Erste Begebenheit

von einem Knaben bei 10 Jahren, welcher allerlei Arten sowohl von 250 lebendigen Thieren, als auch 26 unterschiedliche unbelebte nicht allein natürliche, sondern auch gemachte ungewöhnliche Sachen, durch verschiedenes Erbrechen aus dem Mund von sich gegeben und endlich wieder genesen.

[347] Es hatte sich die alle Welt erleuchtende Himmelszierde, die Sonne, den 30. November des Jahrs 1694 unserem Gesicht noch nicht völlig entzogen, als ein Knabe von 10 Jahren, Namens Johannes Theodorus, Herrn M. Zachariä Döderlins, evangelischen Pfarrers zu Berolzheim, nächst der Stadt Weißenburg im Nürnbergischen gelegen, vielgeliebter Sohn, sich über Kopf- und Magenweh, wie auch gänzliche Verlierung der[347] Speiselust auch nach delikaten Speisen äußerst zu beklagen begann. Die bekümmerte Mutter, ob sie schon nicht wußte, woher diese Unpäßlichkeit ihrem Sohn zustünde, jedoch ohne Zweifel muthmaßend, es möchte ihm, als er gestrigen Tags auf Erlaubniß seines Vaters mit seinen Brüdern in dem Garten sich durch Kurzweil und Spielen erlustigt, etwas Giftiges ungefähr zugekommen seyn, gab ihm einen Löffel voll von einem giftaustreibenden Branntwein ein, in ungezweifelter Hoffnung, er würde tu Kurzem wiederum zur Gesundheits-Genesung gelangen. Aber es war so weit davon, daß durch Gebrauch dieser Arznei, die Krankheit hätte nachgelassen, sondern daß vielmehr selbige weiter anwuchs und dabei des andern Tags sich noch größere Zufälle, als oftmalige Erbrechungen und Durchbrüche von selbst hervor thaten, mit welchem zugleich sehr viele kleine Würmlein sich dem Gesicht gar kenntlich zeigten.

Diesen Zufällen nun begegnete man zwar mit allerlei sowohl das Herz als den Magen stärkenden kräftigen Arzneien. Aber als auch, diese nichts verfangen wollten, wurde beliebt den 3. December einen von den Befreundeten, einen Bürger zu Weißenburg, der vorhin ein Chirurg war, nachmals aber sich der Arznei anmaßte, zu Rath zu ziehen, welcher, ob er schon ganze sechs Tage nacheinander mit Darreichung allerhand das Erbrechen stillenden Mitteln anhielt, doch nicht verhüten konnte, daß, ohne Erwartung einiger Hilfe und Nutzen derselbigen, sich den[348] neunten Tag gedachten Monats recht tödtliche Ohnmacht und Schwachheiten, wie auch sehr heftiges Herzklopfen auf der linken Seite einfanden, auf welche um 1 Uhr Nachmittags starke Fraißzuckungen erfolgten, die ganze 2 Stunden aufs heftigste anhielten, also, daß die Umstehenden nicht anders als um das Leben des Theodor es geschehen zu seyn gänzlich erachteten.

Nichts destoweniger, als die Kräfte sich wieder ein wenig einzufinden und zu der Wiedererholung neue Hoffnung erschien, wurde noch in eitler Nacht Herr Dr. Wider, berühmter Physicus Ordinarius der Stadt Weißenburg geholt, welcher auch ohne Verzug erschienen, und als er alle Umstände und eigentliche Kennzeichen dieser Zufälle ganz genau erwogen, nicht übel gemuthmaßt, die Würmer hätten allhier meistentheils ihr Spiel, hat er alsbald vornämlich Wurmtödtende und austreibende Arzneien mit sowohl Magen stärkenden als Fraiß widerstehenden untermengt, verschrieben und noch andere gute Mittel, als: Fraißpulver, Bezoar-Tinktur, himmlischen Theriak und dergleichen verordnet. Wie denn auch ein berühmter Medikus zu Rotenburg, als er Botschaft von diesem üblen Zustand erhalten, allerlei Art Arzneien überschickte, und die bekümmerte Mutter die berufensten aus Wein, Branntwein, Quittenwerk, mit gutem scharfen Gewürz und dergleichen Sachen gemachte äußerliche Pflaster und Umschläge, welche sie von ihr selbst erfunden oder ihr von andern Weibern gerühmt worden, aufzulegen nicht unterlassen.[349]

Als nun alle diese einen ganzen Monat hindurch gebrauchten Arzneien nichts gefruchtet, sondern vielmehr von Tag zu Tag heftigere Zufälle, als Herzklopfen, immerwährendes Hauptweh, öfters Erbrechen, Fraiß und noch andere sich einfanden, hat man für gut erachtet, nur eine kurze Zeit mit Arzneien gänzlich einzuhalten, außer daß auf Anrathen eines Weibs eine kleine Aderläß auf dem Arm vorgenommen worden, worauf sich gefügt, daß die Fraiß ausgeblieben und die Kräfte etlichermaßen wiederkommen, doch das Erbrechen immerzu angehalten.

Daher dann vorbenannter Herr Dr. Wider, nachdem er den 5. Januar 1695 abermals zu Rath gezogen worden, Pilulen wider das Erbrechen und die Würmer verschrieben, von welchen, als der Knabe gleich den andern Tag etliche geschluckt, er angefangen einen lebendigen Wurm in seinem Leib zu fühlen, den 7. aber gedachten Monats gleich zu Mittag also von allem seinem Verstand und Empfindlichkeit gekommen ist, daß man ihn schon in den letzten Zügen zu liegen vermeinte. Da er aber bald darauf sich wieder erholt, hat er so jämmerlich geschrieen, geheult und geweint, daß er das ganze Haus damit erfüllt und aus Herzensangst des Betens überdrüßig, sich auf die Bank niedergeworfen, auf welcher er auf allerhand wunderbare Art und Weise seinen Leib krümmend sich herumgewälzt und zu verschiedenen Malen mit trauriger Stimme gerufen: Es wolle ein Wurm[350] durch unaufhörliches Beißen seinen Leib durchfressen und ihn erwürgen, sein Tod werde in Kurzem erfolgen und sey sein Sterbstündlein gar nicht ferne, so man ihm mit einem Hilfsmittel nicht an die Hand gehe. Deßwegen begegnete man ihm mit allerhand Mitteln, absonderlich mit dem frisch ausgepreßten Knoblauchsaft, welchen, als er häufig getrunken, fast nach Verfließung zweier Stunden der Wurm zu nagen und der Knabe zu schreien aufgehört hat; worauf man alsbald wiederum einen Boten nach Weißenburg abgefertigt, dem Medico zu hinterbringen, was sich während der Zeit begeben und zugetragen habe. Welcher auch den 8. Januar Herzstärkungen, als ein Pulver in 6 Doses oder Theile abgetheilt und schmerzstillende Pilulen überschickt; überdieß sind auch die Wurmzeltlein, die Orvietan-Latwerg und äußerliche würmaustreibende Salben häufig zur Hand genommen worden. Aber der verborgene Wurm spottete dieser Arzneien alle über einen Haufen ganz trotzig, als der bald an der rechten, bald an der linken Seite des Bauchs mit einem so heftigen Nagen anbiß, daß der arme Knabe sich immerzu im Bett hin und her warf, und endlich nach unaufhörlichem erbarmnißvollem Schreien und Seufzen aus übergroßen Schmerzen schier in eine wirkliche Raserei gerieth.

Dieses Trauerspiel währte fast eine ganze Stunde, bis nämlich auf häufiges Eintrinken der Kühmilch, welche ein Umstehender von ungefähr gerathen, dieser Wurm davon gleichsam[351] gestillt und eingeschläfert, eine Zeitlang zu wüthen aufgehört hat. Als man aber beobachtete, daß zwar der Wurm durch die Milch besänftigt, aber nicht ausgetrieben würde, befließ man sich auf alle Weise, wie solcher aus dem Leibe durch anhaltenden Gebrauch auch der sonst bewährtesten Mittel möchte hinweg und fortgebracht werden; aus welchen allen der weiße Andorn soviel verrichtet, daß eine einzige Astel durch den Leib weggegangen. Wiewohl der größere Wurm auch sogar in dem untersten Bauch verspürt und durch den Tartarum Emeticum oder sogen. Brechsalz erbärmliches Erbrechen gemacht wurde, auf welches man die Kräfte nicht wenig erschöpft zu seyn sah, fand man für gut, diesen armen Menschen den 17. Januar selbst nach Weißenburg zu schicken, in gänzlicher Hoffnung, es möchten die daselbst gegenwärtigen Medici ein desto gegenwärtigeres und gedeihlicheres Hilfsmittel verschaffen können. unter welchen auch der vor öfters gedachte Dr. Wider nicht ohne sonderbare Ursache das Infusum Mercurii vivi oder Quecksilberwasser, und den Mercurium dulcem oder das ausgesüßte Quecksilber öfters eingegeben hat, wie auch das bittere Decoctum Herbae Hiperici oder das abgesottene Wasser vom Johanneskraut anstatt des ordinären Tranks den Kranken trinken lassen, worauf auch bei drei Tagen alles still und ruhig geblieben. Aber leider, nach deren Verlauf mit was großer Gewalt hat doch der größere Wurm seine Tragödie wieder zu spielen angefangen, indem er bis an das Herzgrüblein[352] herausgekrochen und sich daselbst zum öftern eingehängt, auch nicht eher nachgelassen, bis man ihm einen guten Trunk Milch gegeben. Gab man ihm aber ein bitteres Getränk, worüber sich zu verwundern, so griff er den Leib alsbald an und biß in denselben grausamlich; benahm man ihm alle Speise und Trank, wich er nicht allein, wie man verhoffte, nicht zurück, sondern es erschien nebst sehr schwerem Athem, Erbleichung und Auflaufung des Gesichts auch die Erstickung, ja die gänzliche Auslöschung der Lebensflamme nächstens dabei. Daher wurde man eilends wiederum zu der Milch, als dem noch einzigen Hoffnungsanker zu fliehen, und ein wenig andere, von den vorigen etwas unterschiedene Medikamente einzurathen gezwungen.

Den 25. Januar wurde abermals ein Purgirpulver gegeben, welches unter- und übersich seinen Effekt mit solcher Gewalt verrichtete, daß Jedermann glaubte, es wurde vor dießmal entweder der Knabe oder der Wurm unfehlbar dadurch sterben, welches erstere alle Umstehenden wegen des gänzlichen Verlusts aller Kräfte geschehen, ganz kümmerlich und trauermüthig besorgt.

Als sich aber selbige wieder ein wenig gefunden, sind den 26. und die folgenden Tage noch stärkere Morsellen, Gift-Latwergen, allerhand Tränklein und andere mit höchster Sorgfalt ausgesonnene Arzneien in Menge aber leider wieder alle umsonst eingegeben worden.

Daher den lieben Eltern das beste däuchte,[353] diesen ihren Sohn wieder zu sich nach Hause zu nehmen, welche sowohl mit ihren guten Hausmitteln fleißig angehalten, als auch vieler Aerzte und Marktschreier berufene Arzneien, die sie von ihnen begehrt, in Gebrauch zu ziehen emsigst verfahren. Welcher Aerzte Rath aber keiner vorträglicher war, als der dahin ging, daß man den Stichen und Aufsteigen des verborgen liegenden größeren Ungeziefers durch starke Reibung mit warmen Tüchern immerzu begegnen sollte. Maßen man auf diese Art des Tücherreibens dieses Ungeziefer auf- und abwärts, hinter- und vor sich und wo man hin wollte, in des Kranken Leib hinleiten und verfolgen könnte, ob es gleich bisher auf keine Weise mochte ausgetrieben werden. Daher wenn man selbiges bis an den Schlund herausgekrochen sah, mußte solches nicht mehr mit Milch, wie vorhin, sondern mit einem Trunk Essig, oder wie gedacht mit Anreibung warmer Tücher, die Erstickung zu verhüten, zurückgelockt und wieder hinabgebracht werden.

Und von der Zeit an hat der geplagte Knabe die genossenen Speisen bei sich behalten können, vornämlich aber diejenigen, die seinem Wurm anständig waren; bald aber diejenigen durch den Mund von sich werfend, welche selbigem gleichkam mißfielen, wie man solches sowohl aus der Unterschiedlichkeit der Affekte und Gemüthsbewegungen, als auch aus den ungleichen Schwenkungen des untern Leibes gar kenntlich abnehmen konnte.

Nach solcher Zeit wurde beliebt ein medizinisches[354] Gutachten, von der Fakultät der berühmten Universität Altdorf bei Nürnberg einzuholen, welche davor haltend, es wurde von fernerem Gebrauch der Medikamente wenig Hilfe mehr zu hoffen seyn und wäre nichts destoweniger besser, ein zweifelhaftiges als gar kein Mittel mehr vorzunehmen, zuvorderst dahin einrieth, man müsse den Leib durch einen von geschickter und chirurgischer wohlerfahrnen Hand geschehenden Schnitt öffnen. Nachdem aber dieses äußerste Mittel nicht gefallen wollte, erholte man sich noch anderwärts bei den berühmtesten Medicis guten Raths, als von Nürnberg, Augsburg, Frankfurt a. M., Rotenburg a. d. Tauber, Oettingen und gar aus der Schweiz etc., deren aller schriftliche Consilia, Arzneiverschreibungen und Gutachten, so wir hier vorzeigen wollten, uns ein ganzer Tag oder noch mehr nicht würde genug seyn; deßhalb solche vielmehr auszulassen gedenken, bevorab, weil selbige alle nicht die geringste Hilfe verschafft.

Wie, wenn dieses Uebel noch weit mehr zu – genommen hat, denn dieser arglistige böse Wurm kroch nicht seltsam in einem Tag bei 300 mal in den Hals heraus. Da nebstdem auch die meisten Speisen durch das Erbrechen von sich gingen, wiewohl auf Anrathen eines mir Unwissenden das Decoctum Herbae Cardui benedicti et Basil., das ist das abgesottene Wasser von Cardobenedicten- und Basilienkraut, mit Hinzusetzung der rothen oder Goldmyrrhen in steten Gebrauch gezogen wurde. Ja, welches[355] noch mehr ist, lief unter solcher Zeit der untere Leib des Knaben von denen in sich häufig habenden Ungeziefern, welche man augenscheinlich wahrnehmen konnte, in eine überaus große Dicke auf, unter welchem Geziefer jedoch nicht mehr als ein einziges übersich kroch, die übrigen aber alle niemals in die Höhe begehrten, sondern allezeit in dem untern Leib verblieben.

Wiewohl nun fast alle Hoffnung der Wiedergenesung verschwand, unterließ man doch nicht alles dasjenige vorzunehmen, was zu dieser Sache tauglich schien. Man versuchte das äußerste, wie in verzweifelten und verlornen Fällen zu geschehen pflegt. Der unglückliche Kranke wurde des Tags etlichemal bald aufwärts bald abwärts mit zur Erde geneigtem Gesicht und Haupt gelegt und gewendet, damit er den Dampf von der siedheißen Milch, die man ihm unterstellte, mit offenem Mund in sich ziehen sollte. Man befahl ihm auch bald in ein warmes Milchbad, in ein warmes Wasserbad zu gehen, und sich darin unterzutauchen, bald auf warme Milch zu sitzen.

Ob nun schon dieser sogenannte größte Wurm durch die Milch, als seiner annehmlichsten Speise, mit welcher er sich am besten ernähren und unterhalten ließ, auch so weit gebracht wurde, daß er sich, so oft man ihm warme Milch vorstellte und der Knabe den Dampf von selbiger in sich zog, vor allen und jeden Anwesenden aus dem Mund augenscheinlich und wahrhaftig sehen ließ, konnte man ihn doch nicht, wenn er auch gleich[356] durch Anreizung der Milch bis in den Hals des Knaben gelockt wurde, so daß er seinen Kopf aus dessen Mund zum öftern herausstreckte, nicht zum gänzlichen Herauskriechen vermögen.

Die einzigen Wildengansischen Pilulen trieben zwar eine einzige Astel, aber sonst kein Ungeziefer mehr von ihm, wobei sie noch ein zweitägiges Erbrechen erweckten.

Indessen als dieß vorging, kam den 25. Februar ein stolzer und kühner Markarzt an, welcher mit Verachtung aller gebrauchten Arzneien, von bittern Sachen abzustehen, hingegen mit Süßem und Feißtem fortzusetzen inständig anhielt, dem man auch, weil dann und wann seine Sachen ungefähr anschlugen, allen Glauben beimaß. Denn von dem 4. März an bis zum 26. kamen mit höchster Verwunderung aller derjenigen, die sie mit ihren Augen gesehen haben, aus dem Mund und den Nasenlöchern des Knaben folgende lebendige Ungeziefer hervor: Nemlich 162 Astel oder sog. Mülleresel, groß und klein unter einander vermischt, von welchen er auf einen einzigen Husten oder Reisper auf einmal 10, ja zu Zeiten 20 von sich geworfen; zwei Teredines oder Holzwürmer; ein einziger gar sonderbarer weißer Lumbricus oder langer Wurm, aber mit einem schwarzen Kopf begabt, deßgleichen auch einer den Nabel durchgraben; vier aufs schleunigste laufende ganz ungemeine Würmer, von welchen ein jeder 24 stachelichte Füße hatte; zwei hüpfende Papiliones, Feuer- oder Zweifalter; eben soviel andere schnell lausende[357] rothe und den großen Ameisen ähnliche Würmer; ein einziger ganz weißer Mülleresel; 42 Erucae oder Raupen dunkelbrauner Farbe, von verschiedener Größe; und endlich ein einziger Sacarabaeus oder Käfer in seiner gewöhnlichen Größe.

Wie sehr sich die wehmüthigen Eltern über den Abschied dieser Thiere erfreut, ist leichter mit Gedanken zu erreichen als mit Worten auszusprechen. Wie sie dann dem fromm-milden Gott für solche seine erwiesene Güte höchlichsten Dank erstatteten und nicht anders glaubten, es würde nunmehr ihr Sohn ohne Zweifel mit der Gesundheitsgöttin eine beständige Versöhnungsbedingung machen und eingehen können. Aber was geschieht? Als die zwar etwas getrösteten aber noch in betrübter Erinnerung lebenden Eltern, deren übrigen lieben Kinder an dem Ostertag, als den 26. März, Spielens halber in Anfangs gedachtem Garten spazierten, siehe da, als sie an nichts weniger dachten, finden sie in einem ganz neuen und zierlich gebauten Vogelnest ein weißes mit etlichen rothen Figuren bezeichnetes Ei; sie nehmen solches als ein unverhofftes Osterei in kindlicher Freude heraus und zu sich, eröffnen es, deß Willens, solches in der Stube in guter Eintracht miteinander zu verzehren. Das Eiweiß darin glich einem frischgesottenen Ei durchaus, der Dotter aber war ganz schwarz und schien als mit Schießpulver besprengt. Daher schaffte man ihnen alsbald selbiges wegzuwerfen und zwar unter den Gartenzaun,[358] auch ihre Hände, so sie etwa mit einer giftigen Unreinigkeit dadurch möchten besudelt haben, mit Wasser aufs beste abzuwaschen, worauf alsbald im Beiseyn der Eltern und anderer ohnedieß auf der Gasse stehenden Nachbarn, die sich aus Neugierigkeit und Vorwitz, wie zu geschehen pflegt, gleich dazu fanden und in den Garten gingen, in aller Angesicht ein indianischer Gockelhahn todt darniederfällt und zwei andere Hennen erkrummen; den folgenden Tag aber in den in der Mitte zusammengehenden Kreuzgängen eben dieses Gartens ein schwarzes Pulver, unwissend von was für einer Art, auf dem Boden ausgestreut in Acht genommen wird. Woraus dann großer Argwohn und Muthmaßung einer obhandenen Hexerei und Verzauberung nicht unbillig entsprungen. Man ruft abermals vorgedachten Marktarzt und sucht bei ihm diejenige Hilfe, die man von seinem beigemessenen starken Vertrauen unfehlbar erwartete. Dieser verschaffte sowohl Pflaster und Salben, als verschiedene Pulver aufs reichlichste, von welchen ersten des Knaben unterer Leib ganz hart als eine Rinde, durch diese aber, welche man alle Tage wenigstens 4-, wohl auch 10mal eingab, der Magen aufs äußerste angefüllt wurde, daß man von dem täglichen Räuchern und andern Mitteln nichts melde, mit denen als man Tag und Nacht aufs sorgfältigste fortfuhr und der Leib dadurch als mit einem starken Gürtel zusammengezogen und übersich gedrungen ward, begab es sich, daß von gemeldtem Tage an bis[359] den letzten Mai vier Frösche mittelmäßiger Größe, als welche durch von untenher gebrauchte stinkende Salben verjagt, von obenher aber durch zu dem Mund des Knaben gesetzte süße Sachen dahin angelockt und also hin und her verfolgt worden, durch den Mund des Knaben hervorkamen, bei welchem einen man einen Scarabaeum oder Käfer und einen Vermem Majalem (Maiwurm) und zwei Erucas oder Raupen, bei dem andern aber sehr viel Samen nach ihrer Eröffnung fand, die zwei übrigen aber gar nichts bei und in sich hatten.

Hiebei begab sich etwas ganz wunderbares und sonderliches, so wir zu erzählen nicht unterlassen können: Als nämlich der erste Frosch durch den Mund ausgeworfen war, wurde auf Anrathen etlicher Freunde der Knabe bei dunkler Nacht zu einem Weyer oder Teich, worin sich sehr viele Frösche befanden, geführt, in der Meinung, so etwa mehr Frösche sich in seinem Bauch enthielten, es würden selbige durch eine heimliche unter sich tragende Sympathie, Liebe und Freundschaft von ihresgleichen in dem Wasser sich befindenden vielen Gespanen und deren Geschrei hervor und in den Weyer zu springen anlocken lassen. Es kam aber der Knabe kaum dahin, so geschah es, daß sein Leib sehr hoch auflief und man darin sehr viele kriechende lebendige Thiere verschlossen ersah. Wie dann der sogen. größere Wurm, welcher etliche Wochen hindurch zu beißen aufgehört, sein voriges Trauerspiel auf grausame Art wieder anfing, sich in die[360] Höhe gegen den Mund zu begab, und zwar innerhalb zwei Tagen wohl tausendmal, und worüber man sich am meisten verwundern wird, so hörte man die noch übrig in dem Leib steckenden Frösche nicht allein eben auf solche Art mit genauester Nachahmung wie diejenigen, so in dem Weyer-waren, zu schreien und zu quacken, sondern man sah sie auch auf gleiche Weise herumhüpfen. Daher sich nachmals der arme Mensch an einem solchen Tag, da die Frösche zu schreien pflegen, bevorab, so er einen gehört, niemals mehr getraute seinen Fuß aus dem Hause zu setzen. Denn wenn er solches that, singen alsbald an alle in seinem Leib sich aufhaltenden Thiere unruhig zu werden und hin und wieder zu kriechen, welches niemals ohne großen Schmerzen und verspürten Schaden abging.

Nach Hervorbringung dieser Frösche folgten kurz darauf etliche Kröten und endlich Eidechsen, einundzwanzig an der Zahl, von unterschiedlicher Größe; wobei zu merken, daß 1) Gleichwie die Frösche also auch die Kröten unterschiedlicher Farben und von allen deren Geschlechten oder Specierum gewesen seyen. 2) Daß unter diesen Kröten die größte, so einer Spanne lang, die kleinern mit ihrem giftigen Anhauchen und Zischen alsbald getödtet und nachmals deren Speichel, welchen sie haufenweise von sich gegossen und damit ein ziemlich großes Glas hätte angefüllt werden können, wiederum eingeschlürft habe. 3) Daß allezeit vor dem Erbrechen dieses[361] Ungeziefer ein fiebrischer Frost, Schauer oder Zittern vorher gegangen sey, welchem bald darauf ein sonderbares Kitzeln in dem Mund und endlich das Auswerfen dieser Thiere selbst nach derselben Länge ohne sonderlichen Schmerzen aus dem Mund des Knaben gefolgt. 41 Daß alles dieses durch den Knaben von sich auf die Erde geworfene Geschmeiß, wie alle dieser Art Thiere zu thun pflegen, mit größter Hurtigkeit in der Stube herumgelaufen und gekrochen, und sonst alle anwesenden Leute gescheut, außer unserem einzigen Theodor, der aus lieblicher Sympathie selbige, wohin er wollte, treiben, nach Belieben fangen und in das zu ihrer Aufbehaltung gewidmete Glas bringen und einschließen konnte. 5) Daß alle durchaus, auch die Frösche und Kröten überaus viel Milch eintranken und mit selbiger in gedachtem Glas konnten gespeist und erhalten werden, nach aufgegossenem Roßharn aber bald umgekommen seyen; und daß 6) die allerletzte Eidechse schon todt und mit an einem Ort schon etwas abgeschälter Haut weggebracht worden.

Nunmehr schien alles überstanden und außer Gefahr zu seyn bei denjenigen, die davor hielten, daß weil der größte und grausamste Wurm unter allen sich nicht mehr spüren ließ, selbiger entweder gestorben oder heimlich aus dem Leib davon geschlichen sey. Aber diese gute Hoffnung war bald vergeblich, denn als der gute Theodor den 11. Juni nach zuvor zu Gott eifrigst abgeschicktem Gebet (wie täglich zu geschehen pflegte),[362] sich wiederum in das Bett begab, in welches er sich zwei Tage vorher durchaus nicht legen wollte, aus Furcht, es möchte diese Schlange oder große Wurm heimlich darin verborgen liegen, und sanft schlief, richtet er sich schleunigst auf und schreit, es sey ihm was Bitteres durch den Schlund und Hals hinabgeflossen und daher komme es, daß der untere Leib wiederum auflaufe. Ja ein großes Thier selbst, was es auch vor eins wäre, als es in des Knaben Gedärm kam, bohrte es selbiges grausamlich und zwar in einer Stund wohl 300mal, also, daß die erlittenen Schmerzen nicht abzunehmen, sondern leider anschienen verdoppelt zu werden. Denn nachdem gleichsam das Wurmnest etwas zerstört, wußte dieses Ungeheuer nicht mehr an einem Ort zu bleiben, sondern gleichsam rasend und wüthend als zum Zorn gereizt tobte es bald wider die obern, bald wider die untern Theile dieses jungen Körpers, und auf nur schlechtes Anstoßen mit einem Finger oder auch die geringste Leibesbewegung des Knaben, als dessen überdrüssig, that es wohl mehr als tausend der schärfsten Bisse, daß, so dieser Arme auf solche fast unleidentlichen Schmerzen aufschrie, man ihn beinahe 50 Schritte weit hören konnte.

Ob aber diese schädliche Bestie wiederum eine andere als die vorige, welche schon weggegangen und alle Anwesenden mit ihren Augen gesehen, gewesen sey, oder ob sie, nachdem sie schon einmal ausgeworfen worden und sich vielleicht unter dem Stroh des Bettes bisher verborgen gehalten,[363] entweder von sich selbst wiederum durch des Knaben Mund in dessen Leib gekrochen, oder durch neue Hexerei hineingezaubert worden, weiß man so genau nicht und ist allein Gott bekannt. Indessen ist doch ganz gewiß, daß dieses Unthier den 6. Juni wahrhaftig durch des Knaben Schlund und Mund herausgekrochen und zwar durch gegebenen folgenden Anlaß: Als nämlich die Anverwandten und Bekannten, da sie den Theodor besuchten, unserer Gewohnheit nach etwas von Zuckerwerk mitbrachten, ihr gutherziges und mitleidiges Gemüth dadurch zu bezeugen, begab sich dieses größere Ungeziefer, welches sehr große Luft und Begierde nach süßen Sachen trug, sprungweise nach dem im Bett liegenden Mund des Knaben, und drang sich dahin mit solcher Gewalt, daß er um weitere Gefahr zu vermeiden, den Ort zu ändern gezwungen wurde. Er verfügte sich also in eben diesem Schlafzimmer zu dem Fenster, wo er sich auf ein Kissen auf der Bank bei heller Sommerwitterung niederließ, da geschah es, daß er ein solches Zuckerwerk in der Hand haltend in eine Ohnmacht verfiel, eben dazumal der oft gemeldte größere Wurm, welchen die Umstehenden eine Natter nannten, ohne Zweifel durch die zuckersüße An- und Hervorlockung aus dem Munde des Knaben hervorsprang, welcher, da er weg war, des Knaben Bauch ohne Verzug zusammenfiel und seine Geschwulst verlor.

Diese sich wahrhaftig aus dem Leib wegbegebene und auf die Erde geworfene Natter, obgleich[364] alle Hausgenossen mit emsigem Fleiß und Sorge eine ganze Stunde suchten, konnten sie doch selbige nirgends finden, daher sie nicht wiederum wie das erstemal in des Knaben Maul krieche, fand man vor gut, selbigen gleichsam zu verstecken und in das Haus eines wegen seiner Ehrbarkeit und Redlichkeit wohlbekannten und berufenen Nachbars zu bringen, besonders da man vorhin beobachtet, daß diese Ungeziefer insgesammt, die Frösche, die Kröten, die Eidechsen und andere unter allen Umstehenden nur allein diesen jungen Menschen verfolgten, in welchem Haus er dann durch Gottes Gnade ganze acht Tage von allem Uebel befreit, munter und frisch, sowohl der Leibes- als Gemüths-Gesundheit zur Genüge genossen.

Das Trauerspiel, worin alle genannten Thiere aus dem Mund des Knaben als auf die Schaubühne hervortraten, haben mit Augen gesehen vornämlich Herr Knebel, Beamter und der ehrwürdige Herr Pfarrer zu Trommelsheim und noch viele andere glaubwürdige Personen mehr.

Indessen werden diesem jungen Menschen von einer adelichen Person, die ihn besuchte, allerhand Arzneien geschickt, mit der Versicherung, es seyen lauter natürliche und erlaubte Mittel, welche so beschaffen, daß sie vornämlich denjenigen dienen, welchen was Widerwärtiges von der Beschreiung oder Verhexung ungefähr begegnet. Es waren aber selbige beiläufig 1) Ein Wasser von etlichen Unzen. 2) Ein Pulver zum räuchern. 3) Noch ein anderes Pulver und ein[365] Oel innerlich einzunehmen und 4) ein Anhängstück. Diese so sehr belobten und hochgepriesenen Mittel, wie auch diejenigen, welche vorgedachter Markarzt an Handen gegeben, wurden mit bestem Fleiße gebraucht, durch deren Hilfe, nach Meinung des gemeinen Mannes, vielmehr aber ungefähr und zufälliger Weise soviel gewirkt worden, daß vom 17. bis zum 24. Juni der Knabe aus seinem Munde folgende ungewöhnliche Stücke hervorgegeben hat, als 1) Etliche Schuster-Niedlein, womit sie die Sohlen anzunageln pflegen. 2) Einen halben Ring von einer Kette. 3) Sieben Scherblein von zwei ungleichen irdenen Schüsseln. 4) Etliche Steine, davon zwei ziemlich groß waren. 5) Ein Bändelein von schönen Haaren. 6) Unterschiedliche Stücklein von weißen und rothen Eierschalen. 7) Zwei abgebrochene Messerspitzen, davon die eine in Haar eingewickelt sich zeigte. 8) Ein Scherbe von einem zerbrochenen Apothekerdeckel, worin vorher eine Arznei aufbehalten worden und endlich 9) zwei sehr große Nägel.

Es ist aber dabei zu wissen, daß diese Stücke nicht zugleich und auf einmal, auch nicht so gar leicht, sondern nach und nach, meistentheils mit höchster Müh und Arbeit und großem Gewalt weggebracht worden sind, also daß innerhalb etlicher Stunden je zuweilen kaum ein einziges unter denselben weggegangen, aus welchen die Messerspitze allein soviel Arbeit gemacht, daß daher eine innerliche Verletzung des Halses und eine große Heiserkeit entstanden.[366]

Und hiemit wird ja hoffentlich nichts Böses mehr zu fürchten, sondern durch Gottes Gnade alles große Uebel überstanden, auch die häufigen Herzenswünsche der Wohlwollenden erfüllt seyn, zumal da der geduldige junge Mensch kein lebendiges Thier mehr in seinem Leib verspürte, wodurch auch die hocherfreuten Eltern sich bewogen fanden, ihren Sohn den 16. Juni wieder nach Hause zu nehmen. Jedoch wurde derselbe nicht in sein voriges Kreuz- und Jammerzimmer, sondern in ein anderes Schlafgemach gebracht, in dasjenige nämlich, welches gedachten Herrn Pfarrers Frau Schwieger, die unlängst von Rotenburg an der Tauber nach Berolzheim gekommen war, inne hatte, bei welcher er auch in einem Bett geschlafen, so daß gedachte Ahnfrau in Wahrheit um diesen ihren Enkel höchst sorglich und bekümmert die ganze Nacht durch kein Auge zuschloß noch schlief, bis erst den andern Morgen beinahe um 6 Uhr. Worauf ein wenig hernach sich leider zutrug, daß die sogen. Natter sich mit aller Anverwandten höchsten Bestürzung und undenklicher Traurigkeit, wie leicht zu erachten, in den Leib des Knaben wiederum begeben, welche aber doch nicht gar lang darin verblieben, sondern auf Gebrauch einer Arznei in dreifacher Dosis und eifrigst zu Gott geschicktes flehentliches Gebet, da inzwischen den abgematteten Armen eine kleine Verzuckung und Schlaf überfallen, sich bald wieder heraus gemacht; dabei aber dem Theodor einen so tiefen und starken Biß in den Fuß gegeben, daß man[367] daraus einen Natterbiß ganz offenbar erkennen konnte; er selbst auch, von solchen Schmerzen aufgeweckt, als er zu sich selbst gekommen, ungesäumt aus dem Bett sprang, davon floh und sich in seines Herrn Vaters Studierstube begab. den von Gift aufgelaufenen Fuß Jedermann zeigte und um schleunige Hilfe und Rath inständig bat. Da man ihm nun ohne Verzug in rechtem Gewicht vom besten Theriak eingab und den verwundeten Ort mit Scorpionöl wohl bestrich, verging die Geschwulst, ja es that sich die so lang verlorne Gesundheit so schön wieder hervor, daß die frommen Eltern Gott vor die durch seine Barmherzigkeit endlich geschehene Erhörung ihres eifrigen Gebets schuldigsten Dank zu sagen, am nächsten Sonntag darauf ihrem Sohn sich anzukleiden und mit ihnen in die Kirche zu gehen befahlen.

Aber, ach Gott! ist es vielleicht noch nicht genug, diese deine arme Kreatur mit Plagen zu belegen und beliebt dir etwa noch länger diesen jungen Menschen den Teufels-Folterungen durch deine gerechte Zulassung zu übergeben? Ja es ist so, denn als er von der untern Stube in die obere die Stiege hinausgeht, um seine Kleider zu holen, da verfolgt diesen Unschuldigen abermals die genannte Natter, welche er ersichtlich ward und um eine neue Gefahr zu vermeiden, sich ganz hurtig in die obere Stube hinein verfügt, die Thüre hinter ihm schleunigst zumacht und um eiligste Hilfe ruft. Welcher Ursache wegen er vor Furcht zitternd und bebend diesen[368] ganzen Tag nicht eine Viertelstunde allein gelassen wurde, auch zu Hause bleiben mußte, bis erst Abends seine Eltern ihm mit ihnen auszugehen erlaubten. Da dann, als sie auf guter Freunde gewöhnliche Art von dem gedachten Herrn Beamten besucht, der unglückliche Sohn im Beiseyn jenes diejenige Messerspitze, welche er schon etliche Stunden zuvor herauszubringen mit höchster Mühe sich bearbeitet hatte, endlich ausgebrochen hat. Aber noch nicht genug!

Ob er schon dieselbe Nacht nicht in seines Vaters, sondern in seines Nachbarn, Herrn Caspar Bambruckers Behausung, nach der Gewohnheit mit eifrig zu Gott abgeschicktem Gebet, zugleich mit seiner Frau Großmutter zu Bette ging und ihn durch Gottes Gnade nichts Widriges betraf, sondern sanft und wohl schlief, so fühlte er doch gleich am Morgen ungefähr um 6 Uhr abermals eben diese so vielfältig genannte Natter in seinem Bauch, in welchem sie ihre gewöhnlichen Gewaltthätigkeiten und Anläufe sehr grausam vollbracht und öfters einen lauttönenden Zischer von sich hören ließ.

Weil nun auch diese List der Verschickung in andere Häuser, wie gehört, dieses Unthier abzuhalten, nichts verfangen wollte, wurde er wieder nach seinem Haus gebracht, wo er nach bestmöglichstem Gebrauch sowohl geistlicher als leiblicher Mittel sich folgende Nacht in sein Bett begab, bei welchem die bekümmerte Ahnfrau immerzu stund, in der Meinung, daß wenn dieses Ungeziefer wieder weggienge, sie würde[369] solches mit ihren Augen zu Gesicht bekommen können.

Ob sie nun gleich diesen ihren Enkel mit unverwandten Augen stets ansah und dessen Mund nicht aus dem Gesicht ließ, konnte sie doch dieses ganz ungestüme Ungeheuer im Weggehen nicht erblicken. Als sie aber nur ein wenig weggegangen war und den Knaben ein leiser Schlaf und einige Entzuckungen befallen, hat diese Bestie sich endlich, und zwar das vierte- und letztemal, von dem Knaben weggestohlen, mit Hinterlassung eines so heftigen Bisses in die Hand, daß das Blut herauslief.

Nach solcher Zeit sandten die guten Eltern, auf reife Ueberlegung und eingeholten Rath, dem Wieder kommen dieses größern Ungeziefers bestens vorzukehren, diesen ihren Sohn nach Weißenburg, und nachdem sie selbigen dem göttlichen Schutze und der treuen Vorsorge seiner Frau Großmutter, sowie aller übrigen guten Freunde befohlen, haben sie ihn etliche Wochen daselbst gelassen, überdieß auch mit stetem Gebrauch dienliche Arzneien und allerhand andere benöthigte Hilfs- und Unterhaltungsmittel ihm ohne Abgang an die Hand zu gehen nicht vergessen. Daher kam es auch, daß nach Auswerfung durch den Mund noch etliche kleine Frösche und drei kleine Stücklein von einer kleinen todten Natter, und zwar eben zu solcher Zeit, als ihn, da er auf der Erde lag, des Herrn Apothekers Hofstätters Sohn aufgehoben und nach so vielen und wohl tausend mit Gottes Hilfe überstandenen[370] Uebeln er endlich von allen bisher erzählten Ungeziefern und andern wunderbarlichen Dingen, wie auch von den erst zu Rotenburg im Juli 1695 noch weggegangenen Knölchen von Haaren, absonderlich von dem so dick gemeldten großen Wurm oder Natter, durch Gottes sonderbare hohe und stets zu preisende Güte gänzlich befreit und in die vorige sowohl Gemüths- als Leibesgesundheit mit aller Menschen höchster Verwunderung wieder versetzt worden. Und noch jetzt nicht allein völlig wohlauf ist, sondern auch aus hoher Gnade und Munificenz Ihro Hochfürstl. Durchl. des Herrn Markgrafen zu Ansbach etc. in das Gymnasium zu Heilbronn als Alumnus aufgenommen, ohne bisher geführte Klage einer Unpäßlichkeit den Studirenden unverhindert abwarten thut.

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 347-371.
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