Luk. 9.

Gichtbruch. Matth. 4, V. 9; Mark. 2; Luk. 5, V. 18; Geschicht. 9.

Fieber. Matth. 8; Mark. 1; Luk. 4.

Blindheit. Matth. 9, V. 12. 15. 20. 21; Mark. 8, V. 10; Luk. 18; Joh. 9.

Schwindsucht, Dörrsucht. Matth. 12.

Lähme. Matth. 15, V. 21; Luk. 13.

Krüppel. Matth. 15.


Die Form und ganzen Begriff aller Heilungen in heil. Schrift wollen wir in Folgendem vor Augen stellen:


Begriff aller Heilungen.

Teufel austreiben.


Mit Worten, Matth. 8.

Mit Bedrohen, Matth. 17.

Durch Beten und Fasten, Matth. 17, Mark. 9.

Verstumme und fahre aus von ihm, Mark. 1.

Fahre aus du unsauberer Geist von dem Menschen, Mark. 5.

Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir, daß du von ihm ausfahrest und fahrest hinfort nicht in ihn, Mark. 9.


Reinigung des Aussatzes.


Jesus streckte seine Hand aus, rühret ihn an und sprach, ich wills thun, sey gereinigt, Matth.[6] 8, Mark. 1, Luk. 5, gehet hin und zeiget euch den Priestern.


Blutgangs-Stillung.


Sey getrost meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen, Matth. 9, Mark. 5.


Stumme redend, Taube hörend machen.


Leget ihm die Finger in die Ohren, und sprützet und rühret seine Zunge, sah auf gen Himmel, seufzet und sprach zu ihm: Hephata, das ist, thue dich auf.


Fieber vertreiben.


Gebiete dem Fieber, Matth. 8, Mark. 1, Luk. 4.


Gichtbrüchige heilen.


Sey getrost mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben, stehe auf, hebe dein Bett auf und gehe heim, Matth. 3, Mark. 2.


Blinde sehend machen.


Da rühret er ihre Augen an und sprach: Euch geschehe nach eurem Glauben, Matth. 9.

Rühret ihre Augen an, Matth. 20, Mark. 10, Luk. 18.

Spritzet in seine Augen und leget seine Hand auf ihn, Mark. 8.

Spritzet er auf die Erde und macht einen[7] Koth aus dem Speichel und schmiert den Koth auf des Blinden Auge und sprach zu ihm: Gehe hin zu dem Teiche Siloha (das ist verdolmetscht: gesandt) und wasche dich, Joh. 9.


Schwindsucht wenden.


Strecke deine Hand aus, Matth. 12, Mark. 3, Luk. 6.


Auferweckung der Todten.


Er griff sie bei der Hand, Matth. 9, Thalita Kumi, das ist, Mägdlein ich sage dir, stehe auf, Mark. 5, Luk. 8.

Rühret den Sarg an und sprach: Jüngling, ich sage dir, stehe auf, Luk. 7.

Lazare komm heraus, Joh. 11.


Solches waren Wunderwerke des Herrn, dessen Weisheit, Macht und Reichthum sind unerforschlich, unergründlich und unausfindig. Groß sind die Werke des Herrn, wer ihr achtet, der hat eitel Lust daran. Ps. 3, V. 2. Und solche Wunderwerke Gottes soll der Mensch in, nebst, bei und um sich wohl und fleißig erkennen lernen.

Diejenigen, so durch die Natur etwas thun, die thun es langsam und staffelweis, nichts wird in einem Augenblick gethan; durch viele Staffeln wird ein jedes Ding von seinem Anfang zu seiner Vollkommenheit geführt. Die Allmacht aber weiß von keinen Regeln.[8]

Ein jeder Hausvater soll und muß seines Hauses Beschaffenheit wissen, darin er wohnt. Wenn einer in einem Haus 10, 20, 30 und mehr Jahre gewohnt und sollte die Gelegenheit des Hauses nicht verstehen, oder alle Gemächer noch nicht besehen oder erkennt haben, der würde ja vor keinen klugen Wirth gehalten werden. Sollte nun ein Mensch, wie wunderbarlich Bein, Haut, Fleisch, Blut, lebendige Geister zusammengesetzt, als darin die vernünftige Seele ihre Wirkung hat, nicht betrachten?

Der Mensch hat übergroße Geheimnisse und kräftige Arzneien in und bei sich selbst zur Erhaltung seiner Gesundheit. In dem menschlichen Leib ist ein dreifaches Selbstwesen, ein geistiges, ein fleischliches und fettes oder dickes. Wenn deren ein jedes durch seinesgleichen angenehme Verpflegung unterhalten wird, so kann der Mensch natürlicherweise sein Leben hochbringen.

Wenn die Kraft aus Mangel der Geister beginnt ab zunehmen, so muß die Erfrischung oder Erquickung durch eine geistige Nahrung geschehen und durch den in natürlichen Dingen befindlichen Spiritum oder Geist unsern Geist erquicken und stärken.

Der Mensch ist also gebaut, daß alle seine Theile, wenn sie gleich zerstückelt sind, ihren Nutzen haben. Seine Fettigkeit oder Menschenschmalz, seine Hirnschalen, seine Haut, sein Blut etc. haben zu sonderbaren Krankheiten absonderlichen Gebrauch.
[9]

Der Mensch, da Ebenbild, ist Gott selbst angenehm,

Hat vierundzwanzig Stück zur Arznei bequem,

1 2 3

Bein, Mark, die Hirnschal sammt derselben

4

Moos ist gut,

5 6 7 8 9

Das Fleisch und Fett, die Haut, Haar, Harn,

10 11 12

Hirn, Herz und Blut,

13 14 15 16

Die Gall, die Milch, der Koth, der Schweiß

17

und auch der Stein,

18

Das gelbe Schmalz, so in den Ohren pflegt zu seyn,

19 20 21

Die Nägel, Speichel, auch die Nachgeburt ist gut,

22 23 24

Der Helm, der Samen und menstruöses Blut.


Diese 24 Stücke hat mein vormals zu Frankfurt gewesener guter Freund Becherer nach der Ordnung ausgelegt.

Von diesem Diskurs wollen wir einige wenige merkliche Kuren und Lehrstücklein einführen.

Der Mensch ist von Gott und der Natur vor allen Animalien reichlich und mildiglich begnadigt, indem er ein großes Geheimniß und kräftige Arznei zur Gesundheit bei sich in seinem[10] Leib verborgen trägt, nämlich des Menschen Mumien, das Geheimniß des Bluts und alles was in dem Menschen ist, daß wir mit David sagen mögen: Wunderbarlich bin ich gemacht, und das erkennt meine Seele wohl. Ps. 139. Ja Gottes unsichtbares Wesen wird erkannt, indem der Mensch unter allen Geschöpfen das vornehmste Werk ist. Wir verstehen allhier die egyptischen Mumien nicht, so man in den Apotheken hat, sondern von dem Menschen selbst.

Was in dem Menschen vortreffliche unaussprechliche Wunder und wunderliche Wirkungen sowohl in den Arzneien als andern stecken, ist fast nicht wohl gläublich, maßen keine Krankheit ist, der Mensch hat seine vollkommene Arznei bei sich selbst, ja auch sei nen Gift. In den geringsten und verachtetsten Dingen stecken die größten Künste. Es ist nur der bloßen Nachlässigkeit beizumessen, daß der Mensch sich nicht selbst erkennt, noch sich selbst zu erkennen Müh und Fleiß anwenden will. Denn wer seine eigene Beschaffenheit seines ganzen Leibes aller Glieder vom Haupt bis zu den Füßen weiß und kennt, kann durch seine erlangte Erkenntniß und vermittelst des Arztes vielen Krankheiten vorbeugen und seine Gesundheit erhalten. Es bleibt aber dabei, daß alles, das wir wissen, das wenigste sey von dem, das wir nicht wissen. Gott hat in des Menschen Leib ein sonderbares Medicinale eingepflanzt, welches ein unaussprechlicher magischer Beweis ist und von Theophrasto Mumien oder der Balsam der Menschen genannt[11] wird. Vermöge der allergelehrtesten alten und neuen Scribenten Erfahrung und Zeugniß, ist und heißt der rechten Mumien Kraft, Wirkung und Gebrauch gar nahe ein Diacatholicon, das ist, eine solche nützliche Arznei, die zu gar vielen, ja fast zu allen Gebrechen dienlich und behilflich ist, beides innerlich und äußerlich zu gebrauchen vom Haupt bis zu den Füßen hinaus.

Theophrastus sagt, daß durch die geistige Mumie von einem lebendigen Leib gezogen, aus welchem Glied man wolle und ohne Verletzung desselben Glieds unheilbare Krankheiten geheilt, ja auch die größten Feinde dadurch miteinander versöhnt, Liebe zwischen Mann und Weib gestiftet und viele andere Wunderwerke mehr ausgerichtet werden könnten, und zwar auf solche Weise und Kraft, wie der Magnet das Eisen an sich zieht.

Gleich wie die vier Elemente in ihrer Wirkung ungleich sind; also sind auch die Zerstörungen oder Tödtungen derselben sehr ungleich, dieweil das Zerstörte des Zerstörenden Art und Eigenschaften an sich nimmt. Weil man das Leben aus der Lust schöpft, so ist auch in denen Körpern, so in der Luft zerstört, zu Erhaltung menschlichen Lebens und Gesundheit die beste Kraft, maßen Jakob Lupus bewähret und die lüftigen oder strangulirten Mumien wider allen eingehenden Gift, ja wider alle menschlichen Gebresten gar hoch als ein gewisses Medikament rühmt.


In den strangulirten Körpern ist eine große Kraft.

[12] Einmal ist unläugbar, daß solcher bei gesundem frischen Leib ohne alle Krankheit in der Luft erstickte strangulirte Körper wegen Beibehaltung des Lebensbalsams oder Geistes eine große wunderbare Kraft bei sich habe, also, daß ein jedes Glied seines gleichen Glied merkliche Hilfe leisten kann, gestalt dem Menschen nichts ähnlicher ist als die Mumie und zugleich nichts vorträglicher zur Gesundheit als dieselbe, und vor eine Panacea zu halten, als darin ist das sympathische Verlangen, sich mit seinesgleichen zu vereinigen.

Gleichwie man nun einen todten Leib balsamiren kann, daß er vor dem Gestank, Gewürmen und Fäulung erhalten würde, also und vielmehr kann man einen lebendigen wohl verwahren und balsamiren. Wenn Gott dem Menschen eine Krankheit zuschickt, so helfen nicht allzeit die subtilen ausländischen Arzneien, die aus natürlichen himmlischen Firmamenten oder Planeten kommen oder aus andern natürlichen Coruptionen der Erde, oder durch des Menschen eigene Versäumniß, wie groß und mannigfaltig selbige auch seyn mögen, sind zu kuriren mit natürlichen Arzneien, welche ihre von Gott eingepflanzten natürlichen Kräfte und Vermögen in sich haben und aus der Erfahrung und nicht aus der Geschicklichkeit und Kunst herfließen.


Zwischen den Todten und Lebendigen scheint eine Sympathie zu seyn.

[13] Es wird davor gehalten, daß unter den Lebendigen und Todten eine Sympathie sey, dieweil, wenn einem todten Leichnam aus Fahrlässigkeit ein Tuch über den Mund gelassen und also begraben wird, der Todte im Grabe schmatzt, worüber die ganze Freundschaft vergeht.

Unter andern Wunderwerken, so mit dem Blut vorgehen, ist dieses der allerfürnehmsten eins, daß das Geblüt eines Entleibten, sobald sein Todtschläger zu ihm naht oder irgend an einem Ort des Leibs berührt, ohne alles Aufhalten durch die Wunden herausdringt, wie man von dem Baarrecht viele Exempel lesen kann. Wiewohl hieraus keine allgemeine Folge zu machen und deßwegen, wenn keine andere Zeugnisse da sind, auf das bloße Blutfließen nicht zu gehen, weil etwa ein todter Körper, in Gegenwart seiner nächsten und liebsten Freunde, wegen sonderbarer Zuneigung zu denselben Blut von sich gegeben.


Wie der flüchtige Todtschläger sich einfinden muß.

Auf die vorhergehende Antipathie kann gezogen werden, was Baptist Porta erzählt, daß man das Blut des Ermordeten an dem Ort des geschehenen Todtschlags bei eichenem Holz soll kochen lassen, so werde der Mörder wegen an[14] sich habender gleichförmiger Geister so unruhig werden, daß er sich selbst angeben muß. Ferner sagt er, daß wenn eine Zauberin einem ein Pferd umgebracht, man dessen Herz mit einem Nagel durchschlagen oder an einem Spieß braten oder auf dem Rost rösten sollte, so würde alsdann der Lebensgeist dieser Hexen und folglich sie selbst unbeschreibliche Feuerschmerzen leiden und sich selbst verrathen müssen. Welches auch geschieht, wenn einem die Milch bezaubert worden und man ein glühendes Eisen durch dieselbe zieht.


Eine brennende Lampe aus Menschenblut zu machen.

Wer sollte meinen, spricht Francisci, daß man aus Menschenblut eine brennende Lampe bereiten könnte, welche, solang der Mensch lebt, hell oder dunkel brennt, nachdem der Mensch sich wohl oder übel, gesund oder krank befindet, dennoch hat man darin die Gewißheit. Diese Art eine Lampe aus Menschenblut zu bereiten, hat Wagenseil beschrieben. Burggravius schreibt in einem besondern Buch, wie man eine Lampe von Menschenblut, das distillirt und von dem Schleim oder Phlegmate gereinigt sey, machen könne. Solches soll alsdann gleich dem Oel brennen und muß der Docht darin von Asbesto oder des unverbrennlichen Steins Zäserlein gemacht werden.

Dieser Autor erzählt eine Geschichte von einem[15] Studenten zu Straßburg, daß er von seinem Geblüt, welches er zur Frühlings- und Herbstzeit von sich gelassen, eine solche Lampe bereitet gehabt, und als er in ein hitziges Fieber gefallen, habe das Licht in der Lampe sich mit solcher Hitze vermehrt und gemindert, endlich sey auch die Lampe in dem Augenblick, in welchem er den Geist aufgegeben, ausgelöscht.

Die wunderbare Tugend des Menschenbluts ist diese: Wenn man eines jungen, gesunden, etlich u. 30jährigen Menschen Blut im Alembic distillirt, so bringts eine jede schwache Complexion wieder zurecht, ist gut zu allen Gebrechen des Hirns, des Gedächtniß und der Geister, treibt alles Gift vom Herzen, heilet allerlei Krankheiten der Lunge, reinigt das Geblüt über alle andere Arzneien und ist gut zu allen Bauchflüssen und Lendenweh, mehrt das Geblüt und den Samen etc.

Aus diesem Geblüt ein Elixir vitae gemacht, ist gleichfalls zu allen obgemeldten Schwachheiten gut, und ob einer gleich schon sterben wollte und nichts reden kann, so gib ihm dieses mit gutem Wein eingemacht ein wenig ein, so wird er wieder zu sich selbst kommen und so viel reden, daß er noch seine Disposition kann aufsetzen lassen, wie solches öfters probirt. Nimmt ein alter Mann alle Tage von diesem ein wenig ein, so macht es ihn wieder jung, erfreut ihm das Herz und gibt Stärke. Distillirt man dieses Blut 2 oder 3mal, so wird es in seiner Wirkung kräftiger und kann der Mensch im Gebrauch[16] dessen stets ohne Krankheit bis zum Tode leben. Oder mische dieses frische Blut unter Branntwein, distillire es im Alembic, so wird es zu obgemeldten Sachen viel vollkommener. Im Jahr 1611 ist zu Franeker ein Buch gedruckt worden von der Lampe des Lebens, darin wird man aus dem Paracelso eine rechte magnetische Kur vieler Krankheiten finden, nämlich der Wassersucht, des Zipperleins, der Gelbsucht und dergleichen, daß man nämlich das warme Blut eines Kranken in eine Eierschale einfaßt und dasselbe bebrüten läßt, hernach aber dasselbe Blut unter Fleisch vermischt, einem hungrigen Hund oder Schwein zu fressen gibt, so wird die Krankheit alsbald den Patienten verlassen und in den Hund oder das Schwein ziehen und sich versetzen, gleichwie der Aussatz Naamans durch den Fluch des Propheten über den Gehasi gerieth.


Ein Mittel, aus Graf Digby Medicina Experimentali, zu machen, wann ein Kind geboren wird, daß es sein Lebtag, weder die Urschlechten oder Kindsblattern, noch die Rödlein oder andere, aus Verfaulung der Weiber monatlichem Geblüt entstehende Krankheiten bekomme.


Wenn das Kind geboren ist und die Hebamm die Nabelschnur binden und abschneiden will, so soll sie nicht stracks den Faden, damit sie ihn[17] binden will, zuknüpfen, sondern wenn sie am Knüpfen ist, soll sie zuvor sein schön alles dasjenige Blut, so an der Wurzel des Nabels seyn wird, mit ihren Fingern und Daumen hinausbringen und ausdrücken, welches Blut, wenn es darin bleibt, die Grind und allerhand Geschwär, was die Kinder sowohl als auch die erwachsenen Personen bekommen, verursachen. Dieweil es verdorben ist, kann es nicht in die Substanz verwandelt werden, sondern verdirbt vielmehr dadurch das Gute, also, daß es nothwendig durch dergleichen Unfläthigkeit, welche wir täglich sehen und ihren Ursprung, wie oben gesagt, von diesem verfaulten mütterlichen Geblüt nehmen, ausgehen und durchrauchen muß. Nachdem nun die Hebamm gedachtes Blut also ausgeleert und heraus gebracht, soll sie den Faden zuknüpfen und die Nabelschnur abschneiden, so wird hernach das Kind, indem die Wurzel des Nabels auf besagte Weise gereinigt worden, von allen obgemeldten Krankheiten befreit seyn, wenn es gleich unter andern Kindern, so davon angegriffen, auferzogen wurde.


Zu wissen aus dem Blut, ob der Mensch gesund oder krank sey.

An des Menschen Geblüt kann man des Menschen Zustand, ob er gesund oder krank sey, erkennen, wie bekannt. Wir wollen über das gewöhnliche Urtheil beisetzen, wenn man in das aus dem Arm gelassene Blut ein wenig gepulvertes[18] Blei wirst, schwimmt das Blei (ungeachtet es eine schwere Materie ist) oben empor, ist aber das Geblüt frisch, gesund und rein, so ist es das, Gegentheil. Dieses Mittels bedienen sich etliche Wundärzte, um zu erkennen, ob ein Mensch den Aussatz habe oder nicht. Auch soll dieses eine Anzeige des Aussatzes seyn, wenn man über eines Aussätzigen Blut guten Essig gießt, so soll der Essig oder auch Lauge zu sieden anfangen. Hildebrand setzt noch diese Probe hinzu, man soll ein frisches Ei in ein Becken thun, das Blut aus der Ader darüber lassen, hernach das Ei öffnen. Hat es eine Gestalt, als ob es über einem Feuer gesotten, so ist der Mensch aussätzig, behält es aber seine gewöhnliche Gestalt als ein rohes Ei, so ist der Mensch rein.


Die große Hitze oder entzündetes Geblüt bei dem Menschen zu benehmen.

Wann die Hitze nicht zu löschen und man dem Patienten zur Ader lässet, so netzet man ein Tüchlein im Blut, wickelt es zusammen, und legt es in einen kühlen Ort in Keller, oder hängt es in einen tiefen Brunnen, jedoch muß es nicht naß werden. Alsbald vergeht die Hitze. Denn mit dem Geblüte gehen die Effluvia vitalia aus, welche, wenn sie durch das sympathische Pulver corrigirt werden, sich ganz sicherlich mit dem Leib propter homogeneitatem und der natürlichen Verwandtschaft wieder vereinigen, und[19] mit anderm im Leib annoch befindlichen Geblüt. Dieses kann man an einem Hund probiren, wenn man ihm zuvor Gift beigebracht und bald darauf zur Ader lässet, das warme Geblüt mit Antidoto vermengt, so ziehet sich dessen Kraft auch nachgehends mit den corrigirten Effluviis in den Leib und corrigirt die daselbstige Spiritus zugleich. Kann man Eines erhitzten Leib, woraus schädliche Obstructionen herkommen, heilen, wenn man seine verbrannten Excremente in kaltes Wasser oder kalten Ort leget, und solches wiederholet, die verbrannten Effluvia mit kaltem Wasser kühlet, und also der ganze Leib nach und nach ohne Arznei abgekühlet wird; so kann man auch vielmehr dem heißen frisch ausgelassenen Geblüte Hülfe thun. Wenn man der Kuh warme Milch ins Feuer gießt, so wird der Kuh Euter inflammiret oder entzündet, bestreut man aber die ins Feuer laufende Milch mit Salz, so wird sie merklich gekühlet. Kann man doch einem Menschen, der mehr als einen Steinwurf oder Büchsenschuß entfernt, Blattern am Hintergefäße machen, wenn man in sein warmes Excrement ein glühendes Eisen steckt oder warme Asche darauf streuet, welches auch Pfeffer thun solle.


Nutzen des Menstrui in Pestzeiten.

Das Menstruum oder die monatliche Zeit der Frauen ist ein Überfluß des nicht genugsam gekochten Geblüts, wird auch genennet Flos, eine[20] Blume, welche der Frucht vorgehet, hat in der Mutter ihren großen Nutzen zur Erhaltung der Leibsfrüchten; wird auch sonst sowohl innerlich als äußerlich gebraucht, bevorab wird die erste jungfräuliche Blume auf dem Hemd oder einem Leinwand verwahret, in hohem Werth gehalten, und in Essig oder Rosenwasser getunkt auf die Pestdrüsen, Blattern, Apostemen nach Größe des Schadens gelegt, und wiederholt, vor ein treffliches Mittel geschätzt.


Daß einer im Stechen oder Turniren allezeit obsiege.

Nimm ein Stück Tuch von dem Hemd einer Jungfrau, so zum erstenmal die Monatsreinigung bekommen. Wickle das in ein neues Hosenband, so eine reine Jungfrau gemacht, und binde es auf die bloße Haut unter den rechten Arm, so wirst du die Wirkung empfinden.


Feuer oder Brand zu stillen.

Sobald das Feuer aufgehet, wirf ein menstruosisches Jungfrauhemd, oder ein Leilachen, darinnen eine Frau ein Kind bekommen, zusammen gewickelt hinein; soll den Brand alsbald stillen.

Item: Wenn ein Stücklein von der ersten Rosen einer Jungfrau ins Feuer geworfen wird, so wird solches aus einer sonderbaren Eigenschaft gelöschet.


Menschenbeine vor die fallende Sucht.

[21] Einer, der die fallende Sucht hat, stoße Menschenbeine zu Pulver und nehme es ein; die arabischen Aerzte sagen, ein Mannsbild solle von der gefeilten Hirnschale eines geköpften Manns, ein Weibsbild aber von der Hirnschale eines geköpften Weibs mit rothem Wein einnehmen, um sonderlicher Vergleichung willen vertreibet es die fallende Sucht. Die Dosis ist 1. Kapitelj.


Des Hirnschalen Mooskraft bei Balgereien.

Porta erzählet: Es hätte das Knochenmoos, sonderlich von der Hirnschale, es sey von Erhängten oder Geräderten, wann ein solcher nur gewaltsamen Todes gestorben und seine Knochen in der Luft dürre worden, auch eine wunderliche Kraft, und fände sich ein Exempel, daß einer von Adel sich ein Stücklein von solchem Hirnschalenmoos auf dem Kopf einheilen lassen, welcher hernach, als er zwischen zwei Brüdern, die sich mit einander gebalget, Friede machen wollen, einen so starken Hieb auf den Kopf bekommen, daß er durch den Hut und das Haar bis auf die Haut gedrungen, diese aber davon nicht verletzt worden.


Mit eines Menschen Hirnschale eine alte Wunde oder Geschwär merkwürdig zu heilen.

Mache eines Menschen Hirnschale zu feinem[22] Pulver, bedecke damit die Wunde oder Geschwär, so heilet dieselbe gewiß.


Die Hirnschale kuriret den heftigen rothen Fluß der Weiber.

Nimm von eines Menschen Hirnschale, wohl gereiniget, davon schabe oder feile ein Quentlein, und laß es in einem Glas voll weißen Wein eine Nacht über kalt einweichen und nimm es des Morgens nüchtern ein, allezeit über den zweiten Tag, so wird im zweiten oder drittenmal der Fluß gestillet seyn.


Vom Todtenkopf heilet die rothe Ruhr oder Dysenteriam.

Vor die rothe Ruhr soll dieses ein Geheimniß seyn, daß man den Patienten ein Quintlein von einem Todtenkopf, vornen von der Spitze der Hirnschale, eingibt.


Eines Todten Zahn wider das Zahnweh.

Wenn dn einen Zahn von einem todten Menschen bei dir trägst und damit den Zahn, welcher dir wehe thut, reibest, so vergehet der Schmerzen alsobald. Oder hänge den Zahn an Hals.


Des Menschen Fell befördert die Geburt und vertreibt die Kolik.

Eine große wirkende Kraft ist in des Menschen[23] Haut oder Fell. Von eines Menschen Fell einen Riemen gemacht, einer gebärenden Frau um den Leib gebunden, erweitert den Mund der Mutter, erleichtert und befördert die Geburt wunderbar, vertreibt auf solche Weise die Kolik und Seitenstechen, ist ein bewährtes Stück, gestalt mein Schwiegervater D. Balich zwei Menschenfelle mit aus Italien gebracht, davon meine sel. Liebste zwei Gürtel ausgeschnitten und ihrem Nebenchristen öfters mit großer Wirkung in schneller Beförderung der Geburt und Benehmung der Schmerzen gelehnet, und die große Sympathie zwischen einem lebendigen Menschen und einem todten Fell verspüret.


Eine todte Hand vertreibt die Kröpfe und Geschwulst.

Andere Glaubwürdige haben berichtet, wenn man eines todten Körpers Hand an einem Kropf oder andere Geschwulst reibe, sollen selbige, gleichwie der Körper verfaulet, abnehmen und allgemach vergehen, wiewohl im Sommer eher, im Winter langsamer. Wenn man mit einer todten Hand die Geschwulst reibet an einer Hand, so vergehet diese.


Eines Kindes Nabel ist wider die Kolik.

Eines Kindes abgeschnittenen Nabel in einen Ring gefaßt. Wenn einer die Kolik hat, angesteckt; sobald er warm wird, vergeht wegen der Gleichheit durch die Atomos die Kolik.


Eine Rippe vom gehangenen Dieb ist vor die rothe Ruhr.

[24] Vor die Dysenterie oder rothe Ruhr pulverisire eine kleine Rippe von einem erhängten Dieb und gib dem Patienten ein Quintlein in Wein oder Essig ein. Es hilft zur Stund.


Vor die schwere Noth.

Schabe von einem Todtenkopf oder Hirnschale (ist es ein Knabe, so muß es von dem Kopf eines Mannes, so es aber ein Mädchen ist, von dem eines Weibes seyn), solches zu Pulver gerieben und in Meerzwiebel, Essig oder sonst mit Wein eingegeben. Trocknet die böse Feuchtigkeit und ist hiefür eine bewährte Arznei.


Vor die bezauberte Liebe.

Nimm eines todten Menschen Zahn, beräuchere dich damit, so wirst du davon befreit.


Wenn ein Mensch verstopft ist, also, daß er nicht zu Stuhle gehen kann.

So nimm eine Röhre eines verstorbenen Menschen aus einem Arm oder Bein, löse an beiden Enden die vordersten Knochen ab, also, daß die Röhre hohl werde, fülle sie hernach mit desselben Menschen Koth. Wenn du laxiren willst, stopfe beide Ende mit Wachs zu und lege alsdann dieselbe Röhre in ein warmes Wasser, doch daß[25] es nicht zu heiß sey, so bekommt der Mensch, des der Koth gewesen, Sedes. Soll er aufhören, so nimm es wieder heraus oder laß es liegen; wenn das Wasser kalt wird, hört die Operation auch auf.


Vor den Stein.

So man des Menschen Stein in Steinbrechwasser pulverisirt und 1 Drachme einnimmt, treibet den Stein.


Nasenbluten zu stillen.

Das Moos, das auf einem Todtenkopf wächst, in ein seidenes dünnes Tüchlein gebunden, dem Blutenden vor die Nase gehalten, es hilft.


Das Menstruum stillet das Podagra.

Die Schmerzen des Podagra stillt die monatliche Zeit einer Jungfrau, wenn man selbige warm darauf streicht.


Vor das viertägige Fieber.

Wenn man etwas von einem Bein aus des Menschen Arm und von dem obersten am Flügel einer Gans bei sich trägt, soll die Quartanam oder das viertägige Fieber vertreiben.


Vor das Zahnweh.

Hänge dem Patienten eines Menschen Zahn[26] an den Hals, so gibt es bald Linderung. Vielmehr aber, wenn man eine Fabam, oder Bohne dazu thut, darein ein Löchel bohrt, eine Laus darein steckt und in einem seidenen Tüchel an den Hals hängt, soll merklich helfen.


Vor den Wurm der Pferde.

Lege ein menstrualisches Hemd 24 Stunden in frisches Wasser, gib dem Pferd in 24 Stunden nichts anders zu essen oder zu trinken, als solches Wasser.

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 3-27.
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