Mai.

[116] d. 2. Nach Erfurt die Strasen zu besichtigen die das Obergleit bessert. Kam Abends zum Stadthalter zurück und wir durchschwazten viel politische philosophische[116] und poetische Dinge. Tanzten auch einmal beym Graf Ley. Gute Tage.

Sonnab. d. 6.ten Mittags wieder zurück. Die Blüten und ersten Blätter sind höchst liebl. es treibt nach der langen rauhen Witterung alles auf einmal.

d. 13 Das grüne ist über die massen schön die Blüten durch den Regen bald vertrieben. War die Zeit manigfaltig beschäfftigt. Brachte des Prinzen und Kn. Sache in Ordnung. War [*Herzog Carl August] sehr verlegen über einen zur Unzeit abgeschickten Boten zu [*Gräfin v. Werthern]. Hatt ich gute Blicke in Geschäfften. Geht das alltägliche ruhig und rein. War das Theater fertig. Kalliste probiert auch Bätely. Ist Kall. ein schlecht stück und Bat schlecht komponirt, es unterhält mich doch. das Theater ist eins von denen wenigen dingen an denen ich noch Kinder und Künstler Freude habe. Händels Messias ward offt probirt gab mir neue ideen von Deklamation. Lies mir von Aulhorn die Tanz Terminologie erklären. War im Jägerhaus und lies alles völlig zu rechte machen den Prinzen auf künftigen Winter zu logiren. Ging Fritsch weg. Verzogen sich einige hypochondrische Gespenster. Es offenbaaren sich mir neue Geheimnisse. Es wird mit mir noch bunt gehn. Ich übe mich und bereite das möglichste. In meinem iezzigen Kreis hab ich wenig, fast gar keine Hinderung ausser mir. In mir noch viele. Die Menschlichen Gebrechen sind rechte Bandwürmer, man reist wohl einmal ein Stück los und[117] der Stock bleibt immer sizzen. Ich will doch herr werden. Niemand als wer sich ganz verläugnet ist werth zu herrschen, und kan herrschen. Bracht ich Lavaters Albrecht Dürers in Ordnung. Ruckte wieder an der Kr. Komm Repositur. Hab ich das doch in anderthalb Jahren nicht können zu stand bringen! es wird doch! Und ich wills so sauber schaffen als wenns die Tauben gelesen hätten. Freilich es ist des Zeugs zu viel von allen Seiten, und der Gehilfen wenige. Brief von Baty. das ist mein fast einziger lieber Sohn an dem ich Wohlgefallen habe, so lang ich lebe solls ihm weder fehlen an nassem noch trocknem. Für Krafft ists schade er sieht die Mängel gut, und weis selbst nicht eine Warze wegzunehmen. Wenn er ein Amt hätte würf er alles mit dem besten Vorsaz durcheinander, daher auch sein Schicksaal ich will ihn auch nicht verlassen, er nüzt mir doch, und ist würckl ein edler Mensch. In der Nähe ists unangenehm so einen Nagewurm zu haben, der, untätig einem immer vorjammert was nicht ist wie es seyn sollte. Bey Gott es ist kein Canzellist der nicht in einer Viertelstunde mehr gescheuts reden kan als ich in einem Vierteljahr Gott weis in zehn iahren thun kann. dafür weis ich auch was sie alle nicht wissen unb thu was sie alle nicht wissen, oder auch wissen. Ich fühle nach und nach ein allgemeines Zutrauen und gebe Gott dass ichs verdienen möge, nicht wies leicht ist, sondern wie ichs wünsch. Was ich trage[118] an mir und andern sieht kein Mensch. Das beste ist die tiefe Stille in der ich gegen die Welt lebe und wachse, und gewinne was sie mir mit Feuer und Schwert nicht nehmen können. | War ein Musikus da der auf dem Contrebass sehr singend spielte |

d. 25 bisher war keine Rast und kam sehr viel zusammen. War in Neuenheiligen. hatte gute Erklärung mit [*Frau v. Stein] über H. L. Trat die Probe der fataln Kalliste mit ein, das ich völlig als Dienst tracktiren musste, um's nur zu thun. Ward Händels Messias der 3 Theil aufgeführt.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 1, S. 116-119.
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