Neunzehntes Kapitel.

Von der Waffensalbe, derselben Gebrauch und wunderlichen Wirkung durch die Sympathie.

[299] Unser Wissen in natürlichen Sachen ist Flick- und Stückwerk. Viel liegt in seinen Ursachen verborgen, viel ist uns verborgen, vielleicht auch wegen des besorglichen Mißbrauchs. Oefters vermeinen wir, daß es übernatürlich zugeht, was doch seine offenbaren oder verborgenen natürlichen Ursachen hat.

Was von des Achillis magischem Schwert, von des großen Rolands Degen, Durental genannt, von des Hörner-Seyfrieds Degen, von Kaiser Maximilian I. magischem Degen und Trank der Großmüthigkeit, von Kaiser Rudolph II. Rappier und Ring, von des tapfern böhmischen Obersten Ziska Trommel zu halten sey, davon will ich jetzt nicht judiciren, dem verständigen Leser sein freies Urtheil davon überlassend. Ich gebe zwar mit Herrn Linemann hiebei gern zu, daß die Himmels- oder Sternenkraft bei den Metallen viel thut und derselben Kraft stärke oder schwäche, so weit die Natur solches zuläßt. Unterdessen aber ist es sehr aberglaubisch zu hören, wenn gesagt wird, daß die Metalle, wenn sie zu gewisser Aspekten Zeit und deren Constellation mit gewissen Charakteren bezeichnet würden,[299] sonderliche Kraft erlangen sollten, dadurch unheilbare Krankheiten ohne Mühe könnten geheilt werden etc.

Was Andere von den Charakteren und Segensprüchen halten, auch daß der 116. Psalm, wenn er gebetet wird, keine Degenwunde zulassen soll, oder was von dem A-BRA-CA-DA-BRA, Schemhamphorasch, Irioni, Kiriori, Hax, Max, Trax etc. geschrieben wird, solches alles verwerfe ich als abergläubisch. Es schreibt Lutherus, als ein Jude dergleichen Künste dem Herzog Albert zu Sachsen hätte beibringen wollen, hätte er gesagt, er wollte die Probe zuvor an dem Juden nehmen, hätte den Juden mit dem Degen verwundet, allein es hätte weder das Schemhamphorasch, noch das mit angehängten geistlichen Namen auf Pergament geschriebene Ramea ihn wieder heilen können.

Die Cabbalam Theophrasti Paracelsi, durch welche er vermeint mit Zeichen, Figuren, Sigeln, Zahlen, Buchstaben und Worten hochverwunderliche Dinge zuwege zu bringen, erfunden zu haben, lasse ich seine Lehrjünger hoch erheben und mit dem glänzenden Titel Lucis Naturae, des Lichts der Natur, schminken und schmücken. Vor dergleichen habe ich einen Abscheu und Greuel, deren mich in diesem Traktätlein, aus christlicher Geflissenheit, billig ganz entäußert und halte der Naturkräfte und der Kunst Vermögenheit in ihrem hohen Werth. Was aber die Wundsalbe anbelangt, so wird selbige von den Gelehrten mißbräuchlich Hoplochrisma, Unguentum hopliatrias,[300] Stellatum etc., aber recht Unguentum Martiale sea armarium, Sympatheticum, cura Magnetica, eine magnetische Heilung genannt, und wird gemacht von Menschenhirn, Moos vom Haupt eines Erhängten, Menschenblut, Mumienöl, Terpentin etc. oder sonst auf vielerlei Weise. Dessen Gebrauch setzt Hildebrand also: Wenn einer gestochen, gehauen oder geschlagen wird, so nimm diese Salbe und salbe die Wehr oder Waffen, damit einer verwundet worden, auswärts damit, den Schaden darfst du nicht binden. Nimm ein reines Tüchlein, binde den Schaden damit zu und halte ihn rein, hebe die Waffen auf, thue es nicht in den Wind, sondern an einen heimlichen Ort, nicht zu warm, noch zu kalt, so heilt der Schaden von sich selbst. Willst du wissen, wie sich der Patient hält, so schaue die Wehr an; hat sie rothe Flecklein, so hält er sich nicht. Willst du ihm wehe thun, so thue die Wehr in einen Kehricht, willst du ihm wohl machen, so ziehe die Wehr durch ein frisches Feuer, mache sie laulicht und nicht zu heiß. Also heilt einer, wenn er über 20 Meilen Wegs über Land ist, wenn einer nur die Waffen bei sich trägt. Willst du, daß er bald heil werde, so schmiere die Waffen alle Tage zweimal, willst du aber, daß er nicht bald heil werde, so schmiere es selten. Wenn man die Waffen nicht haben kann, so soll man ein Hölzlein (wenn es von Eschenholz, ist es besser), in dem Blut der Wunden benetzen, und das daran getrocknete blutige Hölzlein in die Salbe stecken, die Wunde aber[301] alle Tage aufs Neue verbinden, welche vorhin mit des Verwundeten Urin befeuchtet worden, so werde die Wunde, sie möge so groß seyn als sie will, ohne Pflaster und ohne Schmerzen heilen und wenn auch der Patient schon 20 oder mehr Meilen hinweg wäre. Wenn einem die Zähne wehe thun, so stichle er mit einem Hölzlein die Zähne und stecke das blutige Hölzlein in die Salbe und laß es darin stecken.

Hier möchte wohl einer sagen, daß die Wahrheit in einem verborgenen Grund versteckt sey, welche durch fleißiges Nachsinnen muß erläutert und an das Tageslicht gebracht werden. Es hat zwar Rudolph Goclenius diese magnetische Kur in einem Traktätlein verfechten und vertheidigen wollen, weil er aber abergläubische Hermetico-Paracelsische Gründe eingeführt, den Buchstaben, Charakteren und Signaturen des Raguels, Thetels, Chaëls und Hermetis eine gleiche Kraft zugeschrieben, die Wunden zu heilen, so haben viele vornehme Theologen, Medici und Philosophen dieser Waffensalbe und deren Wirkung widersprochen und sie als abergläubisch verworfen, aus diesen Ursachen, welche wir aber aus bewährten Scribenten beantworten wollen. Sie sagen:

1) Daß die Salbe nicht auf einerlei, sondern vielerlei Weise verfertigt würde, da bald zu viele, bald zu wenige Ingredientien dazu kämen. Paracelsus, so vor den Erfinder und Stifter, aber vielmehr als ein Vermehrer dieser Kur gehalten wird und solche dem Kaiser Maximilian verehrt[302] haben soll, hat folgende Zubereitung ersonnen: R. Moos aus eines Menschen Hirnschale 2 Unzen, dessen Mumien eine halbe Unze, Leinöl 2 Quintl, Rosenöl, armenisch bolus ana 1 Unze, untereinander gemischt und eine Salbe daraus gemacht, diese hält Joh. Baptist Porta für gut, und thut nur noch eine Unze Terpentin dazu. Eben dergleichen Beschreibung hat Rudolph Goclenius und Robert Flud, eine andere aber Oswald Gabelkhöver: R. Wildschwein- und Bärenschmalz ana 1 Pfund. Dieses soll man zerlassen und mit rothem Wein auswaschen, dann dazu nehmen gepulverten Blutstein 1 Unze, rothen Sandel 6 Quintl, zubereitete Regenwürmer 2 Quintl, des Mooses von einer Hirnschale, so viel man dessen haben kann, alles gemischt und eine Salbe daraus gemacht. Fast auf eben solchen Schlag hat Jakob Colerus eine beschrieben: R. Das Fett von einem heimschen Eber, Bärenschmalz ana ein halb Pfund, Regenwürmer 1 Viert., Blutstein 2 Unzen, rothen Sandel und Wurzel von Wallkraut ana 3 Unzen, mit Wein durcheinander gemengt und eine Salbe daraus gemacht. Mit diesem kommt des Crollii Beschreibung gar nicht überein: Denn dieser verwirft das Wildschwein-, Eber- und Bärenschmalz und nimmt dagegen das Hirn von einem Wildschwein, das Moos aber befiehlt er auszureißen, wenn der Mond zunimmt, und, wie er sagt, wenn es seyn kann, in dem guten Haus der Veneris, nicht aber Martis oder Saturni ist. Joh. Wittich aber hält es mit dieser keinem und[303] scheint, als wollte er gleichsam aus der Sibyllen Weissagung etwas vorbringen, vernichtet demnach das Moos, Mumien, Schmalz und Menschenblut, welche Stücke doch von Andern für den vornehmsten Grund dieser Salbe gerühmt werden.

Vors erste werfen die Anfechter dieser Waffenkur vor, daß die Künstler dieser Salbe so sehr uneins untereinander seyen, daß, was der eine zum Grund legte, der andere als unnütz und vergeblich umstößt. Wer wollte so albern und einfältig seyn, der etwas darauf halten sollte? Sintemalen, sagen sie, die große Mißhelligkeit in Verfertigung dieser Salben ihre Nichtigkeit genugsam zu erkennen gebe. Der berühmte italienische Medikus Servius defendirt in einem ausführlichen Bedenken die Waffensalbe, und beantwortet diesen Einwurf, wenn er sagt: Es wäre dieses ein pur lauteres unnützes Geschwätz und Plauderwerk, sintemal fast nicht eine einzige fürnehme und gute Arznei zu finden, die einerlei Ingredientien hätte und von allen auf einerlei und gewisse Weise zugerichtet würde, wie solches aus der Theriak-Latwerge von Hyacinthen und Mithridat, vieles anderen zu geschweigen, genugsam erscheine. In der Waffensalbe aber stimmen alle (Wittich allein ausgenommen), mit einander fast damit überein, daß sie aus etwas Sympathischen, als entweder Menschenblut oder Moos, Schmalz, Mumien müsse gemacht werden, und müsse dieser ein dummer Mensch seyn, der da verneinen wollte, daß diese Stücke keine Verwandtschaft und heimliche Sympathie mit den[304] Menschen haben sollten. Ferner wären sie auch in diesem einig, daß sie von solchen Stücken gemacht werden müssen, die sich zu der Wunde schicken etc. Er erweist daselbst ferner, wie die Natur der Kunst und diese jener zu Hilfe käme, und beide eine große Wirkung zuwege brächten.

2) Müsse diese Kur übernatürlich zauberisch oder gar teuflisch seyn. Zwei Prediger, als Bartholomäus Anhorn in seiner Magiologia, Pfarrherr zu Bischofzell, und Heinrich Lubbertus, Pastor zu Böhlendorf, haben von der Waffenkur geschrieben und erweisen wollen, daß die Waffenkur wider Gott und alle Vernunft streite und bestünde auf ungereimten abergläubischen Possen, auf unnatürlichen zauberischen und unverantwortlichen Gründen. Dieweil aber vorgedachter Petrus Servius von Spoleto ein eigenes Traktätlein verfertigt, worin er dergleichen Widersprecher recht in die Naturschule führt und ihre vermeinten eingebildeten Gründe trefflich widerlegt, als will ich aus diesem einzigen Autor die Grundmeinungen kurz ausziehen, andere Autoren dabei einführen und meine Gedanken beifügen. Man hat nicht Ursache zu übernatürlichen Zauberursachen zu fliehen, welche öfters nicht über die Natur, sondern über unsern Verstand sind. Der Gott der Natur pflegt nicht über die Natur zu wirken, wenn wir wollen; der böse Geist aber kann nicht übernatürliche Sachen ausrichten, wiewohl er ein trefflicher Naturkundiger ist. Helmont sagt ausdrücklich, daß diese Waffensalbe natürlich seye, dieweil[305] in der Salbe natürliche Sachen begriffen wären. Es könnte dieses magnetische Mittel auf keine Weise verdächtig gemacht werden, weil keine seltsamen Gebräuche dazu kommen, keine Worte, keine Charakteres oder Siegel, keine Ceremonien oder eitle Beobachtungen, keine Einbildung, keine Stunden, kein Aberglauben dazu erfordert würden. Die Intention und der Zweck wäre gut, nämlich den Patienten zu heilen und zwar ohne Schmerzen, und beweist solches mit vielen Exempeln und Experimenten. Sollte man wohl, dieweil wir nicht wissen, durch was für eine Kraft die beiden Himmelsangel oder magnetischen Sterne und Berge den Magnet, und der Magnet das Eisen an sich zieht, oder der Diamant den Magnet das Eisen an sich zu ziehen verhindert, den bösen Geistern solches zumessen? Oder weil die Parafinische Erde in Chersoneso Taurica alle Wunden heilt? Oder das Kraut, die Sonnenwende genannt, an einem einzigen Tag, wenn er nämlich am längsten ist, aufgeht, groß wird, veraltet und verdirbt, sollte dasselbe durch des Teufels Hilfe geschehen? Oder wie der dichte und harte Stein Selenitis mit dem Mond ab- und zunimmt? Durch der himmlischen Lichter Kraft und Wirkung wachsen und nehmen auf, zu und ab die Thiere, Gewächse, Kräuter und Mineralien, maßen die Sonnenwirkung bekannt ist. Alle erfahrnen Medici und Astronomen beschreiben und lehren es, die Chirurgen verstehens, die Patienten empfindens, die Crises der Schwachheiten erklärens, die menstruosen Frauen bestätigens,[306] Jedermann weiß und bekennt es, Krebs, Austern, Muscheln und alle Kreaturen bezeugens, daß bei, mit und in allen lebenden und webenden Dingen der Mond die meiste, näheste und empfindlichste Verwandtschaft habe. Das gewaltige Meer richtet sich wunderbarlicher Weise mit seinem Ab- und Zulaufen nach dem Mond; so er im Aufgang steht, zieht er das ganze Meer zu sich, daß es die niedergängischen Orte und Ufer verläßt, hernach bei den orientalischen Völkern sich häufig und in großer Tiefe erzeigt. Ist er voll und sonderlich am hohen Himmel, so bringt er eine sehr große Gewalt und Ueberfluß des Meers mit sich, die Springfluth genannt, je tiefer er im Schein, desto tiefer und völler auch sich das Meer befindet, welches unter andern auch das Mondkraut, Lunatia, bezeugt. Ist es nicht aus der Erfahrung offenbar, daß die Kinder, so im neuen oder vollen Licht geboren werden, selten lang zu leben pflegen oder sind schwächlicher oder ungesunder Complexion. Oefters die im neuen Licht mit der Epilepsie oder schweren Noth, die im vollen Licht aber mit vielen Flüssen behaftet? Also auch die, so recht im Mittag geboren und die Sonne zuoberst am Himmel, oder in der Geburtsstunde Lunam oder Saturnam zuoberst am Himmel haben, sind gefährlichen Fällen unterworfen. Wenn ein Weib in ipsa Eclipsi gebärt, bleiben beide Mutter und Kind. Daß der Türkis bleich wird, wenn der, so ihn trägt, unkeusch oder unpäßlich ist, oder wenn ihm sonst eine Gefahr obhanden steht,[307] seine Farbe ändert. Oder weil der Lorbeerbaum, Feigenbaum, Weißrebenstock, die Haut eines Meerkalbs und Balg des Thiers Hyäne für den Donner bewahren und die allergrößte Gewalt durch ihre Kraft vertreiben; sollte derentwegen der Teufel mit und dabei seyn? Oder möchte wohl derentwegen, weil wirs weder mit unsern Sinnen noch Gedanken begreifen können, solches ein Aberglaube seyn? Vor gut aber ist insgemein alles dieses zu halten, wo weder das Wesen, darin es steckt, noch das Ding, womit es umgeht, noch die Mittel, noch der vorhabende Zweck beschuldigt wer den können, daß etwas Böses darin sey. Auch probire ich, daß diese Kur keine Zauberei sey, sintemal der Teufel lieber einen Gefallen trägt an allem Unglück des menschlichen Geschlechts, weder daß er einige Hilfe thun sollte zur Wohlfahrt des Menschen, welches ihm auch ohne Verhängniß und gnädige Zulassung des lieben Gottes nicht möglich zu vollbringen ist, sagt obgedachter Basilius Valentinus.

3) Wird diese Kur in Zweifel gezogen, weil sie nicht allzeit hilft, noch alle Wunden heilt. Es werde gleich eine Wunde mit der Wundsalbe oder sonst einem andern Pflaster geheilt, so ist und bleibt doch die Natur jederzeit der Krankheit Arzt, weil die Heilung der Wunden, wie gesagt, meistentheils in der Zusammenwachsung besteht, welches die Natur allein thun kann. Diesem nach, so könnte man (wenn sich die Sache so verhielte) alle Arzneien als unnütz und vergeblich[308] verwerfen und die Heilung einer Wunde einzig und allein der Natur zuschreiben. In der Waffensalbe sind zusammenziehende, eitermachende, fleischziehende und andere nothwendige Stücke und verrichten alles, was sonst ein jedes Wundpflaster thut, jedoch mit diesem Unterschied, daß jene ohne, dieses mit Schmerzen, jene abwesend, dieses gegenwärtig, jene auf eine wunderbare, dieses auf eine gemeine Weise heilt. Im übrigen, wer weiß nicht, daß auch die allerbesten und köstlichsten Arzneien oftmals fehlschlagen, und es nicht allzeit in des Arztes Händen stehe, daß der Kranke genese. Servius erweist den Handel durch ein Beispiel klärlich: Wenn man den Vitriol an die Nase hält, so stillt er das Blut alsbald, woraus etwa, indem die Kraft des Bluts in das Hirn schlägt, eine Wahnsinnigkeit entstehen könnte. Sollte denn darum der Vitriol ein untüchtiges und unnützes Mittel, das Blut zu stillen, seyn? Keineswegs, sondern es bleibt dabei, daß es sehr kräftig und fürtrefflich ist.

4) Ob und warum die Salbe die Wunde, wenn sie damit verbunden und beschmiert wurde, selbst nicht heilt? Gleichwie der Vitriol, nach Anzeige des vorher gegangenen Diskurses, nur auf das blutige Tuch und nicht auf das verletzte Glied gestreut wird, das Blut stillt und die Wunde heilt, also heilt auch diese Salbe, wenn sie auf den Degen oder Messer gebunden wird, die Wunde.

5) Daß ein Aberglaube bei dieser Salbe sey,[309] daraus zu erkennen, wenn die Wunde gehauen worden, so müsse man den Degen obenwärts nach der Spitze salben, seye sie aber gestochen, so müsse man unten von der Spitze anfangen gegen das Heft oder das Kreuz. Solches laß ich mich ganz und gar nichts hindern, denn hier ist nicht sowohl die Frage, ob diese Heilung natürlich sey, als ob sie natürlich seyn könne? Ich gestehe zwar gern, sagt Servius, daß sich der böse Feind, wie in andern Dingen, also auch hierunter mit einmischen könne, denn er fügt uns gar zu oft unschuldigerweise Leid zu, betrügt uns, wenn wir uns dessen am wenigsten versehen und hintergeht die Einfältigen. Jedoch so ist dieses meine Meinung, daß die Natur solcherlei Wunder aus ihren eigenen Kräften wohl thun könne, weil sie noch größere oder eben dergleichen verrichtet. Denn welche diese Salbe ein Werk der Natur zu seyn verneinen, die beschuldigen die Natur, daß sie solches werkstellig zu machen zu schwach sey, zudem ist es bekannt, daß diese Salbe helfe, auf welche Weise sie auch zu der Wunde gebraucht werde. Welche aber sagen, daß man dabei eine sonderliche Manier und Weise in Acht nehmen müsse, die thun es derentwegen, damit sie der Kunst und folgends der Salbe desto größeres Ansehen machen. Sage mir, woher es komme, so man Hollunderblätter im Frühling obersich bricht und als einen Salat ißt, daß man sich erbrechen, aber untersich gepflückt, untersich purgieren muß, auch bei einem, der doch nichts davon weiß. Deßgleichen [310] Asarum oder Haselwurz purgirt, nachdem sie übersich ausgegraben oder untersich ausgezogen wird. Ist es nicht seltsam, daß der rothe Beifuß, so man das Messer von unten ansetzt und gegen dem Menschen zu abschneidet, die Menses stillt, wird aber der Schnitt von dem Menschen hinabwärts gegen der Erde zugethan, so promovirt er dieselben. Ein geschälter Borsdorferapfel, gegen der Blüthe zu geschabt und gegessen, laxirt, schabt man ihn aber gegen dem Stiel zu und ißt dasselbe, so stopft es. Wenn eine Weibsperson große Klettenwurzblätter auf dem Haupt trägt, so zieht es die Mutter übersich, auf die bloßen Fußsohlen aber gelegt, zieht sie untersich, daher auch dieses Mittel in Mutterbeschwerden, Herausgehen und wenn selbige sonst aus ihrem Ort weicht, vortreffliche Hilfe leistet. Was aber die Verfertigung der Salben in gewissen Zeichen und Zusammenkünften etlicher Planeten betrifft, so halte ich dafür, man nehme solches in Acht oder nicht, so wird es doch eine köstliche Salbe seyn, wenn sie nur so zugerichtet wird, daß sie eine Sympathie und Vereinigung mit der Wunde habe. Wiewohl ich die gewisse Zeit der Planeten keineswegs verwerfe, wie vorhin gesagt ist, und soll man die Materien vermischen, wenn die Sonne in dem Zeichen der Waage am stärksten ist.

6) Wird diese Kur als unglaublich verlacht, verhöhnt und verworfen, daß nämlich ein verbundener Degen eines weit entfernten Beschädigten Wunden heilen sollte? Ja ich gestehe selbst,[311] daß unter vielen wunderlichen Sachen in dieser Welt diese die allerwundersamste und gleich einem natürlichen Wunderwerk zu seyn scheint, daß man mit der Waffensalbe das Eisen recht beschmiert und mit einem leinenen Tüchlein verbindet, an einen reinen und warmen Ort legt, die Wunde alle Morgen mit seinem Urin sauber abwischt, dadurch die Wunde oder das verwundete Glied, so damit gemacht, ohne Schmerzen geheilt wird, wenn auch der Verwundete schon viele Meilen Wegs hinweg sey? Gleichwie der Magnet das Eisen an sich zieht, also zieht die Wunde, durch eine heimliche magnetische Kraft, die Salbe an sich, mit welchem dasjenige Instrument oder Waffe, mit dem die Wunde gemacht worden, angestrichen und bestrichen wird, vereinbart sich also die ausgehende Kraft der Salbe mit der verletzenden Waffe, die anziehende Kraft aber mit der Wunde, welche dadurch geheilt wird. Der Magnet rührt das Eisen nicht an, jedoch theilt er ihm magnetische Kraft mit. Die Ursache solcher wunderlichen Heilung muß von der Gemeinschaft des Geblüts in der Wunde mit dem, das an dem Eisen verblieben, herkommen, welches gleiche Beschaffenheit hat und auf gleiche Weise arzneit wird, wie vorher von dem vitriolischen Pulver überwiesen worden ist. (Die Effluvia oder Geisterlein gehen aus einem jeden Menschen, zertheilen sich und vereinbaren sich doch wieder in dem Menschen und bezeugen mehrentheils natürliche Wirkung, wie vorhin von den Hunden und andern Thieren Exempel eingeführt[312] sind, welches alles von den zarten Körperlein, so anhängig sind und einen subtilen Geruch von sich geben, her rührt.) Daher kann man den Degen verbinden, weil die subtilen Geisterlein des Bluts, in der Substanz der Klinge, so weit sie in den Leib gegangen ist, ihre Wohnung suchen und machen, ohne daß sie etwas vertreiben könne, ausgenommen das Feuer, welches, wenn der Degen am Feuer erhitzt worden, alle Geisterlein des Bluts bedämpfen, den Degen zu dieser Kur untüchtig machen und die Wunde entzünden kann. Diesem zur Probe haltet sie über ein mittelmäßiges Kohlenfeuer, so werdet ihr auf der Seite, dem Feuer zu, eine kleine Feuchtigkeit sehen, so davon ausgeht, welche aussehen wird, als hätte man den Athem wider einen Spiegel oder auf eine polirte Klinge gehen lassen Und wenn ihr es durch ein Vergrößerungsglas von der Seite beschaut, werdet ihr sehen, daß dieser Geisterlein Thau von kleinen Blasen oder aufgeblasenen Windkugeln besteht, und wenn sie einmal ganz und gar ausgedämpft sind, werdet ihr deren keine mehr auf dem Degen finden, wofern er nicht aufs Neue in einen lebendigen Leib gestoßen wurde. Auch werdet ihr sie Anfangs nirgends als eigentlich an dem Ort der Klinge sehen, allda sie in die Munde eingegangen ist. Cicero spricht, daß alles an einem göttlichen und unzertrennlichen Geist aneinander hänge. Nun hat das Mumien-Gemös, Menschenschmalz und Blut, so zur Bereitung dieser Salben gebraucht werden, darin der Same[313] der Wärme und Lebensgeister sind, mit dem Patienten und dessen Blut eine große Sympathie und Vereinigung, so daß die Geister auch in den allerkleinsten Gliedern des Leibs sammt ihrem Wesen und Natur mit denselben, vermittelst einer sonderlichen verborgenen Sympathie oder Uebereinstimmung, aufs allergenaueste sich verbunden. Wie denn eine Sympathie unter dem Geblüt des Menschen und unter dem Geist desselben Menschen ist. Den Geist des Geblüts eines Menschen in einem Glas aufgehalten, zeigt die Gesundheit oder Krankheit dessen, von dem er genommen ist, wenn er auch schon weit entfernt wäre. Ist er krank, so wird er auf verschiedene Weise turbirt und verliert die Klarheit, also auch im Gegenspiel, sagt Rattray. Ein Wunder ist es, daß solches einzig und allein der Uebereinstimmung der Geister beizumessen ist. Wenn man verbisamte Handschuh angehabt, wird der Geruch lange in der Hand verbleiben, wenn auch die Handschuh schon weit hinweg sind. Wenn Jemand Zucker gegessen hat, so wird die Süßigkeit noch lange auf der Zunge kleben. Wenn man einem ein Bein oder Arm abnimmt und solches in der Erde verwest, so empfindet der Kranke überaus großen Schmerzen, obgleich solches Glied nicht mehr an seinem Leib steht; ja so oft man es anrührt, empfindet es der Kranke. Wenn man solches Glied balsamirt, so wird es ihm wohlbekommen. Also heilen die Scorpionen, die Biene und die Wespen ihre Stiche, wegen der Vergleichung, so die Theile[314] mit ihrem Leibe haben. Ich darf mich, sagt Servius, weiter nicht groß darum bekümmern, was die wirkende Kraft dieser Salbe sey? Und zwar was vermeinen wir, daß der Magnet oder vielmehr der Stern, so den Magnet an sich zieht, für eine wirkende Kraft habe? Der Magnet hat die Eigenschaft, daß er sich nach dem weit entfernten Nordpol kehrt. Sage mir ein Vernünftiger die rechtmäßige Ursache, woher und warum sich der Magnet so weit hinweg nach dem Nordpol richte? Einige halten dafür, daß unter dem Pole magnetische Berge gefunden würden, welche durch die natürliche Gleichheit zwischen dem Nordstern und Magneten einander an sich zögen. Es ist eine verborgene unbegreifliche aber natürliche Neigung; ingleichen was für eine Kraft haben die Sonne, der Mond und das ganze Firmament zu leuchten und unsern Leibern so mancherlei Eigenschaften anzuhängen? Daß aber nicht alle Wirkungen so sichtbar als zwischen dem Magnet und dem Eisen, zwischen dem Thau und der Sonne, zwischen dem Mond und dem Meer; ist den himmlischen und theils uns verborgenen Kräften beizumessen. Ist also glaublich, daß die beschriebene Waffensalbe eine so genaue Verwandschaft mit dem Gestirn habe, daß sie, wie der Brennspiegel die Sonnenstrahlen, fast himmlische Kräfte anzieht und befördert, auch solche Einbildung des Verwundeten nicht wenig hiezu beitrage. Hieher könnten gezogen werden die ansteckenden Krankheiten, die Augenstrahlen des Basilisken, die Scheelsehenden, von welchen wir[315] die Augen abwenden etc. Und alles was auf unbetastliche Weise zu schaden pflegt, schließend, daß auf dergleichen uns unsichtbare magnetische Art auch die Heilung befördert werden könne. Gleichwie der Adler durch den eingepflanzten und mumiatischen Geist zu dem weit entfernten Aas gelockt und dazu gezogen wird, also begeben sich auch der Geist und der Wille des Bluts, das am Degen hängt oder das man aus der Wunde mit dem Hölzlein genommen und in die Salbe gesteckt hat, zu ihrem Aas, das ist zu dem übrigen Geblüte, welches noch des Lebens des inwendigen Menschens genießt. (Die Blumen oder Kräuter geben durch die Blüthe ihre Effluvia oder Corpuscula von sich, welches man sieht an den Bienen, welche der Blumen und Blüthe Geruch von ferne riechen und sie zu suchen wissen.) Ein jeder Wein, wenn der Weinstock, davon er gekommen ist, blüht, hat mit diesem eine verborgene Beschaffenheit, kehrt sich vom untersten zum obersten, wird und bleibt trübe, so lange die Blüthe am Weinstock ist, da doch dieser so weit und viele Meilen von ihm entlegen ist. Nun sage mir Jemand die Ursache solcher Gleichförmigkeit und Einstimmung des Weins mit dem Stock? Es muß durch eine in die Ferne wirkende Handlung zugehen, indem der weit entführte Wein im Keller unter der Erde bewegt, trüb und aufsteigend wird, der doch oft etliche Meilen Wegs keinen Weinstock um sich hat. Der Sonne, dem Mond und den Sternen kann man solche Kraft mit nichten zuschreiben, sondern es[316] muß ein gewisser, gemeiner, bewegender Geist den abwesenden Wein und entlegene Rebstöcke regieren, und zwischen beiden soviel verursachen, daß sie sich gleichsam miteinander besprechen und einerlei miteinander leiden. Diese wenigen Geisterlein, kleine Körperchen (Atomi oder Effluvia), welche aus ihren Blumen entspringen, erfüllen die Luft allenthalben, werden von dem Wein in die Fässer gezogen, und diese ankommenden neuen durch die Luft fliegenden Geisterlein erwecken des Weins fixeste Geisterlein, und verursachen wegen der Verwandtschaft ein Aufstoßen, als wenn man darein neuen Wein oder Most göße. Nicht anders wird das aus dem Malz gebraute Bier eben zu der Zeit, wenn die Gerste blüht, trüb, daß also das an andern Orten gebraute Bier mit der abwesenden blühenden Gerste etwas gemeines haben muß. Noch ein anderer Beweis der magnetischen Wirkung eines Dinges in ein anders entferntes zu bekräftigen ist, daß eine schwanger gehende Frau, wenn sie bei Jemand eine Kirsche oder Maulbeer gesehen, darnach gelüstet und sich mit dem Finger an die Stirn oder Brust kratzt, so wird daselbst ungezweifelt die Frucht im Leib an der Stirn oder Brust mit dem Bildniß der Kirsche oder Maulbeer gezeichnet, welche nachmals alle Jahr grünt, weiß, gelb und endlich roth wird, wie sonst an den Bäumen geschieht. Eine solche starke innige Verwandtschaft und gewisse Gleichförmigkeit hat die auf einem hölzernen und fleischernen Stamm herfürgewachsene Kirsche ihrem Wesen nach durch[317] die augenblickliche Einbildung, wodurch erhellt, daß die in den Gedanken formirten Bilder in die Ferne streichen. Ein anderes Exempel ist zu merken an den dürren Zwiebeln, welche auf dem Boden zu schossen (zu grünen) anfangen, wenn die in dem Garten gesäeten aus der Erde aufzugehen und die Luft mit ihren Geisterlein zu beräuchern anfangen. Man betrachte die wunderbare Ursache der großen Kraft des sympathischen Pulvers, vermittelst dessen man eines andern abwesenden Wunden, wenn man nur sein Blut auf einem Tüchlein hat, kuriren kann, aus Ursachen, weil die Luft die Atomen des Vitriols und des Bluts mit sich nehmen und selbige in eine große Weite in der Luft ausbreiten kann, welches die Wunde an sich zieht, die Schmerzen alsbald verringert und folgends durch die Geister des Vitriols, welche balsamirt sind, geheilt wird. Dergleichen Gattung ist auch, wenn man den Degen, womit eine Wunde gestochen, verbindet, wodurch die Geisterlein des Bluts tüchtig sind, die Wunde zu heilen.

Dießfalls fallen überall in der Natur Dinge für, welche wir mit unserm geringen Verstand nicht auslegen können, und geht es in Wahrheit nicht ohne stolze Vermessenheit zu, wenn man die von Gott in die Natur gelegten Gaben, welche unser geringfügiges Verständniß nicht begreifen kann, dem Teufel zueignen will.

Endlich 7) wirft der Gegenpart ein, man solle nur die Wunde mit Wein oder Urin sauber halten. so würde sie ohne die Waffensalbe heilen.[318] Allein ein solcher antworte mir hierauf, wenn man die Waffen verwahrlost und eine kalte Luft oder Feuer daran gehen läßt, warum der Verwundete solches empfindet und tödtlich krank wird, gleichwie vorhin von dem sympathischen Pulver gesagt ist.

Dieses lasse mir eine herrliche Waffensalbe seyn, wenn man das Gewehr in einem Stück geräucherten Speck etliche Tage lang stecken läßt, so heilt die Wunde ohne andere äußerliche Mittel und ohne Schmerzen. Wenn es eine Fleischwunde ist, mag man das Messer, wenn das Blut noch daran ist, in einen Schmeer stoßen, die Wunde säubern und verbinden, so wird sie heilen, es sey an Pferden oder an Thieren. Daher auch die Bauern den Nagel, darin sie getreten, alsbald in den Speck stecken, daß der Fuß nicht geschwürt und der Mensch keinen Schmerzen empfinde, welcher unglaublich groß werden sollte, wenn man den Nagel in das Feuer würfe. Das Flöhkraut, Wallwurz, Sophienkraut, Siegwurz, Brassateilen und andere Kräuter mehr, haben diese sonderbare Eigenschaft an sich, daß wenn man sie, weil sie kalt und frisch sind, gleich in ein Wasser tunkt, und hernach über einer Wunde oder einem Geschwür etwas erwärmen läßt, und darauf an einem schlammigen Ort oder einer Dachtraufe vergräbt, so heilt der Schaden, sobald sie anfangen zu faulen, welches etliche Schmiede zu den großen Pferdeschäden mit Flöhkraut zu thun wissen.

Was bedarf diese Salbe viel Zweifels und[319] Beweises, welche durch die Erfahrung bewährt worden. Robert Flud erzählt dieses merkliche Exempel: Es hätte ihm der Ritter Bevis Thewel glaubwürdig berichtet, daß ein Schreiner sich mit einer Säge hart verwundet, hätte zwar einen Barbier gebraucht, aber große Schmerzen empfunden, daß er in die fünfte Nacht nicht schlafen können, deßwegen hätten ihn, den Ritter, seine Freunde höchlich ersucht, weil sie gewußt, daß er mit seiner Waffensalbe viele herrliche Proben gethan, er möchte doch diesem armen Handwerksmann von seinen Schmerzen abhelfen. Welches er gethan und die Säge mit der Salbe geschmiert und mit Leinwand verbunden. Sobald hätten sich die Schmerzen gestillt und der Schreiner anfangen zu schlafen. Als er solches gehört, hätte er zum Versuch ein wenig Leinwand von der Säge gethan und an der Ecke ein wenig der Salben abgeschabt, sobald wäre er berichtet worden, daß der Patient an einer Ecke der Wunde große Schmerzen hätte. Darauf hätte er sofort das Abgeschabte wieder besalbt, das Band darauf gelegt und sobald hätten sich auch die Schmerzen wieder gelegt.

Wir wollen einige klare Exempel beifügen. Wenn man der Kuh warme Milch ins Feuer gießt oder die Milch auf glühende Kohlen lauft, so wird ihr Euter inflammirt und entzündet; sobald man aber Salz auf die ins Feuer gelaufene Milch streut, so wird das Küheuter wieder merklich gekühlt, da es sonst die Erfahrung darthut, daß die Kuh Qual leidet, und wegen[320] der Entzündung gar Blut anstatt der Milch von sich gibt, dieweil die Effluvia vitalia aus dem Leib mit der Milch ausgegangen, und ehe sie wieder zu dem Leib der Kuh zurückkommen, mit dem Feuer verletzt werden, welche hernach als entzündete und verletzte zurückgekehrt und die andern mit erhitzt haben, welche entzündete Körperlein aber mit dem kühlenden Salz und andern Mitteln wieder gekühlt und geheilt werden und also der ganze Leib in natürlichen guten Stand wieder gebracht wird. Wenn ein Mensch erhitzt ist, so gieße man auf seine Excrementa kaltes Wasser, so wird der ganze Leib je nach und nach ohne Arznei wieder gekühlt.

Kann man doch einem Abwesenden Blattern an den Leib machen, wenn man auf seine Excrementa Kohlen oder glühende Asche schüttet, oder aber Pfeffer darauf streut, so wird es ihn brennen. Die Ursache ist, daß solche Corpuscula vitalia entzündet und verletzt werden, welche hernach auch propter homogeneitatem und natürliche Verwandtniß mit denen im Leib sich vereinbaren und sie auch derselben Qualität, Entzündung und Plagen durch die Sympathiam theilhaftig machen.

Wenn ein böses Weib einer Kuh die Milch benommen und man glühendes Eisen durch die habende oder noch bekommende wenige Milch zieht, wird das Weib unbeschreibliche Feuerschmerzen empfinden, wie auch, wenn ein Pferd umgebracht wird und man dessen Herz mit einem Nagel durchschlägt oder an einem Spieß[321] bratet, oder auf dem Rost röstet, so wirds dem Lebensgeist selbiger bösen Person große Plagen verursachen. Wenn man den Koth eines Hundes ins Feuer wirst, wird er erhitzt und lechzend, weil die Dünste von seinem verbrennten Koth nebst den darin vermischten Feuertheilchen von seinem Gedärm an sich gezogen werden, daß er endlich davon sterben muß.

Eine Amme hat auf des Kindes Unflath heiße Asche geschüttet und solchen hernach gar ins Feuer geworfen. Davon das Kind Schmerzen im Leib und eine Entzündung am Gefäße bekommen. Wenn man aber des Kindes Unflath jedesmal wieder in kaltes Wasser thut und solches an einen kalten Ort setzt, wird das Kind wieder gesund.

Helmont beweist, als ein trefflicher Vertheidiger, die Waffensalbe durch magnetische Kraft und Wirkung von einem Saphir herführend, welcher die Pest abtreibt, mit vielen Exempeln und Experimenten. Eine hierin an mir selbst erwiesene Probe will und kann ich erzählen. Als ich im Jahr 1643 aus Preußen durch Pommern und Mecklenburg nach dem damaligen erzbischöflichen Beilager nach Glückstadt reisen wollte, wurde ich zu Rostock von meinem besten Freund unversehens von unten herauf sehr tief in die Brandader des rechten Fußes gestoßen. Als nun der damalige Rektor Rahn solches erfahren, schickte er zwei Doctores aus der medizinischen Fakultät und einen alten Chirurgen zu mir, welche nach Besichtigung des Schadens mich zum[322] seligen Sterbstündlein zu bereiten vermahnten, so mir, als einem jungen Menschen, dessen Herz ganz frisch war, sehr fremd vorkam, befahlen mich dem Wirth, Bernd Pfuln, zur fleißigen Aufwartung und verordneten mir einige Studiosus zu. Der Chirurgus ließ von dem unschuldigen Thäter den Degen holen, verband selbigen, legte ihn unter mein dazu gemachtes Ruhebett, steckte eine lange Wicke in die Wunde und hielt sie sauber, so kann ich mit Wahrheit bezeugen, daß ich die ganze Zeit die geringsten Schmerzen nicht empfunden, habe gegessen und getrunken, wie ein gesunder Mensch, und wurde ich durch Gottes Gnade, vermittelst dieser Waffenkur bald wieder restituirt.

Diesem nach, sage ich, daß der Zweck dieser Waffensalbe gut und zu nichts anders, als zu einem guten Ende angesehen sey, nämlich den Nächsten in seinen großen Schmerzen ohne Wehe, ohne Gefahr, ohne Kosten und bald zu heilen. Und weil der grundgütige Gott dieser sympathischen Salben eine solche natürliche Kraft und mumialische magnetische Art gegeben, thut ein Philosophus wohl, wenn er die Ursachsgründe aus den Wirkungen mit Fleiß erforscht. So er aber ja den eigentlichen Grund nicht erfinden kann, daß er sich begnügen lasse zu wissen, daß es nach dem Lauf der wirkenden Natur, steter Bewegung und der vermögenden Kunst also zu geschehen pflege.

Viele Dinge verhalten sich als ein Geheimniß; viele Dinge aber geschehen nach dem Wege der[323] Natur. Ueber den Geheimnissen ist nicht zu disputiren, sie werden nicht erkannt durch Ursachen, sondern sie werden geglaubt, weil sie geoffenbart sind; jedoch haben sie einige gewisse Eigenschaften der Natur und etwas gleiches in derselben. Immittelst müssen wir sie nach allem Vermögen untersuchen, und wenn sie ohne Tadel sind, so müssen wir die Schwachheit unsers Verstands gefangen nehmen, denn wenn einer vermeinen will, er könne die große von Gott in die Natur gelegte Kraft mit seinem Verstand ermessen, der ist in Wahrheit ein Narr und steckt ganz voller Hoffahrt.

Zum Beschluß will ich noch erzählen, was Fr. Basilius Valentinus von der Waffensalbe gehalten, wenn er also geschrieben: Daß viele Dinge in der Arznei zu erfinden seyen, welche übernatürlich scheinende Wirkung von sich geben, erzeigen und vollbringen, nach magnetischer Form und Art wirkende, durch eine anziehende spirituöse Kraft, so durch die Luft an sich gezogen wird, weil die Luft das Mittel ist zwischen der Arznei und dem Schaden oder Gebrechen, gleichermaßen wie sich der Magnet jederzeit nach seinem Mittagsstern sehnt und wendet, obgleich solcher Stern viele tausend Meilen von ihm, so ist doch die geisterige Wirkung und Liebe so mächtig zwischen diesen beiden, daß sie durch das Mittelband, als die Luft zusammen gezogen wird, einer so großen Ferne und Weite. Weil solche anziehende Kraft aber den Leuten insgemein bekannt, so ist es nur zu einer bloßen Gewohnheit[324] geworden, wird auch allein dafür geachtet. und ferner keine Verborgenheit, wodurch solche wirkende Kraft ihren Ursprung davon hat, in Acht genommen, gleichermaßen können Schäden und Gebrechen kurirt und geheilt werden, obgleich solcher Mensch, der da bresthaft ist und der Arzt eine große Ferne von einander sind, nicht durch Segen, Beschwören und andere unbillige Mittel, so wider Gott und die Natur laufen, sondern durch solche Mittel, darin die anziehende magnetische Kraft steckt, solches zu vollbringen, als wenn ein Verwundeter von dannen zieht und läßt die Waffen, damit er verwundet, oder von seinem Geblüt, so aus der letzten Wunde gelaufen, dem Arzt, und dann von ihm recht und durch gebührliche Mittel damit verfahren wird, wie man eine Wunde zu verbinden pflegt, so wird er ohne allen Zweifel wahrhaftig gesund und ist keine Zauberei, sondern allein wird solche Heilung vollbracht durch die anziehende Kraft der Arzneien, welche durch das Mittel der Luft dem Schaden zugeführt und damit vereinigt wird, die geisteriche Operation zu vollbringen. Diese Reden werden viele schwer bedünken und der Natur unmöglich zu seyn und werden sagen, dieser Bericht laufe wider die Natur, dadurch werden noch erweckt hiernächst viele Leute, so solches disputiren und einen Streit gegeneinander führen, ob es natürlich oder nicht? Oder ob diese Kur eine Zauberei sey, die will ich also entscheiden: Daß diese Kur natürlich sey, aber die Wirkung übernatürlich und geisterig, wenn[325] sie allein durch eine anziehende Kraft und unbegreiflicher Weise zugeht, und daß die Weise zu heilen auch keine Zauberei sey, bezeuge ich hiemit, daß sie mit keiner Zauberei noch irgend einigen Mitteln vermischt sey, so da unnatürlich und wider Gott den Schöpfer und sein heiliges allein seligmachendes Wort laufe, sondern allein natürlich aus ihrer übernatürlichen, unsichtbaren, unbegreiflichen, geisterichen, anziehenden Kraft. welche ihren Ursprung aus dem Syderischen empfängt und ihre Wirkung durch die Elemente vollbringt.

Viele tausenderlei Wirkungen sind in der Natur noch zur Zeit verborgen, werden aber täglich durch sonderliche Gnadengaben, den Menschen zu gut, entdeckt. Viele Dinge haben natürliche Ursachen, die uns unwissend sind, als St. Johannisblüthe dient wider Verwunden; Eberwurz und die Ameiseneier werden zu dem Wasser der Großmüthigkeit gebraucht; ein Hundsbälglein macht die Hunde schweigen; die Galle des Fisches Callionymi macht die alten verdunkelten Augen wieder hell und sehend; die Wolfshaut über einer Trommel macht die Schafshaut über einer andern Trommel zerspringen.

Ertheile mir über dieses alles gründlichen Bericht, wie die Zwiebeln und Knoblauch den Geruch der in einem Keller liegenden Zwiebeln erwecken? Wie die Trauben an den Stöcken beides den Wein im Faß, als das Muttermahl am Gesicht des Menschen rege machend Wie die Todtschäger dem Getödteten etwas mittheilen,[326] wovon das gestandene Blut wieder zertheilt? Wie ein Hund seines abwesenden Herrn Fußstapfen von Ferne nachfolgen könne? Dieses alles wolle mir einer nur deutlicher erklären, so will ich ihn alsdann vor einen großen Naturkundiger halten.

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 299-327.
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